AUF MESSERS SCHNEIDE (The End 6). G. Michael Hopf

AUF MESSERS SCHNEIDE (The End 6) - G. Michael  Hopf


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her, Hunter.« Er legte einen Arm um ihn. »Sieh sie dir an.«

      »Sauber. Wem gehört sie?«, fragte Hunter.

      »Autry Lewis, wenn mich nicht alles täuscht«, antwortete Gordon.

      »Du meinst den Autry Lewis?« Hunter staunte. Diesen Namen zu hören hätte er nicht erwartet.

      »Genau den«, bestätigte sein Großvater mit einem breiten Grinsen, das seinen Zügen schmeichelte.

      Hunter stutzte. »Moment mal, falls das sein Jet ist, woher weißt du das?«

      »Ich kenne ihn. Unsere Freundschaft reicht weit zurück.«

      »Was will er hier?«, bohrte Hunter weiter.

      »Erklär's ihm«, verlangte Gordon.

      John tat es. »Er stellt uns ein Taxi nach Olympia zur Verfügung. Wir brauchten eins, also habe ich einen alten Freund um einen Gefallen gebeten. Er war so nett, uns den Flieger herzuschicken, damit wir so stilvoll und unauffällig wie möglich reisen können.«

      Ein Flughafenangestellter tauchte am Rand der Bahn auf und sagte: »Der Pilot ist bereit, Sie dürfen an Bord gehen.«

      »Zeit zum Abflug. Vergesst euer Zeug nicht«, rief John Haley und Sebastian zu.

      Während sie auf die Maschine zugingen, blieb Hunter an Gordons Seite. »Großvater, woher kennst du Autry Lewis? Ich habe seinen Namen noch nie in Zusammenhang mit dir gehört, außer anlässlich der üblichen amtlichen Angelegenheiten vor Jahren. Und ich erinnere mich an eine Geschichte aus der Frühzeit der Republik Texas – darin kommt er nicht unbedingt gut weg.«

      Gordon zog Hunter zu sich, während die anderen ins Flugzeug stiegen. Er legte ihm eine Hand auf die Schulter und sprach: »Mein Junge, ein Mann ist nichts weiter als die Gesamtheit seiner Taten. Trifft er vor allem gute Entscheidungen, kennt man ihn dafür. Tut er überwiegend Schlechtes … tja, dann ergibt sich sein Ruf eben daraus. Doch wenn er sich einen besonders groben Schnitzer leistet, dann überschattet dieser alles Gute, was er getan haben mag. Wer ihn nicht persönlich kennt, wird ihn nur anhand dessen beurteilen. Diese eine Handlung genügt dann, um ihn abzustempeln, als sei er nichts und sein Leben so gut wie wertlos. Nun ist Gott aber gerecht und stellt guten Menschen tatsächlich ein Mittel anheim, um dies auszugleichen, und dieses Mittel sind Freunde. Ein guter Freund kennt dich; er steht dir zur Seite, geht mit dir durch dick und dünn, wobei es die harten Zeiten sind, die den guten Menschen zu Fall bringen. Freunde helfen dabei, diese durchzustehen, sie lassen einen niemals hängen und hüten sich davor, jemanden nur um des Verdammens willen zu verdammen. Stattdessen ziehen sie ihre Gefährten zur Rechenschaft, damit diese wieder erhobenen Hauptes durchs Leben schreiten können.«

      Hunter nickte. Sein Großvater war nicht direkt auf seine Frage eingegangen. »Und ein guter Freund leiht einem auch brandneue Jets.«

      »Exakt«, lachte Gordon.

      »Ich verstehe schon, was du meinst, glaube ich.«

      »Soweit ich weiß, hast du nicht viele Freunde.«

      »Das ist nicht wahr«, rechtfertigte sich Hunter.

      »Wie ich schon sagte, behalte ich dich seit dem Tag, an dem du geboren wurdest, im Auge. Ich weiß es also.«

      »Ich tue mich schwer damit, auf andere zuzugehen, aber es gibt schon ein paar Jungs, mit denen ich regelmäßig was unternehme und einen trinke.«

      »Würdest du für sie durchs Feuer gehen? Riefe dich einer von ihnen mitten in der Nacht an, weil er Hilfe dabei bräuchte, eine Leiche zu verscharren, würde deine Antwort lauten: Wo?«

      »Ich schätze nein.«

      »Ich habe viel erlebt und eine Menge erreicht, oh ja. Weißt du auch, wie ich das geschafft habe?«

      »Nein.«

      »Durch Entschlossenheit, Arbeit und Konzentration. Ich wollte nicht aufgeben und habe mich nicht davor gescheut, meine Fäuste einzusetzen, wenn es sein musste. Aber mein Erfolg rührt auch daher, dass mich meine Angehörigen und Freunde unterstützt haben. John da drin gehört zu jenen Freunden, und von den anderen hast du bereits gehört – Jimmy, Nelson, Gunny, Brittany. Sie alle waren für mich da, und ich wäre ohne sie nicht imstande gewesen, derjenige zu sein, der ich war. Autry gehört ebenfalls zu jenen Freunden. Ich kenne die unsinnige Geschichte über ihn. Sie ist mir zu Ohren gekommen, aber weißt du was? Wer mit der Frau eines anderen Mannes ins Bett steigt, gibt sich meines Erachtens selbst zum Abschuss frei.«

      »Aber er hat direkt im Saal des Regierungsausschusses auf den Mann eingestochen, obwohl er Präsident war«, erinnerte Hunter. Er konnte den diesbezüglichen Bericht immer noch schwerlich glauben.

      »Gott, wie gern hätte ich das gesehen. Er hat Skinner übrigens überallhin mitgenommen, egal an welchen Ort. Ja, selbst geduscht hat er mit dem verfluchten Messer. Dir ist auch klar, dass er den Hurensohn im Vorfeld gewarnt hatte, er solle aufhören, seinem Freund die Frau auszuspannen? Das war eine Ansage, doch der Trottel hat sie nicht ernst genommen.«

      »Diese Gräueltat hätte ihn beinahe die Präsidentschaft gekostet, und hätte er diesen Posten nicht gehabt, wäre er im Knast gelandet.«

      »Er hat den Kerl nicht umgebracht.«

      »Dafür aber von hierher bis dorthin aufgeschlitzt«, erwiderte Hunter, indem er mit einer Hand von seinem Unterleib bis zum Bauch hinauffuhr.

      »Autry hat gern Sprüche geklopft wie ›Ich weide dich aus wie ein Schwein‹. Ich bin mir allerdings nicht ganz sicher, ob das ein Fachmann auch so getan hätte.«

      Hunter, den Gordons Worte leicht pikierten, räumte seufzend ein: »Ich kann durchaus nachvollziehen, dass ihr während des Krieges getan habt, was nötig war, aber in einer zivilisierten Gesellschaft verhält man sich nicht so.«

      »Ja, mag sein. Zuweilen regt sich in mir der Verdacht, Leute wie Autry und ich seien nur zum Draufhauen gut.«

      John streckte seinen Kopf durch die Einstiegstür. »Ihr zwei, kommt schon, wir müssen starten«, rief er.

      »Gehen wir«, sagte Gordon. »Unterwegs können wir weiter darüber reden.« Er klopfte Hunter auf den Rücken. Der blieb stehen und erwiderte: »Versteh mich nicht falsch, Großvater, ich weiß zu schätzen, was ihr für uns getan habt.«

      »Das bestreite ich auch nicht.«

      »Enthalte mir aber bloß nichts vor.«

      »Ich erzähle dir alles. Um genau zu sein, wirst du auch etwas erfahren, das mir passiert ist und von dem nur sehr wenige Menschen wissen.«

      25. Dezember 2015

      »Oft liegt der Unterschied zwischen einem erfolgreichen und einem erfolglosen Menschen nicht in den Fähigkeiten oder Vorstellungen verborgen, sondern im Mut, für seine Vorstellungen einzustehen, kalkulierte Risiken einzugehen und zu handeln.« – Maxwell Maltz

       Alte Filiale der United States Post, Geneva, Idaho, Republik Kaskadien

      »Du machst dir einen Spaß daraus, etwas aufs Spiel zu setzen und Gratwanderungen zu vollziehen, aber ich schwöre, das geht zu weit«, sagte John Steele zu Gordon, der auf der zugefrorenen Straße stand und stoisch zu den verschneiten Spitzen der Berge im Osten aufschaute.

      Er antwortete nicht, sondern ließ seinen Blick unerschrocken an den Höhenzügen entlang schweifen. »Was meinst du – befindet sich dieses Gebirge in Wyoming?«, fragte er schließlich.

      »Hm?«, erwiderte John, der zunehmend missmutiger wurde.

      »Gleich dort, wenn du nach Osten schaust – diese Berge, das muss Wyoming sein«, fuhr Gordon ruhig fort.

      John baute sich vor ihm auf und entgegnete: »Das ist eine schlechte Idee. Woher weißt du, dass wir ihm vertrauen können?«

      Während Steele ihm die Sicht versperrte, antwortete Gordon. »Man erhält nicht für


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