Wyatt Earp Staffel 8 – Western. William Mark D.
sie ihn. Und nur noch gänzlich Unentwegte setzten sich zu ihm an den Tisch.
Seinen Namen kannten sie nicht.
Ein Glück, daß es so war.
Es ging gut, bis zu dem Tag, an dem Cass Loundry in die Stadt kam.
Loundry stammte aus Pecos und ließ sich zuweilen hier sehen. Die Bürger von San Antonio waren nicht sehr glücklich darüber. Loundry war ein berüchtigter Revolverschwinger und Spieler, dessen Ehrbarkeit am Spieltisch stark in Zweifel gezogen wurde. Er kam, wie immer, nicht allein.
Holliday hatte schon von ihm gehört. Und als er ihn an diesem Vormittag auf der Straße von dem Sa-
loonfenster aus sah, wußte er sofort, daß es besser war, wenn er diesem Manne auswich. Hatte der Marshal ihn doch gebeten, möglichst jedes Aufsehen zu vermeiden.
Aber es schien das Schicksal des Doktor John Holliday zu sein, immer Aufsehen zu erregen; ganz einerlei, ob er das beabsichtigte oder nicht.
Er verließ den Platz am Fenster und ging zur Theke.
Loundry stand auf dem Vorbau und blickte über die geschwungenen, kitschig verzierten Schwingarme der Tür in das Halbdunkel der Bar.
Er war ein sehr großer, schlanker, breitschultriger Bursche mit leichten O-Beinen und langen, schmalen behandschuhten Händen. Tief an seinem linken Oberschenkel hing ein Revolver mit gelbem Knauf.
Loundry trug sich reichlich geckenhaft. Sein Hemd war grün und rüschenverziert. Dazu hatte er sich ein schreiend gelbes Halstuch umgebunden. Die braune Hose war hauteng und aus Kalbsleder. Die Stiefel waren mit rotabgesetzten Steppereien bedeckt. Riesengroß die mexikanischen Sternradsporen.
Das Gesicht des Schießers aus Pecos war lang und hager, spitz die Nase und pulvergrau die zu nahe bei der Nasenwurzel stehenden Augen.
Das Haar war von einem schmutzigen Braun.
Der weiße Stetson mußte ihm viel zu groß sein, jedenfalls hatte es den Anschein, daß er von den abstehenden Ohren des Gents gehalten wurde und ohne diese auf die Schultern gerutscht wäre.
Er hatte ein eigentümliches Grinsen im Gesicht, was wohl daran lag, daß er den rechten Mundwinkel ständig heruntergezogen hatte.
Rechts neben ihm stand ein Mann, der einen halben Kopf kleiner war als er, dafür aber die Figur eines Geldschrankes hatte. Ein wahrer Affenschädel saß fast halslos auf dem massigen Rumpf. Die kurze ärmellose Lederweste war erheblich zu eng, und der mächtige Brustkorb schien selbst das blaue Hemd sprengen zu wollen.
Dieser Mann trug seinen Colt ebenfalls über dem linken Oberschenkel.
Hinter den beiden stand ein kleiner, spitzgesichtiger Bursche von vielleicht dreißig Jahren. Er war gekleidet wie ein Richter, ganz in Schwarz, sogar eine goldgeränderte Brille trug er. Was er mit den anderen gemeinsam hatte, war der Colt über dem linken Oberschenkel.
Loundry mochte etwa achtundzwanzig sein.
Der Affenmensch hatte die Vierzig schon erreicht.
Und jetzt schoben die drei Linkshänder in den »Silbernen Hufnagel«.
Holliday kehrte ihnen zwar den Rücken zu, vermochte sie jedoch im Thekenspiegel genau zu beobachteten, ohne daß es auffiel.
Der Mann hinterm Schanktisch war ein flinker blondhaariger Bursche, der von einer Freundlichkeit war, die einem auf die Nerven gehen konnte.
»Ah, wer kommt denn da!« rief er mit einer theatralischen Geste, wobei er ein nicht mehr sehr sauberes Handtuch wie eine Fahne schwang.
»Brich dir nichts ab!« rief ihm
Loundry zu. »Ich kenne dich doch, Bill, du bist ein falscher Hund und machst ein Kreuz hinter mir, wenn
ich der Stadt den Rücken gekehrt habe.«
»Eines?« feixte der Keeper, »Sie irren, Mister Loundry, ich mache drei! Wenn Sie nämlich hier waren, verdiene ich nichts. Dann ist die Kneipe hier immer leer.«
Der Affenmensch stieß seinen Boß mit dem Ellbogen an.
»Soll ich ihm die Zähne einschlagen, Cass?«
Loundry wiegte den Kopf hin und her.
»Ich werde es mir überlegen, Hanc.«
Hanc Fletcher, der Affenmensch, knurrte:
»Mit so was soll man sich nie Zeit lassen. Mir hat dieser Halunke nie gefallen.«
Sie schoben sich an die Theke.
Fletcher stieß Holliday an.
»Komm, Mensch, mach Platz. Siehst du nicht, daß wir kommen?«
Da wandte der Georgier den Kopf, und Hancley Fletcher mußte einen Blick kassieren, der einer Ohrfeige in nichts nachstand.
Fletcher krächzte bissig:
»Was ist denn das für eine Vogelscheuche? He, Jerry!« rief er dem kleinen Mann mit der goldgeränderten Brille zu. »Hat der nicht deinen Anzug geklaut?«
Loundry, Fletcher und der Keeper lachten.
Holliday gab dem blonden Bill einen Wink.
»Einen Brandy bitte.«
Fletcher verzog den Mund zu einem schiefen Lachen.
»Habt ihr gehört, der Gentleman trinkt Brandy. Der ist was Besseres, wetten?«
Die beiden anderen fixierten den Gambler aus schmalen Augen. Fletcher räusperte sich überlaut und zog sein Rauchzeug aus der Tasche.
Plötzlich ließ er los; es fiel auf den schmutzigen Boden vor der Theke.
Fletcher stieß Holliday wieder an.
»He, Prediger, heb den Tabak auf, du hast ihn mir aus der Hand gestoßen.«
Der Georgier setzte seinen Brandy an die Lippen und nippte daran.
Er ahnte, was kam.
Fletcher stieß ihn an – aber er bekam den Brandy selbst ins Gesicht.
Für einen Moment konnte er nichts sehen.
Loundrys Augen waren kieselhart geworden. Er lehnte den rechten Ellbogen auf die Theke.
»He, Bill, wer ist das?«
Der Keeper zog die Schultern hoch.
»Ein Mann, der verdammt gut Karten spielen kann. Mehr weiß ich auch nicht von ihm.«
»Karten spielen?« Loundry war hellhörig geworden.
Als Fletcher sich jetzt das brennende Zeug aus den Augen gewischt hatte und sich auf den Fremden stürzen wollte, vermochte ihn sein Chief nicht davon abzuhalten, so schnell war er.
Aber schneller war der Mann aus Georgia. Mit einem traumhaft raschen Griff hatte er einen seiner Revolver gezogen und hieb dem Affenmenschen den schweren Lauf über den Schädel.
Der so »gebuffalote« Tramp war bedient; er knickte in die Knie ein und schwankte rückwärts, mehrere Stühle mit sich reißend gegen einen Tisch, wo er unter Gepolter und Getöse zu Boden stürzte.
Mit namenloser Verwunderung hatte Loundry diesen Vorgang verfolgt.
»He! Er scheint nicht nur gut im Poker zu sein!« rief der blonde Bill in einer Art einfältiger Begeisterung.
Loundrys Gesicht war um einen Schein blasser geworden. So etwas war ihm noch nicht passiert. Ein völlig harmlos, ja, direkt ungefährlich aussehender Mann schlug mit einem einzigen Hieb den bärenstarken H. Fletcher von den Beinen!
Jerry Ashley-Latour (er hieß wirklich so!) hatte sich anderthalb Schritte von der Theke entfernt.
Und plötzlich zuckte seine Linke zum Colt. Aber noch hatte dieser gewiß gefährliche Revolverschütze die Waffe nicht ganz aus dem Halfter gebracht, als ihm Doc Hollidays Revolvermündung schon entgegengähnte.
Loundry