Marken müssen bewusst Regeln brechen, um anders zu sein. Dominic Multerer
das Machen gewonnen: Erkenntnis. Aber: Ohne ein Ziel und ohne Vision ist alles für die Katz!
1 Frédéric Winckler, vgl. http://www.wuv.de/digital/wir_stopfen_den_menschen_so_lange_werbung_in_den_hals_bis_sie_uns_hassen
VOM BEWUSSTSEIN ZUM MACHEN
Verschicken Sie doch mal eine Karte zu Ostern. Fast alle verschicken zu Weihnachten Karten, sodass wir alle jedes Weihnachtsfest einen ganzen Stapel Karten mit guten Wünschen zum Fest und zum Jahreswechsel bekommen. Wissen Sie am nächsten Tag noch, von wem Sie eine Karte bekommen haben? Einige werden da schon nachdenken müssen. Und wie sah die Karte aus? Jetzt kommen noch mehr ins Grübeln. Dieses einfache Beispiel zeigt: Wenn alle das Gleiche machen, fällt es kaum auf.
Kauf mich!
Haben Sie schon einmal eine Karte zu Ostern bekommen? Nein? Warum nicht? Es macht eben keiner. Eine einleuchtende Begründung habe ich noch nicht gefunden. Es scheint gesellschaftliche Konvention zu sein, zu Ostern keine Geschäftsgrüße zu verschicken. Steht irgendwo, dass dies verboten ist? Nein! Man macht es nur nicht. Wenn ich Ihnen zu Ostern eine Karte schicke, falle ich in der üblichen Post auf. Auf Nachfrage würden Sie sich vermutlich daran erinnern: Ja, da war etwas Ungewöhnliches. Warum fällt das auf? Es ist anders; ein Bruch einer Kommunikationsregel. Ich habe etwas gewagt, was andere nicht machen. Ich habe mich differenziert – abgesetzt von der Masse.
Dabei braucht es für diese Aktion wenig. Alles, was Sie benötigen, sind eine Karte, ein geiler Spruch und eine Briefmarke. Anschließend versenden Sie diese Karte zu einem Datum oder zu einem Ereignis, zu dem das nicht erwartet wird. Der Empfänger wird überrascht sein (vgl. Kapitel: Prinzip »Unberechenbar«). Machen kann das jeder. Es ist keine Frage des Budgets. Man muss nur die Idee dazu haben und sie dann umsetzen – einfach machen!
Warum macht man solche Aktionen? Es geht um Aufmerksamkeit. Werbung hat wie auch Kommunikation im Allgemeinen eine beabsichtigte und beeinflussende Wirkung auf uns Menschen. Das heißt, wir wollen mit Kommunikation ein ganz bestimmtes Ziel erreichen. Dafür müssen bestimmte Reize eingesetzt werden, um eine Handlung auszulösen. Die Macht der Werbung liegt darin, zum richtigen Zeitpunkt unser Unterbewusstsein anzusprechen. Das ist kein Selbstzweck. Der Zweck ist es, eine Kaufentscheidung herbeizuführen. Dabei sind im Prinzip fast alle Vorgehensweisen erlaubt.
Coca-Cola ist ein Musterbeispiel dafür, wie Kommunikation wirkt. Nüchtern betrachtet ist Coca-Cola dunkelbraun eingefärbtes Zuckerwasser. Klingt erst mal nicht so besonders attraktiv. Doch Coca-Cola hat es über Jahrzehnte geschafft, das Produkt mit Emotionen aufzuladen: »Mach dir Freude auf!« Coca-Cola ist ein Produkt, das keinen Nutzen im Alltag bietet. Dennoch wird es millionenfach mit Erfolg verkauft, zum Beispiel wegen des funkelnden Weihnachtstrucks oder der emotionsgeladenen Bilder zu einer Fußball-WM. Zur richtigen Zeit begeistern solche Bilder die Menschen. Die Marke wird erlebbar. Es ist nicht »nur« ein Slogan.
Alles, was sich abhebt von einer Masse, von dem Gewohnten, von einer Mehrheit, fällt uns auf. Wenn man spielende Kinder beobachtet, versteht man am einfachsten den Mechanismus, der einer geschickten Kommunikation zugrunde liegen sollte. Die meisten Erwachsenen erstarren in Regeln wie »Das macht man nicht« oder »Das war immer so«. Sie ersticken in Konventionen und Klischees. So ist auch ihr Denken getrieben. Für Kinder hingegen ist jeder Tag, jede Stunde und jede Minute neu. Es gibt immer etwas zu entdecken.
Viele Ziele werden als unerreichbare Wünsche formuliert
Die Neugierde beflügelt den Spieltrieb. Spiel ist jedoch nichts anderes als probieren oder »einfach machen«. Kinder spielen und machen dabei positive und negative Erfahrungen. Klappt etwas nicht, lassen sie es. Haben Kinder im Spiel ein positives Erlebnis, treibt sie das an zu »mehr«. Sie machen Erfahrungen und dadurch begreifen sie. Ihnen wird durch ihr Handeln etwas bewusst. Spaß und Freude sind die besten Motivationstrainer. Neugierde ist der Schlüssel dazu und die Vorstufe zum Lernen. Das neu Erfahrene versetzt uns in Staunen. Insofern entstand und entsteht durch Staunen Wissen. Wir gewinnen Erkenntnisse. Schlauer werden wir nicht durch erwartete oder vorhersehbare Lösungen. Doch im Alltag wird auf Sicherheit gesetzt und vor Experimenten gewarnt. Wir schwanken zwischen den Extremen »Langeweile« und »Dauerreizung«. Weil wir mit der Zeit gelernt haben, dass diese Extreme ungut für uns sind, verharren viele von uns leider im Stillstand. Neugierde ist das Gegenmittel zu Stillstand. Sie fordert geradezu zum Regelbruch auf! Wer etwas Neues wagt, traut sich auch, Grenzen zu überschreiten; er muss Grenzen überschreiten. Sonst wäre es nicht neu, sondern bekannt.
Steve Kroeger
»Wenn ich einmal reich wäre …« – Garantiert haben Sie diesen Spruch schon öfter mal gehört. Es ist nicht nur einfach ein Spruch. Dieser Satz dokumentiert eine unentschlossene Haltung. Vordergründig wird ein Wunsch beschrieben. Doch dieser Wunsch ist an eine Bedingung geknüpft, die so formuliert ist, dass der eigentliche Wunsch unerreichbar erscheint. Auch viele Ziele werden so formuliert. Der berühmte Bergsteiger Reinhold Messner wäre nie ohne Sauerstoffgerät auf alle Achttausender gestiegen, hätte er es unterlassen, irgendwann einmal den ersten Schritt in Richtung Gipfel zu machen.
Mein Rednerkollege Steve Kroeger ist ebenfalls Extrembergsteiger und realisierte sein 7-SUMMlTS-Projekt, die Besteigung der jeweils höchsten Gipfel auf allen sieben Kontinenten. Steve ist nicht nur Sportler, er arbeitet auch als Mentalcoach. Seine Erfahrungen als Bergsteiger bezieht er in seine Seminare und Vorträge ein. Er sagte mal zu mir: Viele Menschen machen Urlaub in den Bergen. Die stehen dann im Tal und schauen hoch zu den Bergen. Davon beeindruckt, sagen sie: »Da möchte ich auch mal rauf.« Das war’s dann aber auch. Fragt man genauer nach, warum sie ihren Wunsch nicht umsetzen, kommt als Antwort alles Mögliche. Der Urlaub sei fast vorbei, man habe nicht die richtigen Schuhe mit, die Frau habe Angst usw. Die Liste der Ausreden oder Rechtfertigungen ist lang. Es ist die gleiche innere Haltung, die der Spruch »Wenn ich einmal reich wäre …« ausdrückt. Die Gründe, warum viele Menschen ihren Wunsch mit einer fast unerfüllbaren Bedingung verknüpfen, sind sehr unterschiedlich. Häufig haben die Menschen Angst, über eine bestimmte Grenze zu gehen. Manchmal haben sie Angst vor der eigenen Courage. Oder es ist die Angst vor einem möglichen Scheitern, die sie zurückhält. Es gibt unzählige Formen und Ausprägungen von Angst. Etwas Neues stellt auch immer ein Risiko dar. Etwas ist unbekannt und kann kaum kalkuliert werden.
Ohne Strategie auf den Everest ist Harakiri
Mich persönlich ärgern Menschen, die laut spektakuläre Pläne verkünden – möglichst so, dass sie von jedermann gehört werden. Wir kennen ja alle den Spruch »Hunde, die bellen, beißen nicht«. Diesen Typ Mensch meine ich. Sie bellen laut, aber nichts passiert. Im Unterschied zu den zögerlichen, nach Ausreden suchenden Menschen haben diese Menschen noch nicht einmal die Absicht, das, was sie lauthals äußern, auch umzusetzen. Was sie wollen, ist Aufmerksamkeit und Show. Der zögerliche Typ würde zwar gern etwas machen, er weiß aber nicht, wie. Entweder es mangelt ihm an der Idee oder an der Motivation für die Umsetzung. Dieser Typ Mensch hat sich seinen Wunsch nicht richtig bewusst gemacht. Hätte er das, würde er einen Weg finden, sein Ziel zu erreichen.
Steve Kroeger hatte bis zu seinem dreißigsten Lebensjahr noch keinen Berg bestiegen. Dann entwickelte er die Idee, die 7 Summits zu besteigen. Es ist jedoch nicht bei dem Gedanken geblieben. Steve hat einfach losgelegt. Er hat seine Idee umgesetzt. Doch Steve ist weit davon entfernt, Harakiri zu begehen und einfach loszulaufen. Um die höchsten Berge aller Kontinente zu besteigen, hat er sich intensiv vorbereitet. Er hat sich mit sich selbst auseinandergesetzt: Will ich das? Bin ich bereit dafür? Bin ich auch bereit, über meine Grenzen zu gehen? Habe ich die notwendige Ausdauer und die Kondition? Wie sieht