Dr. Norden Bestseller Staffel 3 – Arztroman. Patricia Vandenberg

Dr. Norden Bestseller Staffel 3 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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sie nicht die Arbeiten der Mutter im Haus machen könnten, damit sie nicht die Stellung verlöre.

      Daß Frau Nowatzki wieder so arbeiten könnte, war ein Ding der Unmöglichkeit. Dr. Norden wußte das, wenn er es den Kindern auch nicht sagte. Wenn das Bein gerettet wurde, wie Prof. Leibrecht hoffte, würde es steif bleiben, und damit wäre sie dann noch sehr gut davongekommen.

      Aber Dr. Norden konnte jetzt auch schon einigermaßen beruhigt an die Zukunft Frau Nowatzkis und ihrer Kinder denken, denn selbst Herr Brettschneider zeigte sich von seiner großzügigsten Seite und hatte ihm erklärt, daß sie die Wohnung auf jeden Fall behalten könnten und Frau Nowatzki auch gegen jeden Unfall versichert sei.

      Da er selbst Generalvertreter einer Versicherung war, war er sehr darauf bedacht, seine Angestellten sehr gut abzusichern. Selbstlos war er dabei zwar nicht gerade, denn es wurde vom Gehalt abgezogen, aber vor Dr. Norden zeigte er sich doch sehr großzügig. Natürlich bedauerte er auch, eine so fleißige Kraft zu verlieren, aber er meinte, daß sie intelligent genug sei, um sie auch im Büro beschäftigen zu können. Ehrliche Leute wie sie finde man halt selten.

      Ja, es hätte alles eigentlich recht gut für Frau Nowatzki ausgesehen, wenn sie nur schon über den Berg gewesen wäre, aber bei solchen Verletzungen mußte man leider immer mit Rückfällen rechnen.

      Daniel Norden schob solche Gedanken aber weit von sich, weil sie ihm gar nicht ins Bild paßten. Sie wird gesund werden, dachte er. Leibrecht hat sein Bestes getan.

      Dann schicken wir sie für ein paar Wochen auf die Insel der Hoffnung, und die Kinder werden wir schon über die Runden bringen. Jetzt, wo sie trotz des Unglücks endlich auch mal ein bißchen Glück haben könnten, muß der Herrgott gnädig sein.

      *

      Danny fand es herrlich, in Ursel eine so geduldige Spielkameradin zu haben, die alles mit sich machen ließ, die nicht kochen mußte, nicht zum Telefon rannte und immer wieder die Bausteine aufbaute, die er übermütig mit dem Wort »paputt« mit seinen kleinen Fäusten zusammenstürzen ließ.

      »Du mußt auch mal aufbauen, Danny«, sagte Ursel. »Paß mal auf, so macht man das.«

      Er sah sie ganz erstaunt an, aber dann versuchte er es, und es gelang ihm, wenn auch mit Ursels Hilfe, einen hohen Turm zu bauen.

      »Ui fein«, rief er aus und klatschte in die Hände, aber von der Erschütterung stürzte der Turm wieder ein.

      »Wieder paputt«, sagte er.

      »Dann bauen wir wieder auf«, meinte Ursel.

      Fee schaute ihnen schon eine Weile durch die Tür zu, ohne sich aber bemerkbar zu machen.

      Ich kann auch noch was lernen, dachte sie. Aber es war halt für sie schon ein bißchen beschwerlich geworden, am Boden herumzukriechen.

      »Wenn ihr dann ein Baby habt, kannst du ihm viel beibringen, Danny«, sagte Ursel.

      »Baby«, lachte Danny, »Danny groß, sooo groß.« Er streckte sich, so hoch es ging. Dann ging er wieder eifrig ans Werk, und schon brauchte Ursel nicht mehr so viel nachzuhelfen.

      Frank ging indessen Lenni zur Hand und schlug überall da Nägel ein, wo sie schon längst eingeschlagen gehört hätten, richtete die Flaschenregale im Keller auf, schraubte eine Dichtung in den Wasserhahn, der seit ein paar Tagen tropfte.

      Nur so herumsitzen und warten wollten sie nicht. Sie waren gewohnt, ihrer Mutti zur Hand zu gehen, es machte sie einfach verlegen, daß sie plötzlich von anderen Menschen umsorgt wurden.

      Gutgeratene Kinder waren sie. Frau Nowatzki konnte stolz sein, aber was nützte dieses Gefühl, wenn man sich noch so große Sorgen machen mußte.

      »Einfach davonzulaufen vor der Verantwortung, so was von feige«, murmelte Frank, und Lenni wußte, wem diese Worte galten.

      »Ihr schlechtes Gewissen wird sie umhertreiben«, sagte sie. »Ich kann dich verstehen, Frank. Ich war auch mal so verbittert, weil ein Mann das Leben meines Mannes und meiner Mutter auf sein Gewissen geladen hat. Ich habe gedacht, daß er ein Mörder sei und ihm gleiches Leid gewünscht. Er hat sich das Leben genommen, und da begriff ich, daß er mit seinen Schuldgefühlen auch nicht fertig wurde. Wir wollen hoffen, daß die Buben wieder heimkommen, damit du dich nicht später auch mal mit solchen Schuldgefühlen plagen mußt. Die kommen nämlich von selbst. Ich war drauf und dran, meinem Leben selber ein Ende zu machen.«

      Lenni hatte noch nie darüber gesprochen. Frank wußte nicht, daß sie eigentlich ganz anders hieß und ihren Namen dem kleinen Danny verdankte, der es damals nicht begriffen hatte, daß das gute alte Lenchen, das immer um ihn herum war, gestorben war.

      Frank sah Lenni mit großen ernsten Augen an. »So sehen Sie gar nicht aus«, sagte er treuherzig.

      »Ich habe es Dr. Norden zu verdanken, daß es nicht so weit kam«, sagte sie leise, »und ich sage es dir nur ganz im Vertrauen. Nur dir, Frank. Denk daran, daß zwei Elternpaare jetzt auch um ihre Söhne bangen.«

      »Wenn sie heimkommen, dürfen sie sich aber schön zusammennehmen«, sagte er. »Sie machen ihren Eltern viel Scherereien.«

      »Und dennoch lieben sie ihre Kinder. Sie werden sich jetzt auch Gedanken machen, sonst wären sie doch nicht davongelaufen.«

      »Da haben Sie eigentlich recht, Lenni«, sagte Frank. »Und vielleicht weiß ich sogar, wo sie sich verstecken. Ich muß da mal hin.«

      »Wohin?«

      »Zum alten Schießstand. Ich habe sie da mal gesehen. Sie haben so einen Bau dort. Sie haben mich angekeift, als ich zufällig daherkam. Hauen tun die schnell.«

      »Du gehst da nicht allein hin«, sagte Lenni energisch. »Das kommt gar nicht in Frage.«

      »Aber das findet keiner so schnell«, sagte Frank. »Ich weiß nicht mal, ob ich es auch gleich finde.«

      »Dann versuchst du es, dem Kommissar den Weg zu zeigen.«

      »Und sie sagen dann, daß ich sie verpfiffen habe. Sie haben schon manchen zusammengehauen.«

      »Ein Grund mehr, daß du nicht allein hingehst. Das ist unmöglich«, sagte Lenni. »Da sprechen wir erst mal mit Frau Dr. Norden.«

      *

      Für alles wußte Fee wahrhaftig keinen Rat, aber in diesem Fall hielt sie es für das Nächstliegende, sich mit den Eltern der Buben in Verbindung zu setzen.

      Sie waren beide nicht anzutreffen, da sie sich auf eigene Faust auf die Suche nach ihren Söhnen begeben hatten und alle jungen Leute aus dem Bekanntenkreis abklapperten. Sie trauten den Lausbuben nämlich allerlei zu, wenn sie das auch ungern eingestanden. Und Fee konnte davon nichts wissen.

      Also Kommissar Röck, denn die Nacht kam schnell und Frank war nicht so sicher, wo sich dieser alte Schießstand befand. Vielleicht wußte die Polizei darüber mehr.

      Kommissar Röck war auch nicht zu erreichen und mit einem anderen wollte Fee nicht sprechen, weil Frank nicht unwillkürlichen Fragen ausgesetzt werden sollte. So sagte sie, daß der Kommissar sie anrufen möge.

      Das geschah dann eine gute halbe Stunde später, und schon eine weitere Viertelstunde später kam er dann höchstpersönlich.

      »Frank kann mir alles unterwegs erzählen«, sagte er. »In einer Stunde ist es stockdunkel und wenn wir mit Scheinwerfern anfangen, locken wir nur wieder Schaulustige herbei.«

      Er hatte eine Karte, in der alle Überbleibsel des letzten Krieges eingezeichnet waren, die in dem großen Waldstück verstreut lagen.

      Ursel hatte ganz bange Augen, aber Fee tröstete sie damit, daß ja Kommissar Röck und seine Leute Frank beschützen würden.

      »Robert und Alfred können nämlich wirklich richtig böse sein, Frau Doktor«, sagte sie. »Nicht bloß so frech wie andere Buben. Aber das macht, weil sie immer mit diesen Lederjacken beisammen sind. Von denen lernen sie alles.«

      Fee dachte nach. Zwei Jungen aus gutbürgerlichen Familien, die alles


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