Wyatt Earp Staffel 3 – Western. William Mark D.
Rancher trat ins Zimmer. »Guten Morgen, Mister Earp. Es freut mich, daß es Ihnen etwas bessergeht.«
»Yeah«, versetzte der Missourier schwach, »Ihr Medizinmann hat mich wieder hingekriegt...«
Nun, es sollte noch eine Reihe von Tagen dauern, ehe die Leute auf der Hogart-Ranch mit Sicherheit wußten, daß das Leben des Marshals außer Gefahr war.
Dita lief in den Hof. »Jeff, hast du Mister Earp gesehen?«
»Ja, er ist drüben am Corral und sieht nach seinem Pferd!«
Da sah sie ihn schon über den Hof kommen. Nichts, aber auch gar nichts an ihm erinnerte an den schweren Unfall, den er erlitten hatte. Aufrecht und mit sicherem Schritt kam er über den Hof auf die Veranda des Ranchhauses zu.
Dita stand oben und blickte ihm entgegen. Sie trug ein himmelblaues Kleid.
Wyatt blieb vor ihr stehen und sah zu ihr hinauf.
Da war er nun jahrelang durch dieses Land gezogen, hatte in St. Louis, Wichita, Abilene, Dodge und San Francisco und vor allem unten in Santa Fé viele hübsche Frauengesichter gesehen. Aber das Mädchen, das da vor ihm auf den Vorbaudielen des Rancherhauses stand, übertraf sie alle an Schönheit. In ihren Augen lagen so viel Reinheit und so viel Güte, daß der Mann unten im Hof den Blick einfach nicht von ihnen losreißen konnte.
Endlich nahm er den Hut ab und öffnete die Lippen. »Miß Dita, ich möchte Ihnen für alles danken. Ich weiß gar nicht, wie ich das gutmachen soll.«
»Es gibt nichts gutzumachen, Mister Earp.«
Er trat zu ihr auf die Veranda. »Wie kommen Sie zu dem hübschen Namen?«
Sie lachte und zeigte dabei eine Reihe blendendweißer Zähne. »Ich heiße eigentlich Edith. Meine Mutter stammt aus Deutschland. Sie kam mit ihrem Bruder damals nach Boston und fuhr mit einem Treck weiter nach St. Louis. Ihr Bruder hoffte dort Arbeit zu finden. Aber bald zogen sie weiter nach Texas hinunter. Bei Fort Worth lernten sie meinen Vater kennen.«
»Dann stammen Sie also aus Texas?«
»Ja, geboren bin ich dort. Aber meine Eltern zogen schon drei Jahre nach meiner Geburt hier herauf. Meine Mutter ist vor neun Jahren gestorben. Sie hatte ziemlich viel Sorgen...«
Wyatt nickte. Doch, er konnte sich vorstellen, daß eine Frau, die aus einem so fernen Land wie Deutschland kam, hier an den rauhen Verhältnissen zerbrach.
»Sie war keine sehr kräftige Frau. Und unten bei Fort Worth wurde sie bei einer Schießerei auf der Straße von einer Kugel in die Lunge getroffen. Davon hat sie sich eigentlich nie mehr erholt.«
*
Wyatt aß mit Dita und dem Rancher zusammen Mittag. Anschließend erklärte er, daß er am folgenden Tag aufbrechen müsse.
Hogart zog die Brauen zusammen. »Morgen? Um Himmels willen. Das ist doch ausgeschlossen. Sie müssen doch erst wieder richtig auf die Beine kommen.«
»Ich bin wieder richtig auf den Beinen«, beruhigte ihn der Missourier.
»Aber Sie sind doch heute zum erstenmal wieder auf.«
Wyatt lächelte geheimnisvoll. »Glauben Sie wirklich, daß ein Mann, der fast zwei Wochen hart gelegen hat, gleich wieder so sicher gehen kann?«
»Eben nicht. Das war mir ohnehin schon sonderbar genug. Aber schließlich sind Sie Wyatt Earp –«
»Und –?« Der Missourier lächelte noch immer.
»Nun ja, Ihnen kann man schon eine Härte zutrauen, die ein anderer Mensch nicht hat.«
Wyatt schüttelte den Kopf. »Es ist nicht so, Mister Hogart. Ich will Ihnen verraten, daß ich seit mehreren Nächten wieder auf den Beinen bin. Ich habe mich langsam ans Gehen gewöhnt.«
»Weshalb um Himmels willen nachts?«
Wyatt rieb sich das Kinn. »Ich mag nicht wankend und humpelnd zum Gelächter der Cowboys über den Hof laufen.« Dabei warf er Dita einen kurzen Blick zu.
Und sie wußte sofort, daß er ihretwegen nicht am Tage mit seinen ›Gehversuchen‹ begonnen hatte. Und die Überraschung war ihm dann ja auch glänzend gelungen. Als sie ihn gesehen hatte, ging er bereits wieder wie ein vollkommen gesunder Mensch.
»Es ist ein tüchtiges Stück nach Dodge hinunter, Marshal«, fand der Rancher, »es wäre bestimmt besser, wenn Sie mit dem anstrengenden Ritt noch ein paar Tage warten würden.«
Der Rancher Hogart hatte zwar schon eine Menge von Wyatt Earp gehört, aber er konnte doch nicht ahnen, daß der Missourier ganz andere Ritte gewöhnt war.
»Ich habe nicht die Absicht, nach
Dodge zu reiten.«
»Ach –«
Bis zu dieser Stunde war noch nicht ein Wort über Wyatts Unfall, über den Überfall, der auf ihn verübt worden war, gewechselt worden.
»Ich bin bei der alten Overlandstraße angefallen worden. Ein Mann hat aus dem Hinterhalt auf mich geschossen. Diesem Mann folge ich.«
Das Gesicht der jungen Frau wurde ernst. »Ist er... ein Bandit?«
Hogart wischte mit der Hand über den Tisch. »Yeah – er ist Marshal, Dita, und als solcher wird er einem ehrbaren Bürger nicht folgen.«
»Was hat der Mann getan?«
»Er ist ein Mörder.«
Das Mädchen senkte den Kopf auf die Tischplatte.
»Sie hat eigentlich noch nicht viel mehr von der Welt gesehen als unser County«, glaubte der Rancher seine Tochter entschuldigen zu müssen.
Wyatt erhob sich. »Leider sind nicht alle Gegenden dieses Landes so friedlich wie Ihr County. Sie haben es ja nun selbst erlebt.« Am Abend saß er noch einige Stunden mit den Cowboys zusammen und hörte ihre Gespräche an.
Dita saß in der Wohnstube und blickte auf das Bunkhaus hinüber. Als sie
den Marshal ins Freie treten sah, wollte sie hinauf in ihr Zimmer gehen.
Der Rancher stand im Halbdämmer des Raumes an der Tür. Mit ernsten Augen hatte er sein Kind beobachtet. Das Leben hier in der Einsamkiet einer Ranch brachte für eine junge Frau nicht viel Abwechslung. Viel zu selten kamen sie mal hinauf in die Stadt.
Und Männer, die für sie in Frage kamen?
Nein, bisher hatte es keinen gegeben, der ihr hätte gefallen können. Burschen, die sich auf einer so abgelegenen Ranch als Weidereiter anwerben ließen, waren meist selbst so hölzerne Naturen, daß sie in einem Mädchenherzen wenig Begeisterung hervorriefen.
Der Marshal Earp war eigentlich der erste Mann, der einen tieferen Eindruck auf sie gemacht hatte.
Der Rancher hatte es mit Schmerzen bemerkt. Mit Schmerzen, weil er wußte, daß der Funke, der in Ditas Herz gefallen, doch verlöschen mußte. Ein solcher Mann, wie dieser Wyatt Earp, hatte bestimmt längst eine Frau – und wenn nicht, dann gab es in Dodge sicher ein Mädchen und vielleicht auch mehrere, die ihm gerne in einsamen Stunden Gesellschaft leisten würden.
Dita erschrak ein wenig, als sie den Vater so plötzlich vor sich sah.
Der grauhaarige Mann zog sie an sich und breitete seine Arme um sie. »Wollen wir noch mal hinüber zu dem Fohlen gehen?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Hm –vielleicht können wir zusammen unseren prächtigen Double-Poker mal wieder probieren. Haben wir ohnehin lange genug nicht mehr getan.«
»Nein, Papa, bitte nicht, bitte heute nicht.«
Hogart nickte. »Wie du willst. Es ist zehn – ich werde mich hinlegen. Gute Nacht.«
»Gute Nacht, Vater.«
Der Rancher stampfte die hölzerne Stiege hinauf nach oben.
Als