Leni Behrendt 6 – Liebesroman. Leni Behrendt

Leni Behrendt 6 – Liebesroman - Leni Behrendt


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Glas bis zur Neige, was bei den andern fröhliches Gelächter auslöste. Die Fremden, die sie auf den ersten Blick als Stadtdamen eintaxiert hatten, machten ihnen Spaß. Und da die Landbewohner auf solche verweichlichten Menschenkinder mit lächelnder Nachsicht herabzusehen pflegen, so nahmen sie diese auch einfach nicht ernst.

      »Nun, gnädiges Fräulein, wie wäre es mit einem zweiten Schnäpschen?« fragte Almuts Nachbar zur Rechten. »Auf einem Bein steht es sich schlecht.«

      »Her damit –!« tat sie forsch. Obgleich ihr der herbe Likör nicht schmeckte, trank sie ihn, ohne auch nur mit einer Wimper zu zucken. Die Wirkung des hochprozentigen Alkohols blieb denn auch nicht aus. Almut bekam rote Wangen und blanke Augen.

      Die Stimmung wurde immer vergnügter. Man lachte und trank, scherzte und sang in unbeschwerter Fröhlichkeit. Also konnte ein Tänzchen auch nicht ausbleiben, zumal der Wirt für flotte Schallplattenmusik sorgte.

      Zwanglos fanden sich die Paare zusammen, um sich lustig im Kreise zu drehen.

      Auch Adele machte begeistert mit. Wanderte von einem Arm in den andern und fühlte sich so leichtbeschwingt wie schon lange nicht mehr. Man amüsierte sich über ihren trockenen Humor und ihre Schlagfertigkeit köstlich, so daß selbst die vier jüngeren Herren sie immer wieder zum Tanz holten.

      Daß auch Almut keinen Tanz ausließ, war selbstverständlich. Bezaubernd sah sie aus mit den heißen Wangen, den glänzenden Augen und dem unvergleichlich schönen Haar. Dazu das unbekümmerte Lachen.

      Nun, die schneidigen Nimrode mußten ihr Herz eisern festhalten. Hauptsächlich die drei, die noch nicht in Ehefesseln seufzten.

      Entzückendes Balg! stellten die Jäger schmunzelnd bei sich fest. Schönheit, Rasse, dazu ein gewisses Etwas, das Männerherzen im Nu betört.

      Wer mochte die berückende Kleine sein? Ach, was! Unsinn, heute danach zu forschen. Morgen hatte man sie doch wieder vergessen.

      Eben tanzte Almut mit ihrem Tischnachbarn, der ihr von den sieben Weidmännern am besten gefiel, obgleich auch die andern durchweg schneidige Kerle waren. Selbst die beiden Herren mit den grauen Schläfen konnten einem Mädchenherzen noch gefährlich werden. Doch ihr Tänzer hatte so ganz was Besonderes – so etwas von einem ironischen Herrenmenschen und liebenswürdigem Schwerenöter, gemischt mit ritterlicher Vornehmheit. Da lohnte es schon, ihm so ein wenig das Herz heiß zu machen.

      Also flirtete sie mit ihm in gefährlichster Weise, was ihm ein amüsiertes Lächeln entlockte. Kühn legte er seinen Arm um die grazile Gestalt, was ihm keineswegs gewehrt wurde. Nur, als er einmal Miene machte, seine Lippen auf ihr Haar zu drücken, warf sie den Kopf blitzschnell zurück. Doch empört schien sie über diese Kühnheit nicht zu sein, denn ihre Augen kokettierten nach wie vor zu ihm hoch.

      Gefährlicher kleiner Teufel! dachte er erheitert. Der kann einem Mann schon das Herz heiß machen. Ihn amüsierten derartige Frauen – doch schätzen tat er sie nicht.

      Aber schön war es doch, so ein graziles Persönchen im Arm zu halten, mit ihm dahinzuschweben in fröhlicher Unbeschwertheit. Solche Stunden mußte man nutzen.

      Das fand auch Almut. Herrlich war es, einmal so von Herzen übermütig zu sein. Das konnte sie sich im Bekanntenkreis ihrer Heimatstadt nicht leisten, wo man sich auf seine guten Umgangsformen viel einbildete. Wo man Vergnügtsein gleich mit Leichtfertigkeit und Koketterie bezeichnete. Da hätte sie nur wagen sollen, mit den jungen Herren so herumzuplänkeln wie mit dem kühnen Nimrod, dann wäre sie verlobt gewesen, ohne so recht zur Besinnung zu kommen. Daher war sie daheim eher ungezogen als liebenswürdig und sagte den Herren die Wahrheit, wo sie nur konnte, so daß sie als extravagant, hochfahrend, unberechenbar, wählerisch und herzlos galt.

      Na schön, mochten die Leutchen nur. Was sie von ihr dachten, war ihr schnuppe.

      Und schnuppe war es ihr auch, wie man sie jetzt beurteilte. Hauptsache, sie amüsierte sich – und das tat sie aus vollem Herzen. Wenn sie den feschen Weidmännern auch den Kopf verdrehte und ihre Herzen ein wenig in Glut versetzte, das nahmen die gewiß nicht tragisch. Und dann – und überhaupt – man kannte sie ja nicht. Und das war schön.

      Die Paare wechselten, und nun holte der junge Jäger mit dem Kraushaar Almut zum Tanz. Seine Zähne blitzten durch die Lippen, als er den Text des Tanzliedes mitsang, das sehnsüchtig aufklang: »Ich kenn dich nicht, ich liebe dich und kenn dich nicht, weiß nichts von dir und fühle nur, du gehörst zu mir...«

      Übermütig antwortete sie auf eigne Faust: »Das fühl auch ich, obgleich auch ich nicht kenne dich, denn du bist mein und ich bin dein, ganz und ewiglich –.«

      Die andern, denen das lustige Geplänkel nicht entging, lachten herzlich über das fesche Paar, das so quietschvergnügt war. Almuts Tischnachbar, der gerade mit Adele tanzte, sagte lächelnd: »Ihr Töchterlein ist bezaubernd, gnädige Frau. Ich fürchte nur, daß Sie es nicht lange mehr behalten werden.«

      »Darum ist mir nicht bange«, entgegnete sie schalkhaft. »Und wenn schon, dann nehme ich eben auch meinen Schwiegersohn liebevoll an mein schwiegermütterliches Herz.«

      Dabei lachte sie über das ganze Gesicht, und ihr Partner meinte, daß sie dann eine ganz unvorschriftsmäßige Schwiegermutter abgeben würde. Die hätten ihre Schwiegersöhne ganz einfach zu befehden.

      »Auch ein Standpunkt«, zwinkerte sie ihm lustig zu.

      »Sie scheinen der Ansicht zu sein: Wenn du eine Schwiegermutter hast, häng sie an den allerhöchsten Ast –«

      »Wie ungalant«, lächelte er amüsiert. »Ich bin vielmehr der Ansicht: Wenn du eine Schwiegermutter hast, dann betrachte sie als süße Last –«

      Die Worte fing der lustige Jäger auf, und schon sang er den Text weiter: »Denn wo kämen sonst die Mädchen her, gäb es keine Schwiegermütter mehr –«

      Begeistert sangen die andern mit, zu der flotten Weise ver­gnügt tanzend. Adele lachte herzlich und viel und mußte noch manche Schmeichelei über ihre entzückende »Tochter« einstecken, die sie gnädig entgegennahm. Jedenfalls hatte sie schon lange nicht mehr so frohe Stunden verlebt, schon lange nicht mehr so ein herrliches Schwipslein gehabt und sie bedauerte es gleich den andern, als die Schlitten vor der Haustür klingelten.

      Es gab nun einen raschen Aufbruch, weil man Kutscher und Pferde in der Kälte nicht unnötig warten lassen wollte. Die drei Schlitten waren geräumig genug, um die zwölf Menschen bequem aufnehmen zu können. Die beiden zurückbleibenden Damen gaben den Scheidenden bis zu den Gefährten das Geleit.

      Es war bitterkalt. Der Mond stand wie eine blanke Scheibe am Himmel. Die schneebedeckten Bäume wirkten traumhaft schön in dem bläulichweißen Licht.

      Almut atmete tief die eisige Luft ein. Nach der rauch- und weindurchschwängerten in dem überheizten Lokal war diese direkt ein Labsal. Außerdem machte sie sofort den Kopf klar.

      Zu gern wäre Almut in einen Schlitten gestiegen, um dahinzufahren durch den schweigenden Winterwald. Und als hätte einer der jüngeren Jäger diesen Wunsch erraten, rief er ihr neckend zu: »Kommen Sie doch mit, meine Damen, Sie würden es gewiß nicht bereuen. Denn –«

      Bevor er aussprechen konnte, zogen die Pferde an.

      »Wir kommen morgen –!« rief »Möpschen« ihnen nach. »Wo wohnen Sie denn –?«

      »Im Wald –«, kam es singend zurück.

      »Im frischen grünen Wald – im Wald –«, fiel der Chor ein. Die jubelnden Stimmen klangen ferner und ferner. Almut lauschte ihnen nach wie gebannt, bis Adele ihren Arm ergriff.

      »Nun komm schon, sonst holen wir uns einen gehörigen Schnupfen.«

      Als sie die Stube betraten, stand der Wirt schon darin und rieb sich schmunzelnd die Hände. »Habe ich nicht gesagt, daß sich die Damen noch gut amüsieren würden? Wo Jäger sind, geht es immer frischfröhlich zu. Wenn die Damen nun nach dem Fremdenzimmer wollen, wird meine Frau Sie führen. Die Pelze habe ich bereits nach oben gebracht.«

      »Recht so, Herr Wirt«, nickte


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