AUF MESSERS SCHNEIDE (The End 6). G. Michael Hopf
geworden.«
»Ich fand aber, je weniger Mitwisser wir haben, desto besser.«
»Da stimme ich zu.«
Cruz redete nicht lange um den heißen Brei, sondern kam umgehend zur Sache: »Während unseres ersten Telefongesprächs haben sie ein Geschenk für mich erwähnt, richtig?«
»Ja, aber bevor Sie es bekommen, will ich Ihnen dafür danken, dass Sie mir genug Vertrauen entgegenbringen, um sich überhaupt hier mit mir an einen Tisch zu setzen.«
»Sie müssen mich nicht an unsere Schwierigkeiten miteinander erinnern, aber seit unserer ersten Begegnung bin ich zu der Einsicht gelangt, dass Sie ein liebenswürdiger, vertrauenswürdiger Mensch sind.«
»Liebenswürdig?« Gordon lachte. »Wenn das meine Frau hören könnte.«
»Sie sind zwar ein wenig schroff, aber ein ehrenwerter Mann. Ich glaube, dass Sie im besten Interesse der Menschen handeln, die Ihnen folgen. Unsere Nation macht gerade eine harte Zeit durch, die wir nur überstehen werden, indem wir uns zusammenschließen und auch zusammenbleiben. Voneinander getrennt droht uns ein Kollaps, von dem sich weder Ihre noch meine Seite erholen kann.«
»Andrew, dieser Kollaps liegt bereits hinter uns.«
»Ich weigere mich, das für gegeben anzunehmen. Auf uns warten Herausforderungen, aber nur, wenn wir aufgeben, fällt alles zusammen.«
Gordon nickte.
»Was sollen wir tun, um die Wogen zu glätten?«, fragte Cruz. »Wie können wir Sie und Ihre Leute dazu bewegen, sich den Vereinigten Staaten wieder anzuschließen?«
»Ich bin nicht hier, um darüber zu diskutieren. Eigentlich stand es für mich nicht einmal am Rande zur Debatte.«
»Würden Sie mir wenigstens Ihre Beweggründe erklären?«
»Unser Volk hat sich schon lange vor dem Zusammenbruch von den Machthabern in Washington entrechtet gefühlt. Es hat nur jenes einzelnen Ereignisses bedurft, um den Bruch endgültig zu vollziehen.«
»Das stimmt nicht. Wir alle sind Amerikaner.«
»Ich war einmal Idealist; dann wurde ich während eines Krieges, den zu gewinnen mein Land nie vorgesehen hatte, mit Politik und politischer Korrektheit konfrontiert. Korrupte Strippenzieher und ihre Lobbyisten haben mich als strategisches Bauernopfer benutzt, indem sie mich aus dem Verkehr zogen wie einen Verbrecher, als sie mich nicht mehr gebraucht haben. Die Vereinigten Staaten haben mich und das kaskadische Volk im Stich gelassen. Tut mir leid, aber mein Beschluss steht fest. Wir sind jetzt eine freie, unabhängige Republik.«
Cruz neigte sich ihm zu und seufzte. »Gordon, die Hälfte Ihrer Armee wurde zerschlagen, und die Hälfte Ihrer geliebten Republik ist besetzt. Wir haben Ihr Kapitol, und wenn ich wollte, könnte ich Sie vernichtend schlagen, ja im Bombenhagel untergehen lassen, doch wie Sie sehen, halte ich nichts von solchen Methoden. Insgeheim bin ich fest davon überzeugt, dass wir eine Einigung erzielen können.«
Van Zandt verzog das Gesicht; er mochte Cruz und zog den Hut vor seinen Überzeugungen. Auch war der Mann nicht ganz im Unrecht: Kaskadien hing in den Seilen, und die Vereinigten Staaten saßen am längeren Hebel. Allerdings verfügte die Republik über einen Trumpf, und Gordon schickte sich an, Cruz einen Eindruck davon zu vermitteln.
Der seufzte wieder. »Warum bin ich hier? Warum haben Sie auf diesem Treffen bestanden, falls es sonst nichts zu besprechen gibt? Ich darf diese Bundesstaaten nicht aufgeben. Die Bevölkerung der USA hat mein Wort darauf. Ich habe einen Eid geschworen und werde alles Notwendige tun – sei es auch, dass ich Sie zwingen muss –, um unsere Nation letztendlich wieder zu vereinen. Ich habe mehr als genug guten Willen und Geduld gezeigt, doch nun vergeuden Sie meine Zeit. Indem ich die Sicherheitszone von Cheyenne verlassen habe, um mich mit Ihnen zu treffen, habe ich mich großer Gefahr ausgesetzt. Ich habe mein Kabinett belogen und in die Irre geführt, um hier bei Ihnen zu sein, aber wozu? Eigentlich hatte ich gehofft, mit etwas Handfestem zurückzukehren, doch anscheinend wollen Sie nur dasitzen und haben nichts zu bieten außer den altbekannten schwachen Argumenten.«
Gordon stützte sich auf den Tisch und fragte: »Falls ich Ihnen meine Hilfe anbieten würde – bei etwas wichtigem –, könnte ich dann auch auf Ihre Hilfe zählen?«
»Was meinen Sie?«
»Ich möchte Ihnen helfen, indem ich Ihnen wertvolle Informationen gebe; Informationen von unschätzbarem Wert, genauer gesagt.«
Cruz runzelte die Stirn und ließ sich zu dem Anflug eines Lächelns hinreißen. »Sie können mir nur auf eine Weise helfen, nämlich indem Sie mit mir zusammenarbeiten und dafür sorgen, dass sich Kaskadien den Vereinigten Staaten wieder anschließt.«
Gordon lehnte sich über den Tisch. »Tragen Sie irgendein Kommunikationsmittel bei sich?«
Cruz blickte ihn erstaunt an; er war sich nicht sicher, was er darauf antworten sollte.
Gordon blieb gelassen. »Klar tun Sie das; ich auch.«
»Wieso?«
Er schaute auf seine Uhr. »Ich vermute mal, in fünf Minuten wird Ihr Telefon oder Funkgerät Sie auf eine Notfallsituation in Cheyenne hinweisen.«
Cruz' Gesicht nahm angespannte Züge an. »Hängt das mit der Bedrohung zusammen, vor der Sie mich gewarnt haben?«
»Ja, falls meine Informationen korrekt sind, wird heute in Cheyenne ein Anschlag auf Sie verübt.«
»Man bedroht mich ja ständig.«
»Aber ich glaube, die Quelle, von der ich das erfahren habe, sagt die Wahrheit.«
»Als Sie letzte Woche angerufen haben, um mich darauf hinzuweisen, habe ich mich zunächst gefragt, warum ich eine Warnung Ihrerseits ernst nehmen sollte. Da ich so etwas aber generell nicht einfach so abtue, habe ich strengere Sicherheitsmaßnahmen angeordnet. Wir sind der Sache auf den Grund gegangen, doch dabei ist nichts herausgekommen.«
»Das steht noch abzuwarten«, deutete Gordon an.
Das machte Cruz mit einem Mal paranoid; er zog eine tiefe Tasche an der Vorderseite seines Mantels auf und nahm ein Satellitentelefon heraus. Das Display zeigte keine verpassten Anrufe. »Was ist das für ein Spiel, das Sie hier treiben?«
»Ich treibe kein Spiel«, stellte Gordon klar.
»Sollte sich bewahrheiten, was Sie behaupten, aus welchem Grund möchten Sie mir helfen?«, fragte Cruz weiter. »Wir sind Gegner.«
»Weil ich Sie von jeher für einen vernünftigen Mann halte. Sie sind weder naiv noch für Ideologien empfänglich, sondern pragmatisch, und im Augenblick brauche ich jemanden in Ihrer Position als Oberhaupt der Vereinigten Staaten. Ich kann mit Ihnen zusammenarbeiten, mich zu einer Abmachung mit Ihnen bereit erklären. Mit Conner war das nicht möglich. Er war fest entschlossen, dass alles nach seinen Vorstellungen laufen muss. Ich konnte ihm nicht vertrauen, Ihnen aber sehr wohl. Sollten wir eine Einigung finden, besteht für mich kein Zweifel, dass Sie sich daran halten werden.«
Cruz schaute wieder auf sein Telefon und drückte eine Taste, um sich zu vergewissern, dass es noch eingeschaltet war.
Fünf Minuten waren vergangen, doch niemand hatte angerufen.
»Das kommt Ihnen sicherlich seltsam vor, aber ich suche händeringend nach einer Lösung für unser gemeinsames Problem«, betonte Gordon.
»Und das wäre?«, fragte Cruz.
»Sie und ich, wir sind gar nicht so verschieden; wir beide wünschen uns einen sicheren Ort für unsere Familien, damit unsere Kinder behütet aufwachsen können. Und wir möchten beide damit aufhören, unsere Mittel im Kampf zu verschwenden, und unsere Energien auf den Wiederaufbau konzentrieren. Ich weiß, dass Sie das wollen, doch Sie fühlen sich auch verpflichtet, das Land wieder zusammenzuführen. Die Sache ist bloß: Das schaffen Sie nicht. Sie sehen den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. Es war schon vor der Katastrophe gespalten; dieses einzige Unglück hat ausgereicht, um die Trennung endgültig zu machen. Fast sofort haben Menschen