Bettina Fahrenbach Staffel 6 – Liebesroman. Michaela Dornberg
ein Kind weggeben zu müssen, und erinnerst du dich nicht mehr an deine Qualen, deine Seelenschmerzen?«
Leni antwortete nicht sogleich, sie war beschämt.
»Tut mir leid, ich bin ganz schön egoistisch …, aber lass mich eines sagen: Es gibt einen Unterschied zwischen Veronika und mir. Ich hatte keine Wahl, ich musste«, sie betonte das ›musste‹ nachdrücklich, »mein Kind weggeben, weil ich keine andere Wahl hatte. Veronika hat die Kleine aus freien Stücken abgegeben, es bestand dazu keine Notwendigkeit.«
»Leni, du musst dich doch jetzt nicht rechtfertigen. Es ist wie es ist, ich bin überzeugt davon, dass die kleine Bettina bei Yvonne und Markus ein wunderschönes Leben haben wird, aber ich bin ebenso davon überzeugt, dass sie es auch bei ihrer leiblichen Mutter, bei Veronika, gehabt hätte.«
»Ein schlechter Mensch ist sie nicht«, gab Leni zu, »aber die kommt doch nicht einmal mit sich selbst klar, wie kann sie da ein Vorbild für die Kleine sein.«
Leni wollte es noch immer in die Richtung biegen, die ihr genehm war.
»Leni, Mütter müssen für Kinder keine Vorbilder sein, sie müssen sie nur lieben und ihnen das auch vermitteln … Aber weißt du, lass uns auch dieses Thema beenden. Was liest du denn da gerade? Was ist los in der Welt der Reichen und Schönen?«
»Ach, da passiert auch nichts Gescheites, und außerdem, ob es sich wirklich so zugetragen hat, wie die Journalisten es uns glauben lassen, können wir nicht kontrollieren. Die müssen ihre Blätter doch voll kriegen, und da saugen sie sich hier und da halt was aus den Fingern, der eine mehr, der andere weniger.«
»Jan ist auch Journalist, aber der schreibt immer nur die Wahrheit«, sagte Bettina.
Leni blickte zu ihr hinüber.
»Denkst du noch an ihn?«, wollte sie wissen.
»Nicht bewusst«, antwortete Bettina ehrlich, »das verdränge ich wohl eher. Aber ja, hier und da kommt er mir in den Sinn, beispielsweise gestern …, da wurde in einer Rundfunksendung über sein Sahara-Projekt gesprochen. Das scheint eine ganz großartige Sache zu werden.«
»Und wenn so was ist, dann schaltest du nicht ab?«, fragte Leni.
»Aber nein, warum sollte ich. Jan war ein wichtiger Mensch in meinem Leben, ich habe ihn noch immer gern und wir sind schließlich nicht im Streit auseinandergegangen. Ich hätte ihn gern als Freund behalten.«
»Das wäre nichts für ihn«, sagte Leni, »so gut glaube ich ihn zu kennen. Ein Jan von Dahlen kann nicht das fünfte Rad am Wagen sein.«
»Das ist richtig.«
»Hast du noch mal was von ihm gehört? Ich mein, hat er dich angerufen oder so was?«
Bettina schüttelte den Kopf.
»Nein, warum sollte er? Er weiß doch, dass ich mit einem anderen Mann zusammen bin, und er weiß auch, dass Thomas meine große Liebe ist, es gab ihn schon vor Jan.«
»Wen gab es vor Jan?«, wollte Thomas wissen, der unbemerkt in die Küche gekommen war, gefolgt von Arno, der ein vor Aufregung hochrotes Gesicht hatte. »Mein Gott, war das ein Kampf, eine Zitterpartie bis zur letzten Runde.«
»Mann, reg dich ab, du kriegst ja noch einen Herzinfarkt. Hat denn wenigstens euer Favorit gewonnen?«
»Na klar, sonst wäre ich doch wohl ganz anders drauf … Ich muss jetzt ein Bier trinken, ich habe eine ganz trockene Kehle.«
»Und warum hast du dir nicht zwischendurch ein Bier geholt?«, fragte Leni.
»Weil ich dann was von dem Kampf verpasst hätte.«
»Männer …«, sagte Leni, doch das meinte sie nicht wirklich.
Sie klopfte ihrem Arno auf die Schulter.
»Dann setz dich mal, ich hol dir dein Bierchen.«
Thomas wiederholte seine Frage.
»Wen gab es schon vor Jan?« Das ließ ihm wohl keine Ruhe.
»Dich, mein Schatz«, sagte sie.
So nett es immer bei den Dunkels war, jetzt wollte sie nach Hause, denn sie wollte auch mit Tom über Linde und Christian sprechen. Außerdem waren sie lange genug da gewesen. Sie kannte Arno, der würde noch mal in epischer Breite über den soeben geschehenen Boxkampf sprechen, und Leni würde so tun, als höre sie ihm zu und in Gedanken ganz woanders sein, ganz bestimmt bei der kleinen Bettina.
Aber beide würden zufrieden sein, wenn man so viele Jahre glücklich zusammen war wie Leni und Arno, da konnte man auch schon mal mit ein paar kleinen Tricks arbeiten.
»Das ist gut«, antwortete Thomas zufrieden und blickte Bettina, seine Tini, verliebt an.
Sie wechselten noch ein paar Worte mit Leni und Arno, dann verabschiedeten sie sich. Es war auch schon spät geworden.
*
Bettina erzählte Thomas, dass es zwischen Linde und Christian aus war.
»Soll ich mal mit Linde reden?«, erkundigte er sich. »Sie war doch so glücklich mit Christian, und das wirft sie jetzt alles weg, nur weil er einmal mit einer anderen Frau geschlafen hat?«
Männer sehen das offensichtlich wirklich anders als Frauen, wie es schien, fand er das nicht so furchtbar, wie es für sie, ganz besonders für Linde war.
»Ich find so was auch schlimm, wenn man jemanden wirklich liebt, steht einem nicht der Sinn danach, Honig von woanders zu naschen.«
»Vielleicht war es eine besondere Situation«, versuchte er Christian in Schutz zu nehmen.
»Tom, sei jetzt bitte mal ganz ehrlich. Würdest du eine besondere Situation, wie du es jetzt nanntest, für einen Seitensprung ausnutzen?«
Er antwortete ohne zu zögern.
»Nein.«
Das hatte Bettina hören wollen. Und sie glaubte ihm auch, denn es war kein Seitensprung, weswegen sie sich von ihm damals getrennt hatte, sondern die Tatsache, dass er mit Nancy verheiratet war, ohne es ihr gesagt zu haben, eine Ehe, die eigentlich schon von Anfang an nur auf dem Papier gestanden hatte und aus reinem Zweckdenken geschlossen worden war.
Ach, darüber wollte sie nicht mehr nachdenken. Sie hatte sich verkehrt verhalten, Tom auch. Aber das war vorbei, sie durften nicht immer wieder in der Vergangenheit herumgraben.
Sie hatten eine ganz wunderbare Gegenwart, und ihre Zukunft, die würde so phantastisch sein wie dieser Sternenhimmel, der über ihnen war.
Bettina sah eine Sternschnuppe, doch sie musste sich nichts mehr wünschen, denn sie war am Ziel ihrer Wünsche angekommen.
Auch Thomas hatte die Sternschnuppe bemerkt.
Als sie verglüht war, erkundigte er sich.
»Und, hast du dir was gewünscht?«
Sie wandte sich ihm zu, sie saßen draußen auf der hinteren Terrasse, um die laue Nacht noch ein wenig zu genießen.
»Nein, mein Liebster«, antwortete sie leise. »Die Zeit des Wünschens ist vorbei. Ich bin am Ziel meiner Wünsche angekommen. Glücklicher als jetzt kann ich überhaupt nicht sein.«
»Mir geht es ebenso, aber dennoch, ich habe mir etwas gewünscht.«
»Und was?«, wollte sie wissen.
Thomas lachte.
»Auf eine solche Frage falle ich doch gar nicht erst rein. Das habe ich doch von dir gelernt und ganz genau behalten, dass man das nicht verraten darf, weil es sonst nicht in Erfüllung geht.«
Sie stimmte in sein Lachen mit ein.
»Jetzt hast du mich mit meinen eigenen Waffen geschlagen.«
»Okay«, sagte er, »ich verrate dir so viel. Es hat natürlich, wie könnte es auch anders sein, mit uns zu tun … Tini, ich bin so unbeschreiblich glücklich mit dir. Es