Dr. Daniel Staffel 1 – Arztroman. Marie Francoise

Dr. Daniel Staffel 1 – Arztroman - Marie Francoise


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Schild ist weg«, erklärte sie und die Erleichterung war unschwer aus ihrer Stimme herauszuhören. »Dr. Daniel ist wieder in seiner Praxis.«

      Gott sei Dank, dachte Marion unwillkürlich. Sie hätte nämlich nicht gewußt, wohin sie ihre Schwester sonst bringen sollte. Schließlich kannte sie sich hier nicht aus.

      Fürsorglich half sie Susanne beim Aussteigen, dann drückte sie den Klingelknopf neben dem Schildchen Praxis. Mit einem dezenten Summen sprang die schwere Eichentür auf.

      Marion ging voran und hielt sich nicht lange mit Vorreden auf.

      »Meine Schwester ist schwanger und hat Blutungen«, erklärte sie der jungen Empfangsdame. »Wir müssen gleich zum Herrn Doktor.«

      Auch Gabi Meindl wußte, daß hier Eile geboten war. »Nehmen Sie noch einen Augenblick im Wartezimmer Platz«, bat sie. »Ich melde Sie sofort beim Doktor an.«

      Es dauerte nicht einmal zwei Minuten, bis Susanne ins Sprechzimmer gerufen wurde.

      »Guten Tag, Frau Hartwig«, begrüßte Dr. Daniel sie freundlich.

      »Sie kennen mich noch?« fragte Susanne erstaunt und vergaß dabei für einen Moment, weshalb sie hier war.

      Dr. Daniel lächelte. »Ich habe ein recht gutes Namensgedächtnis. Außerdem waren Sie ja immer regelmäßig bei mir – abgesehen von den vergangenen fünf Jahren.«

      »Ich wußte nicht, wohin Sie gegangen waren«, erklärte Susanne. »Ich war in Urlaub, und als ich zurückkam, war die Praxis geschlossen.«

      Dr. Daniel senkte den Kopf. Noch immer wurde er nicht gern an diese schreckliche Zeit erinnert.

      »Und was führt Sie heute zu mir?« lenkte er dann ab. »Meine Empfangsdame sagte, es wäre sehr dringend.«

      »Ich glaube, das ist es auch, Herr Doktor«, gestand Susanne ein wenig verlegen. »Ich bin schwanger… ungefähr achter Monat und… ich habe Blutungen. Seit gestern.«

      Besorgt runzelte Dr. Daniel die Stirn. »Das ist in den meisten Fällen kein gutes Zeichen. Haben Sie Ihren Mutterpaß dabei?«

      Wieder errötete Susanne. »So etwas habe ich nicht.«

      Erstaunt sah Dr. Daniel sie an. »Wie bitte? Aber Sie müssen von Ihrem behandelnden Arzt doch einen Mutterpaß bekommen haben.«

      Susanne senkte den Kopf. »Ich war nie bei einem Arzt.«

      Dr. Daniel hatte das Gefühl, als hätte man ihn mit einem Hammer auf den Kopf geschlagen.

      »Sie waren nie…«, begann er fassungslos, dann schüttelte er den Kopf. »Das ist doch nicht möglich! Sie waren während Ihrer ganzen Schwangerschaft nicht ein einziges Mal bei einem Arzt?«

      Susanne schluckte schwer. »Ich dachte… es wäre nicht nötig. Ich… ich fühlte mich gut und…« Sie brachte den Satz nicht zu Ende.

      »Das ist unverantwortlich, Frau Hartwig«, erklärte Dr. Daniel ernst, dann stand er auf. »Bitte, kommen Sie mit mir ins Untersuchungszimmer.«

      Susanne folgte ihm, dann trat sie auf seine Aufforderung hin unter den dezent gemusterten Wandschirm und machte sich frei.

      »Legen Sie sich bitte auf die Untersuchungsliege«, bat Dr. Daniel. »Ich will mir das Ganze erst einmal als Ultraschall anschauen. Vielleicht entdecken wir dann auch gleich den Grund für Ihre Blutungen.« Er schwieg kurz. »Wie war die Farbe des Blutes, das Sie verloren haben? Hellrot oder dunkelrot?«

      »Dunkel«, antwortete Susanne, ohne lang zu überlegen. »Es war dunkelrot.« Sie zögerte einen Moment. »Haben Sie einen Verdacht, Herr Doktor?«

      Dr. Daniel nickte. »Ja, Frau Hartwig, ich vermute, daß sich Ihre Plazenta vorzeitig gelöst hat.«

      Susanne erschrak. »Ist das schlimm?«

      »Wenn sich mein Verdacht bestätigt, dann ist das sogar sehr schlimm«, entgegnete Dr. Daniel ernst. »Es bedeutet nämlich, daß Ihr Baby in Gefahr ist. Wenn sich die Plazenta vorzeitig löst, kann das Kind nicht mehr ausreichend versorgt werden.«

      »O mein Gott«, stöhnte Susanne leise auf. »Heißt das…, es wird…, sterben?«

      »Nein, Frau Hartwig, so schwarz müssen Sie nun auch nicht gleich sehen«, versuchte Dr. Daniel sie zu beruhigen. »Erst mal müssen wir ja die Ursache für Ihre Blutungen herausfinden. Die vorzeitige Lösung der Plazenta ist nur eine von etlichen Möglichkeiten.«

      Susanne nickte, doch die Angst um ihr Kind war ihr deutlich anzusehen, und sie verfluchte ihre Sorglosigkeit, mit der sie in diese Schwangerschaft gegangen war.

      Ein wenig mühsam, weil ihre Knie so entsetzlich zitterten, kletterte Susanne auf die Untersuchungsliege.

      »Sie müssen keine Angst haben«, erklärte Dr. Daniel. »Die Ultraschalluntersuchung ist nicht schmerzhaft. Nur das Gel, das ich auf Ihrem Bauch verteilen muß, ist ein wenig kalt. Erschrecken Sie also bitte nicht.«

      Die Ultraschallaufnahme bestätigte Dr. Daniels Verdacht. Die Planzenta hatte sich tatsächlich schon teilweise gelöst, und es war nur noch eine Frage der Zeit, bis Susannes Baby in Lebensgefahr geraten würde.

      »Sie müssen umgehend ins Krankenhaus«, meinte Dr. Daniel. »Ich werde in der Klinik von Dr. Sommer in München anrufen und gleich einen Krankenwagen kommen lassen. Sie können sich in der Zwischenzeit wieder ankleiden, Frau Hartwig.« Er zögerte einen Moment. »Sind Sie in Begleitung hier?«

      Susanne nickte. »Meine Schwester sitzt im Wartezimmer.«

      »Gut. Schicken Sie sie nach Hause. Sie soll einen kleinen Koffer für Sie packen und dann gleich wieder herkommen. Der Krankenwagen wird in ungefähr einer halben Stunde hier sein.«

      Dr. Daniel wartete, bis Susanne das Untersuchungszimmer verlassen hatte, dann schüttelte er völlig fassungslos den Kopf. Da hatte er geglaubt, Susanne Hartwig sei eine kluge, vernünftige Frau, und dann mußte er erfahren, daß sie bei ihrer ersten Schwangerschaft so leichtsinnig war und keine der wichtigen Vorsorgeuntersuchungen wahrgenommen hatte. Es war wirklich unbegreiflich.

      Mit einem tiefen Seufzer ging Dr. Daniel in sein Sprechzimmer und nahm den Telefonhörer ab. Wenig später war er mit der Klinik seines besten Freundes in München verbunden.

      »Grüß dich, Schorsch«, begrüßte er den Chefarzt, Dr. Georg Sommer.

      »Robert!« Man hörte an Dr. Sommers Stimme, daß er sich freute. »Nett, daß du mal etwas von dir hören läßt.«

      »Leider rufe ich nicht zu meinem Vergnügen an, Schorsch«, erklärte Dr. Daniel. »Ich habe hier eine schwangere junge Frau – vermutlich achter Monat. Die Plazenta hat sich teilweise gelöst.«

      »Ich schicke dir sofort einen Wagen«, versprach Dr. Sommer.

      »Ja, aber nach Steinhausen.«

      »Wie bitte?« fragte Dr. Sommer überrascht. »Seit wann bist du wieder in Steinhausen?«

      »Seit Samstag«, antwortete Dr. Daniel, dann gestand er: »Es ist verdammt schwer, aber ich werde durchhalten.« Er zögerte einen Moment, dann fügte er hinzu: »Irene ist aus Kiel gekommen und wird bei mir bleiben.«

      »Das ist gut«, meinte Dr. Sommer. »Ich hätte dich ungern ganz allein in der Villa gewußt. Bleib einen Augenblick am Apparat, Robert. Wir können uns gleich weiter unterhalten.« Es knackte in der Leitung, doch nach ein paar Sekunden meldete sich Dr. Sommer wieder. »Also, der Krankenwagen ist unterwegs zu dir, und im OP wird alles vorbereitet. Ich habe seit kurzem übrigens einen erstklassigen Chirurgen. Vierzig Jahre alt und ein absolutes As auf seinem Gebiet. Deine Patientin ist also in den besten Händen.«

      »Weiß ich, Schorsch. Du hattest schon immer ein erstklassiges Team.«

      »Danke für die Blumen.« An seiner Stimme hörte Dr. Daniel, daß er lächelte, dann wurde er wieder ernst. »Also, Robert, heraus mit der Sprache, warum bist du jetzt schon nach Steinhausen zurückgegangen?«

      »Jetzt


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