Dr. Norden Bestseller Staffel 3 – Arztroman. Patricia Vandenberg
sind auch welche dabei, die schießen.«
Fee wurde es Angst. Aber sie baute auf Kommissar Röcks Erfahrung. Sie zwang sich Optimismus auf.
»Mach dir nur keine Sorgen, Ursel. Frank wird nicht in Gefahr gebracht. Herr Röck hat auch eine Tochter.«
»Ja, so einen Vater müßte man haben, dann wäre alles in Ordnung«, sagte Ursel. »Dann hätte Mutti sich nie so plagen müssen.« Ganz melancholisch blickte sie drein.
Warum bekommen nur die nettesten und fleißigsten Frauen oft solche leichtfertigen Männer, fragte sich auch Fee. Um so höher war es aber auch zu bewerten, daß Frau Nowatzki ihre Kinder so gut erzogen hatte.
Nun saßen sie wieder mal da und warteten, während in der Frauenklinik sich ein Drama anzubahnen schien, von dem Leslie bisher aber nichts ahnte, was aber den Ärzten den Angstschweiß durch die Poren trieb.
Das ungeborene Kind hatte sich unvorhersehbar schnell gedreht und die Wehen waren trotz aller Gegenmaßnahmen auch so rasch gekommen, daß nur äußerste Geschwindigkeit das Leben des Kindes noch retten konnte, denn es lag in einer äußerst ungünstigen Position.
»Das hat uns noch gefehlt«, sagte Dr. Leitner heiser, denn er hatte schon so um das Leben der jungen Mutter gefürchtet, das nun aber noch in doppelte Gefahr geraten war.
Zum Glück sprach Leslie schnell auf die Vornarkose an. Im Operationssaal war alles vorbereitet.
»Mein Gott, ist die schön«, sagte eine junge Schwester, als Leslie hereingefahren wurde. Es mochte sein, daß sie noch nie so schön gewesen war wie jetzt, in der Stunde, in der ihr Schicksal nur in die Hände von einem Arzt gelegt wurde, dem selbst nicht das glücklichste Leben beschieden war.
Nichts hatte Dr. Georg Leitner so ersehnt wie ein glückliches Familienleben, wie es seinen Studienfreunden Daniel Norden und Dieter Behnisch beschieden war. Manchmal hatte er geglaubt, einem solchen schon ganz nahe zu sein, aber immer hatte ihm das Schicksal dann einen Streich gespielt.
So vielen Kindern hatte er schon zu einem glücklichen Erdendasein verholfen, in viele strahlende Mutteraugen geblickt, sein Wunsch, eine liebevolle Frau, ein Kind oder auch ein ganzes Dutzend zu haben, war bishe unerfüllt geblieben. Dabei war er der Älteste der drei Freunde. Aber jedesmal, wenn es kritisch wurde, kämpfte er, als ginge es um seine Frau, um sein Kind, und diesmal sollte ihm alles abverlangt werden.
*
»Ich möchte doch noch mal in der Klinik anrufen«, sagte Gisi zu ihrem Mann, nachdem Denise endlich eingeschlafen war. Es war so, als würde sie gar keinen Schlaf mehr brauchen. Sie wollte nur noch mit ihren Eltern reden, und allein Gisis Erklärung, daß der Papi auch dringendst der Ruhe bedürfe, hatte das Kind dann doch selbst zum Einschlafen bewegt.
»Es ist schon so spät, Liebling«, sagte Raimund. »In den Kliniken haben sie es nicht so gern, wenn man dann noch stört. Du hast doch gesagt, daß Leslie gut in Form war.«
»Sie läßt sich ja nichts anmerken, und sie hat sich gefreut, als Herr Röck kam. Ich finde es ja wahnsinnig nett, daß er sich so um sie kümmert.«
»Erstaunlich für einen Polizisten«, brummte Raimund.
»Sag das nicht so abwertend. Er ist ein sehr gut aussehender, gebildeter Mann«, sagte Gisi.
»Und du läßt deine Phantasie in die Ferne schweifen«, lächelte ihr Mann. »Er fühlt sich schuldbewußt.«
»Was habe ich denn gesagt?« fragte Gisi.
»Daß er gut aussieht und sich sehr nett um Leslie kümmert. Aber kannst du sie dir an der Seite eines Polizeibeamten vorstellen?«
»So habe ich es nun auch wieder nicht gemeint, aber abgesehen davon, wäre das nicht besser, als an der Seite eines Zigeuners?«
»Jack war kein Zigeuner«, sagte er brummig.
»Nun ja, es mag übertrieben sein. Sagen wir Nomade, aber dagegen kannst du nichts sagen. Sie hätte doch nie ein richtiges Zuhause gehabt.«
»Sie schon. Dafür hätte er gesorgt«, sagte Raimund. »Ich will einräumen, daß sie viel allein gewesen wäre. Du hast es gut, mein Schatz. Du hast deinen Mann wenigstens nachts.«
»Ich bin es ja zufrieden. Ich kann mich nicht beklagen und würde mich nie beklagen, Raimund, aber Jack war das Extrem zu dir.«
»Als wir jung waren, ist mir das gut bekommen. Ich war phlegmatisch, er hat mich immer wieder aufgemöbelt. Er war ein intelligenter Bursche.«
»Er hätte es auf einem ruhigeren Posten auch weit bringen können«, sagte Gisi.
»Ihn lockte die weite Welt mit all ihren Geheimnissen. Du warst mir genug Geheimnis«, scherzte er.
»Ich bin ein offenes Buch«, protestierte sie.
»Sag das nicht. Ich entdecke jetzt völlig neue Seiten an dir.«
»Daran ist nur Denni schuld. Sie hat unseren Geist beflügelt.«
»Sie ist zauberhaft. Ich habe die hübscheste und klügste Tochter der Welt«, sagte er zufrieden.
»Jeder sieht sein Kind so, wie es ihm paßt. Ich habe die empfindsamste Tochter der Welt. Du bist ein eitler Vater.«
»Wollen wir streiten?« fragte er blinzelnd.
»Das können wir ja gar nicht. Morgen kommen unsere Eltern, deine und meine, und die würden uns was husten, wenn bei uns Unfrieden wäre.«
»Wieso kommen sie?« fragte er verblüfft.
»Weil sie erfahren haben, daß ihr Goldsohn und ihr Goldschwiegersohn einen Unfall hatte. Woher weiß ich nicht. Da mußt du sie fragen.«
»Ei der Daus, da muß ich ja schnell gesund werden, sonst werde ich von Mutter und Schwiegermutter krank gepflegt.«
»Es könnte sein, mein Schatz«, sagte Gisi, und dann hatte sie vergessen, daß sie in der Klinik anrufen wollte.
*
Während dort nervige Arzthände am Werk waren, hatte Kommissar Röck mit seiner Begleitung und dem Jungen Frank das Waldstück erreicht. Es war schon sehr dämmrig.
»Ich kenn mich gar nicht mehr aus«, sagte Frank. »Es sieht alles so gleich aus. Ich weiß nur, daß in der Nähe so ein Platz war, wo die Leute Schutt abgeladen haben. Daran erinnere ich mich jetzt, weil ich mich so darüber geärgert habe.«
»Du bist ein gescheiter Junge«, sagte Helmut Röck. »Ich ärgere mich über solche Plätze auch immer. Du bleibst jetzt hier, Frank.«
»Ich möchte aber mitkommen«, sagte der Junge.
»Wenn Robert und Alfred wirklich in der Höhle sind, ist es möglich, daß sie nicht allein sind«, sagte der Kommissar.
»Sie meinen die Rocker? Nein, denen hätten sie davon bestimmt nichts verraten. Vor denen haben sie sich dort doch versteckt, wenn was im Gange war«, sagte Frank.
»Was weißt du?«
»Nur, was die anderen so sagen. Das macht die Runde. Ich hatte keine Zeit, mich darum zu kümmern. Ich mußte lernen. Schließlich wollte ich schnell mit der Schule fertig werden, und außerdem war ich für die sowieso nur ein Muttersöhnchen.«
»Welch ein Glück für dich«, sagte der Kommissar leise. »Die Rocker haben also ein anderes Versteck?«
»So ’ne Kellerkneipe, die geschlossen worden ist, weil das Haus abgebrochen werden soll. So redet man«, sagte Frank, »aber sagen darf man’s halt nicht, sonst ist man dran. Und ich habe es jetzt gesagt.«
»Aber du bist nicht dran. Und du hältst dich auch hier raus. Besser ist besser. Wenn wir die Burschen hier finden, ziehst du dich gleich zurück. Da, der dunkle Wagen, in dem bleibst du, und du versprichst mir, daß du nicht den starken Mann spielst.«
»Ich verspreche es, Herr Kommissar. Wegen Mutti, sie darf sich nicht aufregen.«
»Sehr