Deportiert auf Lebenszeit. Marcus Andrew Hislop Clarke

Deportiert auf Lebenszeit - Marcus Andrew Hislop Clarke


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Herrschaft brachte – einer Mrs. Crofton, glaube ich – so war der Name. Wir waren froh, überhaupt Jemand für die Reise zu bekommen.«

      »Gut,« sagte Pine. »Hören Sie. Voraus gesetzt, wir sagen diesen Schurken, daß ihre Absicht, wie sie auch gewesen sein mag, uns bekannt ist. Gut. Sie werden völlige Unwissenheit heucheln und ein andres Mal dasselbe wieder versuchen, wovon wir dann vielleicht nichts wissen. Auf alle Fälle wissen wir bis jetzt gar nichts von der Art der Verschwörung und kennen die Anführer nicht. Lassen Sie die Wachen verdoppeln und die Soldaten ruhig antreten. Lassen Sie Fräulein Sara thun was ihr gefällt, und wen n die Meuterei ausbricht, ersticken wir sie in der Knospe! Stecken alle Kerls, die dabei sind, in Eisen und übergeben sie den Behörden in Hobart-Town, sobald wir ankommen. Ich bin nicht grausam, Herr, aber wir haben eine Ladung wilder Thiere an Bord und wir müssen vorsichtig sein.«

      »Aber Mr. Pine, haben Sie auch den Verlust an Menschenleben dabei in Anschlag gebracht? Ich möchte wirklich – in der That, – ein menschlicheres Verfahren. – Vorbeugen, – wissen Sie. – «

      Pine wandte ich mit der grimmigen, kalten Art an ihn, die ihm zur Natur geworden »Haben sie denn die Sicherheit des Schiffes gedacht, Kapitain Vickers? Sie wissen oder haben wenigstens davon gehört, was für unerhörte Dinge bei diesen Meutereien vorfallen. Haben Sie daran gedacht, was das Schicksal der Soldatenfrauen sein wird? Haben Sie an Ihre eigene Frau und an Ihr Kind gedacht.«

      Vickers schauderte.

      »Machen Sie, wie Sie denken, Mr. Pine. Sie verstehen es besser. Aber schonen Sie so viele Leben wie möglich.«

      »Sein Sie ruhig, Sir,« sagte der alte Pine. »Ich thue es zum Besten Aller, – bei meiner Seele! Sie wissen nicht, was für Leute Deportierte sind oder vielmehr, wozu sie das Gesetz gemacht hat, – doch – « .

      »Arme Menschen,« sagte Vickers, der gleich manchen Kriegshelden ein zartfühlendes Herz hatte. »Güte vermöchte viel bei ihnen, immerhin sind sie unsre Mitmenschen.«

      »Ja das sind sie. Aber wenn Sie das Argument brauchen wollen, wenn die Leute das Schiff genommen haben, dann werden Sie nicht weit damit kommen. Lassen Sie mich machen, Herr und um’s Himmelswillen, sagen Sie Niemand etwas. Unser Leben hängt vielleicht an einem Wort.«

      Vickers versprach es und hielt sein Versprechen. – Er speiste mit Blunt und Frere und plauderte fröhlich mit ihnen, schrieb aber einen Zettel an seine Frau, daß, was sie auch immer hören möge, sie nicht aus ihrer Kajüte gehen solle, bis er zu ihr käme. Er wußte, daß sie, trotz ihrer Thorheiten, einem so gefaßten Befehl von ihm nicht ungehorsam sein würde. Nach der Gewohnheit auf den Gefangenenschiffen, wurden die Wachen alle zwei Stunden abgelöst und um sechs Uhr Abends wurde die Hinterdeckwache auf dem Quarterdeck aufgestellt, und die Waffen, welche bei Tage oben auf den Waffenkisten lagen wurden Nachts auf einem Reck aufgestellt, das auf dem Quarterdeck angebracht war. Frere erhielt keine Mittheilung und Vickers selbst befahl, daß sämmtliche Soldaten mit Ausnahme derer, die am Tage auf Wache gewesen waren, antreten sollten und verbot jede Mittheilung nach dem oberen Deck hin. An die Thür der Barracke stellte er als Schildwache seinen eignen alten Diener, einen Soldaten, auf dessen Treue er sich vollkommen verlassen konnte. Dann verdoppelte er die Wachen, nahm selbst die Schlüssel des Gefängnisses von dem Offizier in Verwahrung, der sie sonst aufzubewahren hatte und ließ die Haubitze auf dem unteren Deck mit Kartätschen laden. Um drei Viertel aus sieben faßten er und Pine Posten an dem Weg zur großen Luke und waren Beide entschlossen, bis zum Morgen zu wachen.

      Ein Viertel nach Sieben hätte Jeder, der in Kapitain Blunts Kajüte hineinblickte, ein sehr sonderbares Schauspiel gehabt. Der tapfere Kommandeur saß auf seinem Bett mit einem Glas Rum und Wasser in der Hand und Mr. Vickers hübsches Kammermädchen saß auf einem niedrigen Stuhl an seiner Seite. Auf den ersten Blick konnte man bemerken, daß der Kapitain ganz betrunken war. Sein graues Haar hing nach allen Richtungen hin in Strähnen über sein rothes Gesicht und er blinkte und nickte wie eine Eule im Sonnenschein. Er hatte bei Tisch mehr Wein als gewöhnlich getrunken und hatte jetzt sogar die Rumflasche vor sich, um nach Tische noch einen ruhigen Schluck zu nehmen, als der Gegenstand seiner Liebe, das Opfer seiner Reize durch die nur angelehnte Thür schlüpfte und ihn bald dazu bewog, weiter zu trinken.

      »Komm, Sara,« stammelte er. »Das ist Alles recht schön, aber Du brauchst nicht so stolz zu sein, mein Herz. Ich bin nur ein einfacher Seemann.sehr – sehr einfach Sara. Phineas Blunt, Kommandeur des Malabar. – Das ist doch gesprochen – he?« Sara lachte ein wenig und schob ihren hübschen Fuß vor. Der verliebte Phineas bog sich vor und versuchte ihre Hand zu nehmen.

      »Du liebst mich und ich – ich liebe Dich, Sara. Und ein liebes süßes Geschöpf bist Du, gib einen Kuß Sara.«

      Sara stand auf und ging nach der Thür.

      »Was ist das? Fortgehen? Sara gehe nicht.« Und er richtete sich stramm in die Höhe und mit dem Glas Grog in der Hand, fürchterlich hin und herfuchtelnd, näherte er sich ihr.

      Die Schiffsglocke schlug sieben. Jetzt oder nie war es Zeit. Blunt umfaßte Sie mit einem Arm und von Liebe und von Rum erhitzt, versuchte er, den begehrten Kuß zu rauben. Sie erfaßte den Augenblick und sich seiner Zärtlichkeit überlassend, zog sie aus ihrer Tasche das Laudanumfläschchen und ihre Hand über seine Schulter legend, goß sie die Hälfte des Inhalts in sein Glas.

      »Du denkst, ich bin betrunken, nein, mein Liebchen.«

      »Aber Sie werden es sein, wenn Sie noch mehr trinken. Jetzt trinken Sie das schnell aus und dann lassen Sie es gut sein oder ich gehe!«

      Sie warf ihm einen herausfordernden Blick zu, der ihre Worte Lügen strafte und der das verdüsterte Gehirn von Blunt etwas aufhellte. Sich einen Augenblick aus seinen Hacken drehend, wobei er sich an einen Kajütsbalken festhielt, starrte er sie mit seligem, trunkenem Lächeln der Bewunderung an, dann sah er in sein Glas und von dem plötzlichen Gefühl unerfüllter Pflicht durchdrungen, stürzte er den ganzen Inhalt des Glases auf ein Mal herunter. Die Wirkung war fast augenblicklich. Er ließ das Glas fallen, wankte auf Sara zu und dann mit dem Schwanken des Schiffes selbst den Halt verlierend, fiel er auf sein Bett und schnarchte sogleich wie ein Wallfisch.

      Sara Purfoy beobachtete ihn einige Augenblicke, dann blies sie das Licht aus, schritt aus der Kajüte und schloß die Thür recht fest hinter sich zu. Dieselbe düstere Finsterniß, welche in der vorigen Nacht aus dem Schiff geherrscht hatte, hüllte auch jetzt wieder das Deck ein. Eine Laterne hing am Vorderkastell und folgte den Bewegungen des Schiffes. Das Licht an der Gefängnistür warf einen Schein durch die Luke hinauf und zu ihrer rechten brannten in der Kajüte da Oellampen. Sie blickte mechanisch hinein, ob Vickers da sei, der immer zu dieser Stunde dort zu finden, aber die Kajüte war leer. Um so besser, und ihren dunklen Mantel fester um sich ziehend, klopfte sie an Freres Thür.

      Indem sie es that, schoß ein heftiger Schmerz durch ihre Stirn und ihre Knie zitterten. Mit großer Anstrengung schüttelte sie den Schwindel ab, der sie zu umfangen schien und hielt sich aufrecht. Jetzt war keine Zeit zu unterliegen.

      Die Thür öffnete sich und Maurice Frere zog sie herein, »So, sind Sie da?« sagte er.

      »Ja, ach, wenn mich aber Jemand gesehen hätte!«

      »Gesehen. Unsinn! Wer sollte Sie gesehen haben ?«

      »Kapitain Vickers, Doktor Pine, irgend Jemand.«

      »Ach die. Beide sind seit Mittag schon in Doktor Pine’s Kajüte. Die sind sicher.«

      »In Doktor Pine’s Kajüte! Diese Nachricht erfüllte sie mit einer unbestimmten Angst. Was für eine Ursache zu diesem ungewöhnlichen Verfahren. Wenn sie nun etwas argwöhnten. »Was machen sie da,« fragte sie. Maurice Frere war nicht in der Stimmung, Wahrscheinlichkeiten und Möglichkeiten zu erwägen. »Wer weiß? Ich nicht. Verdammt sollen sie sein,« fügte er hinzu. »Was geht es uns an? Wir brauchen sie doch hier nicht, Sara?« Sie schien auf etwas zu horchen und antwortete nicht.

      Ihr ganzes Nervensystem war auf’s Aeußerste angespannt. Der Erfolg der Verschwörung hing von den nächsten fünf Minuten ab.

      »Wonach blickst Du so starr? Sieh mich doch an? Was hast Du für Augen – und was für Haar!«

      In demselben Augenblick unterbrach ein


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