Bettina Fahrenbach Staffel 5 – Liebesroman. Michaela Dornberg

Bettina Fahrenbach Staffel 5 – Liebesroman - Michaela Dornberg


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in dem alten Ruderboot, mit dem so viele Kindheitserinnerungen verbunden waren. Und sie waren beide sehr sentimental gewesen, mit all den ›weißt du noch‹ Erinnerungen.

      Manchmal war Grit mit ihren Gedanken ganz weit weg gewesen, hatte nicht gesprochen. Doch Bettina hatte sie in Ruhe gelassen. Wenn Grit wollte, würde sie schon reden, drängen wollte sie ihre Schwester nicht. Aber es schien einen dunk­len Punkt in dem Leben zu geben, der nichts mit ihrer verlorenen Familie, aber auch nichts mit Roberto zu tun hatte. Was es wohl sein mochte?

      Bettina hatte sich von ihrer Arbeit zurückgezogen, um nur für ihre Schwester da sein zu können, aber vielleicht auch aus Angst, dass Grit sich in einem unbeobachteten Augenblick einfach in ihr Auto setzen und abreisen könnte. Bettina war so glücklich, dass es zwischen ihnen wieder so etwas wie einen Anflug von Vertrautheit gab. Die­ses kostbare Pflänzchen musste gehegt und gepflegt werden, das wuss­te Bettina ganz genau.

      Von den Hofbewohnern hielt Grit sich zurück, wahrscheinlich aus lauter Scham, weil Arno und Leni sie in dieser würdelosen Verfassung erlebt hatten. Aber Leni und Arno waren deswegen nicht sauer. Sie konnten es verstehen.

      Bettina hatte vorgeschlagen, ins Kino zu gehen, weil sie nicht wollte, dass Grit sich auf dem Hof langweilte, schließlich war sie gesellschaftlich sehr aktiv gewesen und hatte vom Schicki-Micki-Leben nicht genug haben können. Aber davon wollte Grit nichts wissen. Sie wollte nirgendwo hin. Und so saßen sie jetzt draußen unter den Apfelbäumen. Es war ein wunderschöner, lauer Abend. Sie hatten einen herrlichen Salat mit Putenbrust gegessen, jetzt saßen sie auf bequemen Sesseln aus Teakholz mit einer dicken Polsterauflage, lauschten den Geräuschen der hereinbrechenden Nacht.

      »Möchtest du ein Glas Wein trinken, Grit? Es gibt da einen wunderbaren Chateauwein, der nicht umsonst die meisten Parker-Punkte bekommen hat.«

      »Um Himmelswillen, nein«, wehrte Grit sofort entsetzt ab, »schon allein der Gedanke an Alkohol bereitet mir Unbehagen. Ich glaub, ich werde niemals mehr was trinken nach diesem Exzess.«

      »Entschuldige, ich war etwas unbedacht«, entschuldigte Bettina sich sofort.

      »Nein, du hast es nur gut gemeint, und bestimmt ist dieser Wein köstlich, aber wenn du magst, du kannst ruhig etwas trinken, das macht mir nichts aus.«

      »Ach, ich kann auch verzichten, wenngleich es mich schon ein wenig traurig macht, daran zu denken, dass wir vielleicht künftighin auf die Chateauweine verzichten müssen. Die haben uns doch durch unser Leben begleitet.

      »Vielleicht verkauft Jörg ja doch nicht«, meinte Grit, die durch Bettina von den Absichten ihres Bruders erfahren hatte, das Chateau samt Weingut zu verkaufen.

      »Es schien ihm ernst zu sein … Nach dem Flugzeugabsturz, seiner wundersamen Rettung hat er eine andere Einstellung zum Leben bekommen. Er will das Chateau nicht mehr, weil er Besitz als belastend empfindet.«

      Es dauerte eine Weile, ehe Grit antwortete.

      »Vielleicht hat er ja recht. Einmal abgesehen von dir, du machst ja immer alles richtig, und das meine ich jetzt nicht wertend, haben wir alle kein Glück gehabt, nachdem wir reiche Erben geworden waren. Frieder war vermutlich mit dem Wein-Kontor überfordert und hat einen Fehler nach dem anderen gemacht, ich habe auf den Putz gehauen und Jörg …, jetzt mal ehrlich, Bettina, der hat doch auch alles beinahe gegen die Wand gefahren. Wenn er diesen vortrefflichen Marcel nicht hätte, und wenn du ihm nicht aus der Patsche geholfen hättest, dann wäre sein Erbteil dahingewesen, dann müsste er sich jetzt keine Gedanken um unseren Besitz machen. Sei froh, dass du so anders bist, dass du auf Papa kommst. Du bist die Einzige von uns, die ihr Erbe angenommen und was daraus gemacht hat.«

      »Ich hatte auch Glück, viele Grundstücke sind Bauland geworden und ich habe das Rezept für unser Kräutergold bekommen.«

      »Nun stell dein Licht mal nicht unter den Scheffel, die Grundstücke verkaufst du ja eh nicht, und schon bevor du die Rezeptur bekamst, hast du wie eine Verrückte gearbeitet, um das hier auf Vordermann zu bringen, und zu erhalten. Du hast das ehemalige Gesindehaus umgebaut, dich um Geschäfts­partner bemüht, um den Spiri­tu­osenhandel in Schwung zu bringen.«

      »Teilweise sind sie mir in den Schoß gefallen, weil Frieder sie vergrault hat.«

      »Ach …, Frieder, der hat das Grandiositätsdenken von Mama geerbt, ich wohl auch, denn sonst hätte ich nicht all den Quatsch gemacht und mein glückliches Leben in den Sand gesetzt.«

      Sie machte eine kurze Pause.

      »Bitte, entschuldige, Bettina, dass ich mich dir gegenüber so gräss­lich verhalten habe. Es tut mir wirklich aufrichtig leid.«

      Diese Aussage zog Bettina buchstäblich den Boden unter den Füßen weg, damit hätte sie niemals gerechnet. Sollte Grit wieder die Alte geworden sein oder wenigstens auf dem Weg dahin? Oder war sie von ihrem Komatrinken nur noch so geschwächt und würde sich über kurz oder lang wieder in die grässliche Grit verwandeln?

      Hoffentlich nicht.

      »Grit, nobody ist perfect, wir machen alle unsere Fehler, schön ist doch nur, wenn wir sie einsehen. Ich bin so glücklich, dass wir wieder einen Weg zueinander finden, ganz ehrlich.«

      Wieder war es still zwischen ihnen, aber es war nicht unangenehm.

      Bettina dachte unwillkürlich an Jan. Wie es ihm wohl ergehen mochte in Afghanistan? Sie vermiss­te ihn sosehr, wenn er sie wenigstens anrufen würde, aber das ging ja leider nicht. Das hatte er ihr gesagt.

      Sie schaute in den Himmel, eine Sternschnuppe fiel herunter, das überraschte sie im ersten Augenblick so sehr, dass sie beinahe vergessen hätte, sich etwas zu wünschen.

      Sie schloss die Augen. Ich wünsche mir, dass Jan bald wieder bei mir ist, dass Grit aus ihrem Tief herausfindet … Zu mehr kam sie nicht, denn sie hörte die Stimme ihrer Schwester.

      »Die Sternschnuppe, hast du sie auch gesehen?«

      »Ja, hab ich. Grit, du hast dir doch hoffentlich etwas gewünscht.«

      Grit lachte leise, zum ersten Mal, seit sie auf dem Hof war.

      »Du glaubst doch hoffentlich nicht an diesen Quatsch, aber ich kann mich erinnern, früher, wenn wir in den Ferien hier waren, haben wir uns immer etwas gewünscht und waren furchtbar enttäuscht, weil es niemals in Erfüllung gegangen ist … Ist aber schon merkwürdig. In der Stadt sieht man keine Sternschnuppen.«

      »Hier schon, und ich wünsche mir immer etwas«, bemerkte Bettina.

      »Und sind deine Wünsche je in Erfüllung gegangen?«

      »Hm, manche schon, aber ich glaub’«, gab Bettina zu, »das hatte nichts mit den Sternschnuppen zu tun, immerhin …, es ist noch immer schön, zu träumen.«

      »Du bist eine unverbesserliche Romantikerin, und …« Grit machte eine kurze Pause, um dann fortzufahren: »Ich fahre morgen wieder nach Hause … Ich habe einige unaufschiebbare Dinge zu erledigen.«

      Bettina hätte mit allem gerechnet, aber damit nicht. Musste Grit diesen schönen Abend durch eine solche Ankündigung verderben? Was wollte sie zu Hause? Es erwartete sie niemand, und mit ihnen war es gerade so schön, sie näherten sich an, und verstanden sich beinahe so wie früher. Die Enttäuschung in ihr war so groß, dass sie dazu nichts sagen konnte.

      Auch Grit sagte zunächst nichts, um dann nach einer ganzen Weile unvermittelt zu sagen: »Es war total bescheuert von mir, mir den Schnaps wie Zitronenlimonade reinzuziehen, vor allem …, ich trinke doch normalerweise überhaupt keine harten Sachen, aber …«

      Sie verstummte. Sie erwartete wohl auch keine Antwort von Bettina, die mit geschlossenen Augen in ihrem Sessel saß. Es war so mild, dass man glaubte, von der lauen Luft gestreichelt zu werden. Wieder wanderten Bettinas Gedanken zu Jan. Spürte er denn nicht, wie sehr sie ihn vermisste, wie sehr sie sich um ihn sorgte?

      »Bettina, ich muss dir etwas sagen«, riss Grits Stimme sie aus ihren Gedanken, »etwas, was mir sehr peinlich ist … Ich bitte dich, mit niemandem darüber zu reden, auch mit Leni nicht. Versprichst du mir das?«


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