Der Herr der Welt. Robert Hugh Benson

Der Herr der Welt - Robert Hugh Benson


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geis­ti­gen Brü­der­lich­keit wirk­sam ent­ge­gen­zu­ar­bei­ten. Der hei­li­ge Pau­lus hat­te, so er­klär­te er, recht, wenn er die Schei­de­wän­de zwi­schen den Na­tio­nen nie­der­riss, un­recht aber in sei­ner Ver­him­me­lung Jesu Chris­ti. Die­ser Ge­dan­ke bil­de­te die Ein­lei­tung zu sei­nen Aus­füh­run­gen über die Vor­la­ge zum Ar­men­ge­setz, und nach ei­nem Hin­weis auf die wah­re, al­ler re­li­gi­ösen Mo­ti­ve ent­klei­de­te, un­ter den Frei­mau­rern exis­tie­ren­de Nächs­ten­lie­be, er­in­ner­te er an de­ren be­kann­te phil­an­thro­pi­sche Wer­ke auf dem Kon­ti­nent; und durch die Be­geis­te­rung über den Er­folg des Ge­set­zes hat­te die Loge einen be­deu­ten­den Auf­schwung an Mit­glie­dern ge­nom­men.

      Die alte Mrs. Brand war heu­te in ih­rem bes­ten Staa­te und blick­te mit ziem­li­cher Er­re­gung auf die dicht ge­dräng­te, un­ab­seh­ba­re Men­ge, die sich ein­ge­fun­den hat­te, um der Rede ih­res Soh­nes zu lau­schen. Rund um die Bron­ze­sta­tue des Staats­man­nes war eine Tri­bü­ne er­rich­tet, in ei­ner Höhe, dass die­ser, wenn auch um ein we­ni­ges über sei­ne Um­ge­bung her­vor­ra­gend, mit­ten un­ter den Red­nern zu ste­hen schi­en; auf die­ser Tri­bü­ne, die mit Ro­sen ge­schmückt und von ei­nem Schall­da­che über­ragt war, be­fan­den sich ein Stuhl und ein Tisch.

      Als die Uhren die Stun­de ver­kün­de­ten, ka­men hin­ter der Sta­tue zwei Ge­stal­ten her­vor, tra­ten in den Vor­der­grund, und wie auf einen Schlag wuchs das Mur­meln zu ei­nem Bei­falls­sturm an.

      Zu­erst er­schi­en der alte Lord Pem­ber­ton, eine grau­haa­ri­ge, auf­rech­te Er­schei­nung, des­sen Va­ter mit­ge­hol­fen hat­te, das Her­ren­haus, des­sen Mit­glied er war, an­läss­lich sei­nes Fal­les vor mehr als sieb­zig Jah­ren, in An­kla­ge­zu­stand zu ver­set­zen und in sei­nem Sohn war ihm ein wür­di­ger Nach­fol­ger er­wach­sen. Die­ser Mann war nun Mit­glied der Re­gie­rung und Ver­tre­ter von Man­che­s­ter, und er war es, der bei die­ser viel­ver­spre­chen­den Ge­le­gen­heit den Vor­sitz zu füh­ren be­ru­fen wor­den war. Nach ihm kam Oli­ver, un­be­deck­ten Haup­tes, ta­del­los in sei­nem Äu­ße­ren, und selbst auf die­se Ent­fer­nung hin konn­ten sei­ne Mut­ter und Ma­bel sei­ne ener­gi­schen Be­we­gun­gen, sein fro­hes Lä­cheln und bei­fäl­li­ges Ni­cken er­ken­nen, als sein Name aus dem stür­mi­schen Lärm, der sich rund um die Platt­form er­ho­ben hat­te, er­tön­te. Lord Pem­ber­ton trat vor, er­hob die Hand und mach­te ein Zei­chen, und in ei­nem Au­gen­bli­cke er­star­ken die Hoch­ru­fe un­ter dem plötz­lich ein­set­zen­den Rol­len der Trom­meln und der sich dar­an­schlie­ßen­den In­to­nie­rung der Frei­mau­rerhym­ne.

      Zu sin­gen ver­stan­den die­se Lon­do­ner, dar­an war nicht zu zwei­feln. Es schi­en, als ob eine gi­gan­ti­sche Stim­me die klang­vol­le Me­lo­die summ­te und sich zum En­thu­si­as­mus em­por­schwang, bis die Töne der ver­ein­ten Mu­sik­chö­re ihr folg­ten, gleich ei­nem Ban­ner, das sich an die Fah­nen­stan­ge an­schmiegt. Es war eine vor etwa zehn Jah­ren ver­fass­te Hym­ne, und schon war ganz Eng­land ver­traut mit ihr. Die alte Mrs. Brand warf me­cha­nisch einen Blick auf das Pro­gramm und sah die ihr so wohl­be­kann­ten Wor­te: »Der Herr, der wohnt in Land und Meer …« Sie durch­las die Ver­se, wel­che, vom hu­ma­ni­tär­en Stand­punk­te aus be­trach­tet, mit Ge­schick und Ei­fer ab­ge­fasst wa­ren. Sie hat­ten ein re­li­gi­öses Ge­prä­ge; der un­ge­bil­de­te Christ konn­te sie sin­gen, ohne dar­über Skru­peln zu be­kom­men, und doch war ihr Sinn klar ge­nug, — der alte mensch­li­che Glau­be, dass der Mensch das All sei. Selbst Chris­ti ei­ge­ne Wor­te wa­ren dar­in an­ge­wandt wor­den; das Kö­nig­reich Got­tes, hieß es, lie­ge im Her­zen des Men­schen, und die größ­te al­ler Gna­den sei die Nächs­ten­lie­be.

      Sie blick­te auf ihre Schwie­ger­toch­ter und sah, dass die­se aus gan­zem Her­zen mit­s­ang, wäh­rend ihre Au­gen, aus de­nen ihre gan­ze See­le sprach, auf die etwa hun­dert Me­ter ent­fern­te dunkle Ge­stalt ih­res Gat­ten ge­hef­tet wa­ren. Und so be­gann denn auch die Mut­ter, im Chor mit den sin­gen­den Tau­sen­den die Lip­pen zu be­we­gen.

      Als die Hym­ne ver­k­lun­gen war, und ehe der Bei­fall sich wie­der er­he­ben konn­te, stand der grei­se Lord Pem­ber­ton an dem vor­de­ren Rand der Platt­form, und sei­ne dün­ne, me­tal­li­sche Stim­me über­tön­te mit ei­ni­gen kur­z­en Wor­ten das Plät­schern der Spring­brun­nen hin­ter ihm. Dann trat er zu­rück, und Oli­ver trat an sei­ne Stel­le. —

      Sie wa­ren zu weit ent­fernt, die bei­den, um zu un­ter­schei­den, was er sprach, aber Ma­bel drück­te mit ei­nem ner­vö­sen Lä­cheln der al­ten Dame ein Stück­chen Pa­pier in die Hand und beug­te sich dann lau­schend nach vorn.

      Die grei­se Mrs. Brand warf auch einen Blick dar­auf; sie wuss­te, es war ein Aus­zug aus der Rede ih­res Soh­nes, des­sen Wor­te zu ver­ste­hen sie nicht im­stan­de war.

      Er be­gann, in­dem er als Ein­lei­tung alle An­we­sen­den be­glück­wünsch­te, die sich hier ein­ge­fun­den hat­ten, um den großen Mann zu eh­ren, der von sei­ner Platt­form aus selbst bei die­ser großen Ju­bi­lä­ums­fei­er den Vor­sitz führ­te. Dann kam ein Rück­blick, in dem er die ehe­ma­li­gen Zu­stän­de Eng­lands mit den heu­ti­gen ver­glich. Noch vor fünf­zig Jah­ren, sag­te der Red­ner, galt Ar­mut als eine Schan­de, das sei nun vor­über. Nur in den Ur­sa­chen, die zur Ar­mut führ­ten, konn­te man ent­we­der Schan­de oder Ver­dienst er­bli­cken. Wer wür­de nicht einen Mann eh­ren, der sich im Diens­te sei­nes Lan­des auf­ge­rie­ben, oder der schließ­lich Um­stän­den un­ter­lag, ge­gen die er bis an sein Ende, wenn auch ver­ge­bens, ge­run­gen hat­te? … Er zähl­te die Re­for­men auf, die ge­nau an die­sem Tage vor fünf­zig Jah­ren zur An­nah­me ge­langt wa­ren, und durch wel­che die Na­ti­on ein für alle Mal die Ho­heit der Ar­mut und das Mit­ge­fühl der Mensch­heit mit den Un­glück­li­chen aus­sprach.

      Und so, sag­te er, sei es heu­te sei­ne Auf­ga­be, zum Prei­se der dul­den­den Ar­mut und de­ren Be­loh­nung zu spre­chen, und dies, mein­te er, zu­sam­men mit ei­ner kur­z­en


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