Wyatt Earp Staffel 8 – Western. William Mark D.
Jenkins berichtete, daß die Treiber oben in Kansas endlich die Herde wieder beieinander und ein Stück weiter westwärts am Südufer des Arkansas hinaufgetrieben hätten.
Der Trailboß schrieb sich zwar nicht die Finger wund, aber er hatte von der Stampede natürlich Bericht erstattet. Auch von dem Tod des Cowboys Balmontain, von dem Zusammentreffen mit dem Marshal Earp und der Flucht Jimmy Danleys.
Diese Dinge gingen in der harten Arbeit auf der großen Viehranch nur zu schnell unter.
Der Missourier war froh, daß ihn niemand erkannt hatte, und ging mit den Weidereitern ungestört seiner Arbeit nach. Aber seine Annahme, daß vor allem Danley sich hier in der Gegend einfinden könnte, bestätigte sich nicht.
Dafür trat etwas anderes ein, was kaum weniger wichtig für den Marshal war.
An einem glühendheißen Vormittag kam ein Reiter durchs Ranchtor auf den Hof geritten und hielt auf das große, neue Wohnhaus der Ranchersfamilie zu.
Jonny Black, der Cowboy, der ständig den Hof zu bewachen hatte, schlenderte dem Reiter entgegen.
Black, ein großer, fast herkulisch gebauter Bursche, betrachtete den Reiter, warf einen forschenden Blick über sein olivfarbenes Gesicht und seine abgetragene Weidereiterkleidung.
Das Pferd trug kein Brandzeichen, es schien also zu keiner Ranch zu gehören.
»Was gibt’s, Mister?«
»Sind Sie John Hadron?«
Black feixte: »Noch nicht, Brother. Aber vielleicht kann das ja noch werden. Man hat ja gehört, daß Zeichen und Wunder auch in unserer Zeit noch geschehen sollen.«
Der Besucher schien zu derart platten Späßen überhaupt nicht aufgelegt zu sein.
»Ich möchte den Rancher sprechen«, sagte er ziemlich ungehalten.
»Er ist nicht da.«
»Wo ist er?«
»Auf der Weide.«
»Und wann kommt er zurück?«
»Heute abend.«
»Dann warte ich«, entschied der Fremde, rutschte aus dem Sattel und warf die Zügelleinen seines falbfarbenen Wallachs über die große Halfterstange vor dem Verandafuß.
Black sah ihm mit gekrauster Stirn zu, wie er sich auf der vorletzten Treppenstufe niederließ und sehr ruhig sein Rauchzeug aus der Tasche nahm.
»He, wer sind Sie eigentlich?«
»Mein Name ist Donegan. Hal Donegan.«
Black glaubte, nicht richtig gehört zu haben.
»Hal Donegan? Ha, da haben Sie einen gefährlichen Namen. Er erinnert mich an einen Sternträger, der…«
»Ich bin Sheriff Donegan«, versetzte der Mann auf der Treppe kühl und schob sich die ziemlich krumm geratene Zigarette zwischen seine Lippen.
»Sheriff Donegan? Was wollen Sie denn vom Rancher?«
»Sie werden nichts dagegen haben, Cowboy, wenn ich das Ihrem Boß selbst sage.«
Nein, der Cowboy Black hatte nichts dagegen. Aber er war der Ansicht, daß man nicht wie die Katze um den heißen Brei herumlaufen sollte. Die Dinge, die die Ranch betrafen, wußte er so gut wie der Boß. Und weshalb wollte sich der Sheriff hier neun oder zehn Stunden in die Sonne setzen?
»Sie machen es sich nicht leicht, Sheriff. Ich an Ihrer Stelle würde mir sagen, daß es nicht gerade ein Vergnügen ist, in der Sonne zu sitzen. Und dann würde ich mir sagen, daß der alte Jonny Black sicher eine ganze Menge weiß.«
Donegan hob den Kopf und schob die Zigarette mit der Zunge von einem Mundwinkel in den anderen.
»Well, ich suche einen Burschen namens Danley. Er soll zu Ihrer Ranch-Mannschaft gehören. Von Kansas aus läuft ein Steckbrief gegen ihn, wegen Mordes.«
»Ich weiß, von Cheney aus, nicht wahr? An dem Brocken haben schon andere Männer herumgeknackt.«
»War Danley hier?«
»So dumm wird er kaum sein, Sheriff. Und wenn er erst heraus hat, daß sie von Fort Worth den scharfen Donegan hierhergeschickt haben, um nach ihm zu suchen, dann wird er sich noch tiefer in die Savanne verkriechen.«
Ohne den langen Cowboy anzusehen, fragte Donegan:
»Hatte er Freunde hier?«
Jonny Black schüttelte den Kopf.
»Freunde nicht. Er vertrug sich mit allen, und mehr will hier keiner.«
»Habt ihr inzwischen neue Leute angeworben?«
»Da oben? Das weiß ich nicht.«
»Ich meine hier.«
»Der Boß hat einen Cowboy dazugenommen. Ich sollte besser sagen, dazugewonnen. Der Bursche ist klasse.«
»Wo kommt er her?«
»Ich glaube, aus Missouri. Aber es ist seiner Sprache nicht anzuhören.«
»Und wo ist er jetzt?«
»Auf der Weide.«
»Weit von hier?«
»Nein.« Der Cowboy grinste. Dann deutete er über seine linke Schulter. »Wenn Sie da an der Scheune vorbeigehen, können Sie ihn ohne Fernrohr sehen.«
Donegan kniff ein Auge ein, warf seine halbgerauchte Zigarette in den Sand und erhob sich. Mit hölzernen Schritten überquerte er den Hof und ging an der Ostseite der Scheune vorbei.
Wenige Schritte vor ihm arbeitete ein Mann am Gatter.
Er mußte wenigstens fünfundsechzig Jahre alt sein.
Jonny Black war durch das langgezogene Stallhaus gelaufen und trat in die Tür, die zu einem kleinen Corral führte, in welchem gerade ein Mann ein halbwildes Pferd zuritt.
»He, Berry!«
Wyatt, der hier, wie Holliday drüben in San Antonio, nur die Hälfte seines Namens angegeben hatte, trieb das Pferd ans Gatter und rutschte von seinem schweißnassen Rücken.
»Was gibt’s denn, Blacky?«
»Drüben bei der Scheune ist Sheriff Donegan. Er hat sich nach dir erkundigt.«
Wyatt klopfte dem braven Burschen auf die Schulter.
»Thanks, Amigo. Aber ich habe ein sauberes Gewissen. Wollen uns diesen Donegan mal ansehen.«
Wyatt ging um die Scheune herum und sah den Sheriff bei dem alten Nat Gregory stehen.
»Hallo, Mister, Sie haben nach mir gefragt?«
Beim Klang dieser Stimme blieb der Sheriff wie angenagelt stehen.
Dann wandte er sich langsam um.
Alles Blut wich aus seinem grünlichbraunen Gesicht, als er in die Augen des Marshals sah.
»Sie?«
Der Missourier stand breitbeinig und mit verschränkten Armen da.
»Ja, Cliff, ich.«
Der andere sah sich rasch nach dem Alten um und kam dann mit unsicheren Schritten näher.
»Marshal«, krächzte er, »ich suche einen Mann, der mich bestohlen hat. Drüben in Austin. Er…«
»Feine Story. Wo haben Sie eigentlich Ihren Stern, Sheriff?«
Der Mann hatte die Zähne so hart aufeinandergepreßt, daß Wyatt glaubte, das Knirschen hören zu können.
»Was wollen Sie hier, Cliff Hagger?«
»Ich sage es Ihnen doch, Marshal…«
»Sie haben sich hier als Sheriff ausgegeben. Sie haben sogar den Nerv gehabt, sich als der Sheriff von Fort Worth auszugeben.«
»Das