Wyatt Earp Staffel 8 – Western. William Mark D.
Hadron brauchte eine Weile, bis er das alles begriff.
»Zounds! Sie sind also tatsächlich der berühmte Marshal Earp, von dem man immer wieder hört?«
Wenn dem Missourier etwas unangenehm war, dann die Anspielung auf seine große Popularität. Er schweifte auch jetzt sofort ab und meinte:
»Ich bin Ihnen zu Dank verpflichtet, Mister Hadron, und hoffe, daß sich das Unglück von Garden Plain bald aufklären wird.«
Er verabschiedete sich von dem Rancher und den wenigen Cowboys, die sich eingefunden hatten, und ritt zusammen mit seinem Gefangenen aus dem Hof.
Welch ein Glück, daß am Vortag der Lohn ausbezahlt worden war, dachte Wyatt. Denn es wäre doch jetzt, da sein Geheimnis gelüftet war, fast etwas unangenehm gewesen, noch nach dem Lohn für die Arbeit zu fragen, die er ja immerhin hart wie jeder andere Cowboy auf der Ranch verrichtet hatte.
Die letzten Worte John Hadrons waren:
»Well, ich kann nur sagen: Sie waren ein hervorragender Cowboy, Mister Earp. Und für mich wäre es besser gewesen, wenn der Cowboy Berry Stapp der Cowboy Berry Stapp geblieben wäre…«
*
Es war dunkel, als sie die Stadt erreichten.
Aus den Fenstern fielen langgezogene Lichtrechtecke über die Straße.
Links aus Hutkins Bar drang das harte Gehämmer eines verstimmten Orchestrions.
Aus dem »Silbernen Hufnagel« auf der gegenüberliegenden Straßenseite drang ebenfalls Lärm.
Wyatt hielt vor Campendonks Hotel an.
Gus Campendonk hatte sein Grand Hotel schon zehn Jahre in der Stadt. Und es war das schlechteste Geschäft, das überhaupt in der Stadt betrieben wurde. Kein Mensch begriff, wie der Holländer sich damit durchs Leben bringen konnte. Auch seine Frau und seine elf Kinder!
Wyatt zog die beiden Pferde gleich in den Hof und bestellte sich ein Zimmer.
Hagger stand neben ihm.
Campendonk musterte den Banditen kurz und fragte:
»Für den Gentleman auch ein Zimmer?«
»Nein, danke, der Herr hat drüben beim Sheriff im Jail ein reserviertes Zimmer.«
Hagger senkte den Kopf.
Gus Campendonk war ein großer, wuchtiger, schwerer Mann mit verschlagenen Augen und breitem, aufgedunsenem Gesicht.
»Ah«, fragte er neugierig, »ein Bandit?«
»Sieht so aus«, sagte Wyatt.
Campendonk reichte ihm das Gästebuch herum, und plötzlich sah Wyatt die Mündung eines doppelläufigen kleinen Derringer Colts auf sich gerichtet.
Gus Campendonk beugte sich etwas vor und sagte höhnisch:
»Bedaure, Mister, aber ehe Sie sich eintragen, muß ich Sie bitten, von Ihrem Vorhaben, diesen Mann da zum Sheriff zu bringen, abzusehen.«
»Ah, weshalb?«
»Er ist einer meiner Freunde.«
»Sie haben bemerkenswerte Freunde, Mister Campendonk.«
»Meine Sorge!« zischte der Hoteleigner.
Er bemerkte nicht den warnenden Blick Haggers.
»Vorwärts, Cliff!« knurrte er. »Mach, daß du wegkommst!«
Hagger rührte sich jedoch nicht von der Stelle.
Das brachte den Holländer in Raserei.
»Ich habe dir doch gesagt, daß du verschwinden sollst, Mensch! Mach, daß du rauskommst!«
Da ließ sich Hagger vernehmen:
»Vorsicht, Gus, er ist Wyatt Earp!«
Der Hotelier wurde blaß.
Der Derringer in seiner Rechten zitterte.
»Wyatt Earp? Bist du verrückt? Was nimmst du dir heraus, mich mit solch üblen Späßen zu schockieren!«
»Es war kein Spaß«, sagte der Missourier.
Campendonk starrte ihn an wie ein Gespenst.
»Sie wollen doch nicht behaupten, daß Sie wirklich Wyatt Earp wären?«
»Nehmen Sie den Revolver herunter!«
Campendonk wich zwei Schritte zurück. Er befand sich in einer scheußlichen Lage. Jetzt hatte er sich also verraten. Er hatte den Revolver gegen einen Staatenmarshal gezogen!
Wegen eines Banditen!
Aber konnte er jetzt noch zurück? Konnte er seinen Fehler noch ungeschehen machen?
Nein! Dazu war es zu spät.
Er hatte seine Maske fallen lassen. Im unrechtesten Augenblick seines Lebens.
Er hatte sein so lange gehütetes Geheimnis ausgerechnet wegen dieses kleinen Outlaws Hagger preisgegeben.
Mit gezogenem Revolver stand er vor dem großen Wyatt Earp.
Die Zähne schlugen ihm aufeinander.
»Ich muß… Sie niederknallen, Earp!« hechelte er. »Ich habe das nicht gewollt. Bestimmt nicht. Ausgerechnet Wyatt Earp! Aber weshalb haben Sie ihn auch mit hergebracht…?«
»Eben deswegen.«
»Aber Sie konnten doch nichts davon wissen. Ich meine, von mir und…«
»Doch, ich wußte, daß Mad Calloway hier seine Leute sitzen hat«, bluffte Wyatt.
»Das wußten Sie?«
»Wie Sie hören.«
»Well, ich muß Sie abknallen, Earp. Ich sehe keinen anderen Weg. Und, und wenn Sie es richtig sehen: Einmal müssen Sie ja doch sterben. Einmal ist es doch für jeden von uns zu Ende. Wir leben schließlich nicht ewig. Keiner von uns!« Er rieb sich mit dem linken Unterarm den Schweiß von seiner fliehenden Stirn. »Und bei einem Mann wie Ihnen muß es doch früher kommen. Vielleicht hätte Sie ohnehin in Kürze, möglicherweise schon morgen oder gar heute schon, einer mit einer Kugel abgefangen.«
»Was reden Sie nur soviel, Campendonk? Sie wollen also nicht auf diesen Mann warten und statt dessen selbst mein Mörder sein.«
Mörder!
Das Wort schien dem Verbrecher eine Ohrfeige zu geben.
Der Colt in seiner Rechten zitterte und schwankte noch mehr.
»Sie müssen natürlich ruhiger zielen, Mister Campendonk, sonst treffen Sie mich schlecht…«
»Aus der Entfernung kannst du ihn gar nicht fehlen, Gus!« belferte Hagger da, der so stand, daß er selbst keinen eigenen Angriff gegen den Marshal riskieren konnte.
»Selbstverständlich kann er das! Bei dem Zittern! Und wehe ihm, wenn er mich nicht tödlich trifft. Ich werde ihn mit dem letzten Funken Leben noch mit meiner Kugel finden.«
Campendonk ging noch einen Schritt weiter zurück.
»Bleib stehen!« schrie Hagger hysterisch. Die großen Schläfenadern traten dick geschwollen hervor. »Keinen Schritt weiter zurück. Mit jedem Inch Entfernung wird deine Chance, ihn zu töten, geringer!«
»Ich, ja, ich werde ihn töten!« Es zuckte im Gesicht des Hoteleigners.
»Ich gebe zu, daß ich mir nie vorgestellt habe, daß ich einmal einen Sheriff erschießen würde. Und ausgerechnet Wyatt Earp. Aber es ist ja nicht zu umgehen. Sie stehen da – und ich habe mich…«
»Verraten! Und deshalb, weil Sie verraten haben, daß Sie Outlaws begünstigen, müssen Sie das Maß natürlich gebührend voll machen und zum Mörder werden. Zum Sheriffsmörder!«
»Ich kann nicht anders!« Und dann schrie er mit