Wyatt Earp Staffel 8 – Western. William Mark D.
»Oakland haßt den Rancher.«
»Weshalb?«
»Weil er reicher und mächtiger ist als er selbst – und weil er ihm das Mädchen nicht freiwillig geben wollte. Er hat sagenhafte Anstrengungen und Verrenkungen unternommen, um die Kleine zu gewinnen. Er hat ihr Kleider geschenkt, die unmöglich, aber bestimmt teuer sind. Blumen hat er jeden Tag auf die Ranch geschickt. Einen Buggy mit einem Pferd, das sicher besser in eine Circus Show passen würde als auf eine Ranch – und eines Tages muß sie dann ja wohl eingewilligt haben. Aber man sieht die beiden nie zusammen. Ich glaube, der Rancher ist immer noch dagegen…«
Wyatt wußte genug. Auch diese seine Vermutung schien sich zu bestätigen.
Shannon und der Deputy wurden in die Spalte zwischen Oaklands Haus und dem Nachbaranwesen geschickt.
Wyatt selbst ging weiter und betrat den Vorbau.
Shannon und der Deputy warteten in atemloser Spannung an der Mauer, was passieren würde.
Der Missourier zog die Glocke.
Er hörte einen raschen, hastigen Schritt, und dann wurde geöffnet.
Ein Mann in den Dreißigern stand vor ihm. Groß, schlank, fast geckenhaft in einen sandfarbenen Anzug, ein weißes Rüschenhemd, eine blaue Seidenschleife und eine zitronengelbe Weste gekleidet.
Auf seinem Gesicht lag eine Puderschicht, die wohl die stark verlebten Züge verdecken sollte.
»Mister Oakland?« fragte Wyatt und tippte an den Hutrand.
»Ja«, kam es argwöhnisch von den Lippen des Kaufmannes.
»Sie werden verzeihen, ich hätte gern einen Freund gesprochen.«
»Bei mir ist niemand zu Gast.«
»Zu Gast vielleicht auch nicht –«
»Wer sollte das denn sein?«
»Er heißt Earp, Wyatt Earp.«
»Earp!« entfuhr es dem Trader.
Wyatts Rechnung ging auf. Oakland hatte ihn zwar zusammen mit Henderson aus dem Haus des Sheriffs geholt, erkannte ihn aber nicht wieder. Wahrscheinlich hatte er sich gar nicht die Mühe gemacht, in der Nacht sein Gesicht abzuleuchten.
»Ja, Wyatt Earp. Und Doc Holliday soll auch hier sein.«
»Doc…, ja, um Himmels willen, wer sagt denn das? Das ist doch Unsinn, Mann. Ich habe keine Zeit.«
Er wollte die Tür zuwerfen.
Da aber schoß die Rechte des Marshals vor und hielt die Tür fest.
»Da ist schon einer! Hallo, Doc?«
Der Trader fuhr herum.
Zu seinem eisigen Entsetzen sah er hinter sich im Gang den Spieler stehen, den er schon im »Silbernen Hufnagel« gesehen hatte.
»Was soll das bedeuten?« stieß er heiser hervor.
Wyatt schob ihn in den Korridor.
»Öffnen Sie die Tür da drüben,
Oakland!«
»Die Tür?«
»Weshalb?«
»Öffnen Sie sie!«
»Ich vermute, daß Wyatt Earp sich in diesem Raum befindet.«
»Aber das ist doch absurd. Ich war gerade noch an der Tür und habe einen Blick hineingeworfen. Er l… Was wollen Sie überhaupt? Wer sind Sie? Wie kommen Sie dazu, in mein Haus einzudringen?« Unter dem Puder war er leichenblaß geworden.
Holliday stieß die Tür auf.
Sie war nicht mehr verschlossen.
Ein Geruch von Pulver kam ihm entgegen.
Wyatt schob den Trader rasch zur Seite und stürmte in den Raum.
Da lag der umgedrehte Strohsack noch. Und hinter ihm der gefesselte Mann – er war tot.
Wyatt riß die Vorhänge zurück und stieß das Fenster auf.
Lewt Oakland starrte mit schreckgeweiteten Augen auf den Toten.
»Gregg! Nein… Das ist doch nicht möglich! Gregg!«
Shannon betrat den Korridor und warf einen Blick über Hollidays Schulter.
»Das ist sein Bruder Gregg.«
Wyatt stand in der Mitte des Raumes.
»Lewt Oakland, Sie haben Ihren eigenen Bruder erschossen. Sie sind wegen Mordes festgenommen…«
*
»Es waren beides Verbrecher«, sagte Shannon, als sich auch hinter Lewt Oakland die Gittertür des Gefängnisses geschlossen hatte. »Lewt und sein Bruder Gregg. Gregg steckte immer mit Grape und Calloway zusammen. Es war eine regelrechte Bande, vor der man sich in der Stadt ständig zu fürchten hatte.«
Doc Holliday brachte die Pferde.
Als sie aufsteigen wollten, kam aus Hutkins Saloon der lange Loundry mit seinen beiden Gespenstern.
Der Georgier lachte.
»Sie sehen, Marshal, es nimmt kein Ende!«
»Es wird ein sehr schnelles Ende nehmen!«
Wyatt Earp warf Holliday seine Zügelleinen zu und schritt den drei Tramps entgegen.
»Sie sind Loundry?«
»Ja.«
»Was wollen Sie?«
»Mit dem da – mit Holliday abrechnen.«
»Kennen Sie mich?«
»Nein, aber ich vermute, Sie sind Wyatt Earp.«
»Dann vermuten Sie richtig. Und nun hören Sie zu, Loundry. Es ist nichts Gutes, was ich über Sie gehört habe, ich hoffe in Ihrem Interesse, daß die Leute in Pecos morgen nicht noch Schlechteres über Sie sagen müssen. Klettern Sie mit den beiden Figuren da in die Sättel und verschwinden Sie!«
Wieder einmal war es Fletcher, der den Fehler machte.
Er schrie: »Dreckskerl! Ich stampfe dich…«
Ein kurzer, knackender rechter Haken riß ihn von den Beinen. Als Loundry zum Gegenschlag ausholte, fing er den nächsten Hieb, einen linken Schwinger, ein, der ihm von der Kinnlade her einen stechenden Schmerz in den Schädel jagte und ihn benommen gegen Ashley warf.
Dieser Gangster riß den Revolver hoch.
Ein Fußtritt des Missouriers stieß ihm die Waffe aus der Hand.
Wyatt packte den kleinen Mann am Kragen und schleuderte ihn so derb zurück, daß er auf die Straße stürzte.
Der »große« Cass Loundry hatte den schlimmsten Schlag seines Lebens eingesteckt; in halber Betäubung stand er da, schwankend, beide Hände gegen das Gesicht gepreßt.
»Das geht vorüber«, drang die metallene Stimme des Marshals an sein Ohr. »Wenn du aber statt dessen ein Stück Blei hättest schlucken müssen, sähe es schlimmer aus. Vorwärts, auf die Klepper! In einer Minute will ich keinen von euch mehr sehen.«
Sie stoben davon – und sind in San Antonio nie wieder gesehen worden. Die zwar kurze aber um so nachdrücklichere Abfertigung wirkte für alle Zeiten.
*
Sheriff Brack wurde wieder gesund.
Oakland, der seine Rache gegen den Vater der Frau, die er zu heiraten gedachte, auf so heimtückische Weise durchgeführt hatte, kam vor den Richter. Er hatte den Schießer Calloway für seinen schmutzigen Plan angeworben und mit Hilfe seiner Freunde Campendonk, Henderson, Grape und Hagger hier seine Fäden gezogen. Es stellte sich heraus, daß er noch weitere Schläge gegen den Mann geplant hatte, der sein Schwiegervater hatte werden sollen.
Richter