IRONCUTTER - Die Geheimnisse der Toten. David Achord

IRONCUTTER - Die Geheimnisse der Toten - David Achord


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an dem Schuppen ein, um einen Blick auf meinen Buick zu werfen. Nun, da ich neugierig geworden war, sah ich mich etwas genauer in dem Schuppen um, fand aber keine Spur von den Fahrtenbüchern. Nach einem letzten langen Blick auf den Buick wollte ich mich schon zum Gehen wenden, blieb aber dann urplötzlich stehen.

      Einer Eingebung folgend, öffnete ich den Kofferraum, und siehe da, da waren sie, eingewickelt in ein Stück Abdeckplane und unter das Reserverad gestopft. Ich spähte kurz aus dem Schuppen hinaus, ob mich jemand beobachtete, schnappte mir die Bücher und nahm sie mit.

      Wieder auf der Straße rief ich sofort Ronald an. »Wie ist der Krieg gelaufen?«, begrüßte ich ihn.

      »Oh Mann, das war der Wahnsinn. Ich war der FC einer Zweihundert-Mann-Flotte. Wir hatten genau die richtige Anzahl an DPS, ECM und Logis dabei. Mein Späher aktivierte dann ein Cyno tief im feindlichen Gebiet und …«

      »Ronald«, unterbrach ich ihn, »ich habe keine Ahnung, wovon du da gerade redest.«

      »Oh, sorry. Ich verzettele mich da gern mal. Also, wie geht es dir? Wer war das atemberaubende Mädchen bei dir?«

      »Das ist Anna, und wenn du schön brav bist, stelle ich dich ihr irgendwann vor.« Er kicherte nervös.

      »Wo steckst du gerade? Laut GPS von deinem Telefon bist du in Rockvale.«

      Ich seufzte. Dieser kleine Scheißer hatte über seine Computer auch Zugang zu meinem iPhone und wusste deshalb immer ganz genau, wo ich mich befand. Er hatte es eingerichtet, ohne mich um Erlaubnis zu fragen. Als ich dahintergekommen war, war ich ein wenig verärgert gewesen, aber dann hatte ich mir gesagt, dass Ronald harmlos war. Außerdem würde er so meine Leiche finden, falls mich eines Tages mal jemand entführen und umbringen würde … oder zumindest mein Telefon.

      »Ich komme gerade von Rhodas Haus. Das FBI war mit einem Durchsuchungsbefehl bei ihr«, erklärte ich ihm.

      »Oh wow, wonach haben die denn gesucht?«

      »Ich bin mir nicht ganz sicher. Laut richterlicher Anordnung bezog sich die Durchsuchung auf eine laufende Ermittlung bei der Robard Trucking Company. Der Wortlaut war recht vage, wahrscheinlich absichtlich. Im Prinzip heißt es darin nur, dass man nach Dokumentationen, Aufzeichnungen und Fahrtberichten im Zusammenhang mit seiner Anstellung bei der Firma gesucht hat. Bei den Fahrtberichten handelt es sich wohl um eine subtile Umschreibung von Lesters Fahrtenbüchern.«

      »Okay, und was wirst du jetzt tun?«

      »Ich werde versuchen herauszufinden, weshalb das FBI in der ganzen Sache drinsteckt, und werde mir seine Fahrtenbücher mal genauer ansehen. Würdest du in der Zwischenzeit ein wenig bei seiner Bank in Detroit herumschnüffeln?«

      »Sicher, aber das könnte ein oder zwei Tage dauern. Meine Allianz ist nämlich gerade in einen heftigen Krieg verwickelt.«

      Ich biss mir auf die Zunge. Ronald verlor sich hin und wieder ganz und gar in den Fantasiewelten seiner Computerspiele. Außerdem war er, was seine sozialen Kompetenzen anbelangte, viel zu unbeholfen, um sich mit anderen Menschen irgendwo anders als im Cyberspace treffen zu können. In der Vergangenheit hatte ich versucht, ihn hin und wieder dazu zu bewegen, mehr unter Leute zu gehen, aber das war ein absolut nutzloses Unterfangen gewesen.

      »Okay, Kumpel, wie du Zeit hast«, sagte ich und legte auf. Mein nächster Anruf galt einer Nummer, die mir mittlerweile nicht mehr unbekannt war.

      »Hallo, hier spricht Thomas Ironcutter. Ich wollte mich ja wieder bei Ihnen melden.« Es war die ältere Dame, die wegen meiner Gage ein Riesenfass aufgemacht hatte.

      »Hallo, hier spricht Esther Braxton«, antwortete sie in einem Tonfall, dem anzuhören war, dass es ihr unangenehm war, sich selbst zu erkennen zu geben. »Wir hatten bereits eine kurze Unterredung, etwas zu kurz für meinen Geschmack.«

      »Ja, Ma’am. Ich erinnere mich. Bevor wir dieses Gespräch weiterführen, habe ich allerdings zwei Fragen an Sie.«

      Sie atmete geräuschvoll aus, was zweifellos verdeutlichen sollte, dass sie weder die Zeit noch die Geduld für triviale Fragen hatte. »Was sind das denn für Fragen, Mr. Ironcutter?«

      »Zuerst einmal … meine Gage ist nicht verhandelbar, deshalb lautet meine erste Frage: Können Sie sich mich leisten? Bevor Sie antworten, möchte ich Sie noch einmal darauf hinweisen, dass ich meine Zeit nicht mit Fällen ehelicher Untreue oder dergleichen verschwende. Ich vermute nämlich, dass dies genau der Grund ist, weshalb sie mich engagieren wollen. Weshalb meine zweite Frage lautet: Glauben Sie, Sie können mich überreden, meine Grundsätze diesbezüglich zu ändern?«

      »Sie wurden mir von jemandem empfohlen, der Ihnen vertraut. Ich werde den Namen dieser Person nicht preisgeben, aber sie hat offenbar eine sehr hohe Meinung von Ihnen. Man sagte mir, Sie seien überaus kompetent und würden mit einem Höchstmaß an Diskretion zu Werke gehen. Nun, um Ihre erste Frage zu beantworten … ich kann Sie mir sehr wohl leisten, auch wenn ich Ihre Gage für geradezu unverschämt hoch halte. Die Beantwortung Ihrer zweiten Frage gestaltet sich etwas komplizierter. Ich würde diesen Punkt lieber mit Ihnen persönlich besprechen.« Sie wartete auf meine Antwort. Demnach war es also tatsächlich ein Seitensprung. Ich holte Luft, um etwas zu entgegnen, doch dann fuhr sie fort: »Ich bin bereit, Ihnen hundert Dollar dafür zu bezahlen, dass Sie sich mit mir treffen und meine … Situation mit mir besprechen. Aber nur in bar. Ich pflege nämlich sämtliche meiner Transaktionen bar abzuwickeln.« Ich nahm unwillkürlich Haltung an. Nur Bares ist Wahres, das war schon immer meine Devise gewesen. »Sehr gut«, sagte ich. »Es ist schon spät. Vielleicht können wir uns gleich morgen früh treffen? Haben Sie einen speziellen Ort dafür im Sinn?«

      »Könnten wir uns vielleicht am Belle-Meade-Eingang des Percy-Wagner-Parks treffen? Oben auf dem Hügel gibt es einen Picknicktisch, von dem aus man einen wundervollen Blick über diesen hübschen Golfplatz hat. Wie wäre es dort, morgen Vormittag, um zehn Uhr?«

      »Ich würde sagen, wir haben eine Verabredung. Sie erkennen mich an meinem Auto, ein ziemlich elegantes schwarzes Cadillac Cabriolet aus dem Jahre 1961. Das großartigste Gefährt in ganz Nashville. Oh, und möglicherweise ist eine meiner Angestellten bei dem Gespräch dabei.«

      »Wie Sie wünschen, Mr. Ironcutter. Alles, worum ich Sie bitte, ist Diskretion. Diskretion ist hierbei unerlässlich.« Sie legte auf. Den Rest meiner Nachrichten ignorierte ich erst einmal und ließ mich auf der Heimfahrt nur von meinen eigenen Gedanken in Beschlag nehmen.

      Kapitel 10

      Anna wartete bereits auf mich, als ich die Auffahrt hinauffuhr. Sie saß mit untergeschlagenen Beinen in einem der Schaukelstühle und Henry leistete ihr Gesellschaft. Davon war ich gleichermaßen erfreut wie unangenehm berührt. Ich parkte meinen Truck, lief zur Veranda hinauf und ließ mich kurz darauf in einen der anderen Stühle fallen. Ihre Augen waren vom Weinen ganz rot und geschwollen.

      »Ich mag diese Stühle. Sie wirken als wären sie direkt für einen angefertigt worden. Sind die von IKEA?«

      Ich schnaubte verächtlich. »Ich habe sie von einem Amish-Handwerker gekauft. Die sind handgemacht und für die Ewigkeit gebaut.«

      »Ja, das sind sie wohl«, erwiderte sie.

      »Wie lief es denn?«, fragte ich vorsichtig.

      »Es war furchtbar. Sie haben mich über alles ausgefragt. Ich meine, wir waren nur ganz kurz zusammen, aber sie wollten alles Mögliche wissen. Ich sollte ihnen jede Art von illegaler Aktivität beschreiben, in die wir je verwickelt gewesen waren. Sie wollten wissen, ob noch jemand in unsere Beziehung involviert war, ob die Möglichkeit besteht, dass ich schwanger bin … einfach alles. Es war sehr unangenehm und sogar unanständig, um ehrlich zu sein. Anschließend haben sie mich gefragt, ob es einen sicheren Ort gäbe, an dem ich mich aufhalten könne, und da musste ich sofort an Sie denken. Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus.« Ich zuckte mit den Achseln und verspürte den Wunsch nach einem Drink.

      »Wie auch immer. Zwei Detectives begleiteten mich daraufhin in die Stadt, um dort einen Haftbefehl und eine Schutzanordnung ausstellen


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