THE BLACK - Der Tod aus der Tiefe. Paul E. Cooley

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zog die Schultern hoch. »Also, Nummer 5 nehmen wir aber nicht für eine Runde mit, oder?«

      Catfish schmunzelte. »Um genau zu sein doch.«

      »Worauf warten wir denn dann noch?«, fragte JP und warf seinem Freund ein Paar Flossen zu.

      ***

      Auf der Plattform war es sengend heiß. Metallstufen und Geländer führten hinunter auf die Ebene aus geriffeltem Stahl. Wollte man tauchen, war dies die sicherste Stelle, um sich ins Wasser zu lassen.

       Hier befand sich zugleich auch das Be- und Entladedock für die AUVs und das ROV. Diese waren über dem Gitter aufgehängt und durch dicke Stahlseile miteinander verbunden.

      JP fuhr sich über seine schweißnasse Stirn. Er wartete darauf, dass Standlee mit seinem Tauchanzug die Stiege herunterkam. Wie gewohnt ließ sich der Mann, den alle Catfish nannten, alle Zeit der Welt. Der langhaarige Computer- und Bautechniker war nie beim Militär gewesen und hatte anscheinend nicht gelernt, wie man eine Uhr las.

       JP starrte auf seine Uhr am Arm und seufzte tief.

       Na ja, dachte er, lasse ich eben schon mal das Boot ins Wasser.

      AUV Nummer 5 – Spitzname Zicke, wegen all der Probleme, die sie verursachte – befand sich immer noch im Ozean. Catfish hatte ihr einen Befehl zugesandt, aufzutauchen und wieder zurückzukehren. Für die Zicke bedeutete Rückkehr, dass sie hochkam und mehrere hundert Yards von der Insel entfernt auf der Stelle trieb.

      Nachdem JP das Zodiac-Beiboot hinuntergelassen hatte, vertäute er es. Wegen des drei Meter langen Torpedorumpfs würden sie auf dem Rückweg nur langsam vorankommen, doch das war okay; Catfish und er wollten schließlich schwimmen, also konnte Vraebel sie mal kreuzweise.

      »Sie beide wollen sich einfach nicht an die Regeln halten, oder?«, rief plötzlich eine Stimme von der Treppe aus.

      JP warf einen genervten Blick über seine Schulter. Apropos Vraebel, dachte er. Der Aufseher mit der breiten Brust und der sonnengebräunten Haut lehnte gerade am Geländer. Seine Wangen schienen wie sein kurzgeschnittenes, rotes Haar in Flammen zu stehen. Als er das Gesicht vor Wut verzog, bleckte er gleichzeitig auch seine weißen Zähne.

      »Welche Regeln meinen Sie genau?«

      »Zuallererst die, immer einen Tauchplan auszufüllen«, begann Vraebel, »dann den Rettungsschwimmern Bescheid zu geben, dass Sie aufbrechen, und außerdem: Wer hat Ihnen überhaupt erlaubt, ins Wasser zu gehen?«

      JP zeigte auf die AUVs über ihm. »Sehen Sie die? Ich zähle nur vier; Nummer 5 ist draußen im Meer. Haben Sie Standlees Bericht nicht erhalten?

      Vraebel öffnete und schloss den Mund mehrmals kurz hintereinander. JP erkannte, dass die Mühlen im Kopf des Mannes mahlten. »Ja, und ihn auch gelesen.«

      »Dann verstehen Sie ja, dass wir losmüssen, um sie zu holen.«

      Der Aufseher trat mit seinen schweren Unfallstiefeln gegen die Treppe. »Na ja, das ist aber immer noch keine Entschuldigung dafür, dass sie keinen verdammten Tauchplan ausgefüllt haben – mal ganz davon abgesehen, dass Sie sich nicht bei den Rettungsschwimmern gemeldet haben.«

      JP seufzte wieder. »Entschuldigung, Mr. Vraebel. Ich schätze, wir haben es einfach vergessen.«

      »Ganz genau. Wenn Calhoun hier eintrifft, werden wir uns ein bisschen über den schludrigen Mist unterhalten müssen, den sie zwei hier veranstaltet haben.«

      »Jawohl, Sir«, antwortete JP mit einem Salut. Vraebels Wangen wurden dunkelrot. Er nickte dem Mann zu und stapfte dann wütend die Stufen hinauf.

      JP schüttelte den Kopf, während er dabei zuschaute, wie der Chief der Förderplattform auf die Hauptebene zurückkehrte.

       Vraebel war ein Arschloch – ein komplettes, totales Arschloch. Schließlich blickte er auf das Beiboot hinab; der Kerl hatte andererseits aber auch recht; sie hätten einen Tauchplan einreichen müssen. Er seufzte abermals und wickelte die Leinen dann ordentlich auf. Danach griff er zu zwei Sauerstofftanks und stellte sie in die Halterungen an Bord, zog den Reißverschluss seines grünen, wasserdichten Seesacks auf und nahm die beiden Gewehre heraus.

      Diese legte er zusammen mit vier Harpunen in die verriegelbare Bordkiste. Die rasiermesserscharfen Spitzen waren durch Pfropfen aus Kork gesichert. JP achtete stets darauf, dass sie sich jederzeit einsetzen ließen; schließlich wusste man nie, wann man die Gelegenheit bekam, etwas »Besonderes« zu erlegen.

      In Gedanken ging er noch einmal seine Checkliste durch. Er hatte die Masken mitgenommen und sie eingeschmiert, damit sie nicht beschlugen. Was nun? Waren die Tanks voll? Jawohl. Riemen und Gurte für sie beide? Auch da. Zwei Leinen? Ja. Er öffnete die kleine Bordkiste, die am Boot befestigt war, und schaute hinein. Am Boden lagen ein Handfunkgerät und zwei Signalleuchten. Dies brachte ihn zum Lächeln, denn das war alles, was sie an Ausrüstung brauchten – gesetzt den Fall, dass sich Catfish irgendwann einmal fertig angezogen hatte.

      Die beiden hielten sich wie gesagt schon über eine Woche vor Ort auf. Die Routineabläufe von Catfishs Robotern durchzukauen war anstrengend, besonders wegen der Probleme, die Nummer 5 machte. Da sich das ROV an Leinen führen ließ, stellte es kein annähernd so großes Problem dar, und die AUVs steuerten jeden Punkt an, zu dem man sie dirigierte. Solange Catfishs Codierung flexibel genug war, um sie auf jegliche Hindernisse gefasst zu machen, sollte ihnen eigentlich nichts passieren, doch auch dies hatte Schwierigkeiten nicht ausgeschlossen.

      Vor Kurzem waren die Propeller aller fünf Sonden beschädigt worden, als sie sich in einem Algenwald am Meeresgrund verheddert hatten. Catfish hatte fluchend und einem Wutanfall verflixt nahe, darauf gewartet, dass sie wieder auftauchten. Alle fünf waren zwar hochgekommen, aber JP hatte insgesamt dreimal hinausfahren müssen, um sie zu holen – es war ein langer Arbeitstag für sie gewesen.

      Abgesehen von seinen Taucheinsätzen bestand seine Aufgabe auch darin, Catfish beim Warten der Maschinen zu helfen, wozu auch die Roboter zählten. Die Antriebsschrauben der AUVs zu reparieren hatte eine verdammt zähe Nacht lang gedauert. Allerdings waren alle fünf schon am darauffolgenden Nachmittag wieder im Wasser gewesen. Catfish hatte die ganze Nacht kein Auge zugetan, sondern einige neue Verfahren festgelegt, damit sie sich nicht wieder im Seetang verstrickten.

       Mit roten Augenringen und kehlig heiserer Stimme war der Techniker zu einer dreißig-Stunden-Schicht angetreten, um alles wieder instand zu setzen und zum Laufen zu bringen.

      Erst nachdem die AUVs wieder im Meer und unterwegs auf dessen Boden gewesen waren, hatte er geschlafen.

       Dreißigtausend Fuß tief zu tauchen dauerte Stunden, außer man jagte die Motoren in den roten Bereich. JP war bereit gewesen, am Steuerpult sitzenzubleiben und die Roboter zu beaufsichtigen, doch das hatte Catfish ausgeschlagen. In für ihn typischer Manier war er an seiner elektrischen Zigarette saugend, bis er deren Flüssigkeit verbraucht hatte, in seinem Sessel an der Überwachungskonsole eingeschlafen.

      Und so hatte es sich nicht zum ersten Mal abgespielt. Der Mann meinte es todernst mit seinen Erfindungen und fasste es praktisch als persönliche Beleidigung auf, wenn eine von ihnen versagte. JP verstand Catfishs Verantwortungsbewusstsein nur allzu gut, doch hin und wieder würde der Kerl gut daran tun, verdammt nochmal eine ruhige Kugel zu schieben. Hoffentlich reichte ihm dieser kurze Ausflug dazu, denn falls nicht, würde Calhoun mit einem stressgeplagten Techniker zu tun bekommen.

      »Sind wir startklar?«

      JP drehte sich zur Treppe um. Catfish kam in aller Ruhe die Stufen herunter. Er hatte sich die langen Haare zu einem Zopf geflochten, der mit jedem Schritt hinter seinem Kopf baumelte.

      Sein Kumpel grinste. »Nettes Leibchen; soll ich den Reißverschluss für dich zumachen?«

      Catfish winkte ab. Sein schwarzer Taucheranzug sah aus wie der von JP, war jedoch vorn an der Hüfte geöffnet. Das herunterhängende Material schlackerte hin und her, während er sich bewegte. Als er den Fuß der Treppe erreicht hatte, ging er auf das Boot zu.

      »Hast du Vraebel gesehen?«,


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