Die kalte Braut. Stefan Bouxsein

Die kalte Braut - Stefan  Bouxsein


Скачать книгу
für das Image.« Babygeschrei kündigte einen Anruf auf Siebels Handy an. Siebels hob entschuldigend die Hand. »Ich glaube, der Klingelton ist schlecht für das Image der Polizei.« Dann nahm er das Gespräch entgegen.

      »Hipp-Gläschen? Nein. Kein Problem. Karotte? Wirklich? Okay. Bis nachher.« Siebels legte auf und schaute Paulsen fragend an:

      »Haben Sie Kinder?«

      »Nein. Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen beim Einkauf. Auf Wiedersehen.«

      »Ich finde schon alleine raus. Viel Erfolg bei der Partnersuche.« Astrid Lotz stand in der Tür und schien den letzten Satz nicht richtig gedeutet zu haben. Jedenfalls schaute Sie Paulsen mit großen Augen an und Siebels verließ mit einem Grinsen die Villa.

      Till hatte sich von seiner Grippe wieder erholt und saß mit Johanna beim Abendessen in der Küche. Er erzählte von den Träumen der Sabine Lehmann und von seiner Deutung.

      »Wäre das nicht eher die Aufgabe eines Psychologen?«, fragte Johanna.

      »Klingt meine Vermutung etwa unlogisch?«

      »Nein. Im Gegenteil. Aber trotzdem.«

      »Was trotzdem?«

      »Trotzdem sollte sich das vielleicht mal jemand anschauen, der was davon versteht.«

      »Du findest meine Theorie aber nachvollziehbar?«

      »Ja, sagte ich doch.«

      »Die Frau hat anscheinend nur noch für ihren Job gelebt und alles andere ausgeblendet. Am Ende hat sie wahrscheinlich sogar ihren Freund erschlagen. Vielleicht hat sie früher mal davon geträumt, eine Familie zu haben. Einen Mann und zwei Kinder und das passende Haus dazu im Grünen. Als Partner bei Paulsen hat man aber keine Zeit für so was. Die ist einfach in die falsche Richtung gelaufen und hat es nicht geschafft, sich wieder umzudrehen und zurückzulaufen.«

      »Ach daher weht der Wind. Soll ich dir mal was sagen. Ich glaube, ich hätte gern ein Kind. Sehr gern sogar. Vielleicht sogar von dir.« Johanna grinste Till schelmisch an.

      Plötzlich stand Till auf, zog sich seinen Pullover und sein T-Shirt aus und schaute Johanna an, die ihn verwundert betrachtete. Dann zog er seine Hose und seine Socken aus und stand im Slip vor ihr.

      »Hey«, neckte sie ihn. »Ist dir warm?«

      »Mir ist heiß.«

      »Mach weiter«, hauchte Johanna ihm zu.

      »Du bist dran«, grinste Till.

      Johannas Blick verweilte noch eine Weile an ihm, bevor auch sie anfing, sich auszuziehen. Als sie nur noch einen Slip trug, zeigte sie auf Tills Unterhose. »Ausziehen.« Till gehorchte. Johanna betrachtete ihn dabei. »Der ist aber noch nicht bereit«, beschwerte sie sich.

      »Er sieht halt die Küche so selten«, stammelte Till.

      »Dann wird es aber Zeit.« Johanna stellte sich dicht vor Till, ließ ihre Hand über seine Brust und seinen Bauch wandern und schaute ihm dabei tief in die Augen. Ihre Fingerspitzen wanderten weiter nach unten und brachten zum Stehen, was stehen sollte. »Steht doch, geht doch«, sagte sie triumphierend und behielt das Objekt ihrer Begierde fest in der Hand. »Schaut er sich nun die Küche an oder streckt er sich nach mir?« Till wollte etwas erwidern, brachte aber nur ein leises Stöhnen zustande. Johanna drückte ihn mit sanfter Gewalt auf einen Stuhl. Als er im erregten Zustand und mit großen Augen vor ihr saß, rollte sie lasziv ihren Slip herunter. Sie beugte sich über ihn, schenkte ihm einen leidenschaftlichen Kuss und setzte sich auf ihn. Till umklammerte sie mit seinen Händen. Johanna bewegte sich langsam, seufzte leise und genoss die starken Hände von Till auf ihren Hüften. Sie liebten sich heftiger, ließen nur noch ihre Körper sprechen. Nach der Küche folgte der Fußboden im Wohnzimmer, bevor sie es im Flur noch einmal im Stehen machten und nach einer kleinen Verschnaufpause die Prozedur im Bett fortsetzten, bis sie endlich eng aneinander gekuschelt einschliefen.

      Siebels ließ am Wochenende Sabine Lehmann Sabine Lehmann sein und kümmerte sich um seine kleine Familie. Der kleine Dennis sorgte dafür, dass er nur selten zur Ruhe kam. Siebels wickelte und fütterte und wickelte und passte auf, wenn sein Nachwuchs durch die Wohnung krabbelte. Zwischendurch musste er Samstagmittag allerlei Einkäufe erledigen. Am Sonntag gönnte er sich einen Spaziergang mit Familie am Mainufer und schob stolz den Kinderwagen vor sich her. Den richtigen Zeitpunkt für seinen Heiratsantrag fand er aber am ganzen Wochenende nicht.

      9

       Montag, 09. Februar 2009

      Sabine Lehmann trug einen grauen Jogginganzug und saß still an dem Tisch in dem kleinen Verhörzimmer. Siebels saß ihr gegenüber und stellte sein Diktiergerät in die Mitte des Tisches.

      »Haben Sie sich gut eingelebt in Ihrer neuen Umgebung?«, fragte er.

      »Danke der Nachfrage. Es ist ganz in Ordnung.«

      »Ich war am Freitag bei Herrn Paulsen. Er hat Ihren Partnervertrag gekündigt. Die schriftliche Kündigung will er Ihnen hier zustellen lassen.«

      Sabine Lehmann zeigte keine Reaktion. Sie blickte durch Siebels hindurch.

      »Haben Sie mich verstanden, Frau Lehmann?«

      Ihr Blick schien sich wieder auf Siebels zu konzentrieren. »Muss ich mich jetzt beim Arbeitsamt melden?«

      »Ich fürchte, Sie stehen dem Arbeitsmarkt im Moment nicht zur Verfügung. Falls Sie sich dazu überwinden, eine Aussage zu machen, werden Sie bis zur Verhandlung wahrscheinlich auf freien Fuß gesetzt.«

      »Eine Aussage?«

      »Ja, verdammt noch mal. Eine Aussage. Sven Müller starb in Ihrer Küche. Erinnern Sie sich?«

      Ihr Blick wurde wieder leer und ging durch Siebels hindurch.

      »Warum erzählen Sie mir nur von Ihren Träumen?«

      Ihre Augen fanden im Gesicht von Siebels wieder einen Fixpunkt.

      »Weil Sie nett sind.«

      »Dann können Sie mir doch auch etwas zum Ableben von Herrn Müller berichten. Das fände ich sehr nett von Ihnen.«

      »Er ist tot. Ich kann ihn nicht wieder zum Leben erwecken. Nicht mit Taten und schon gar nicht mit Worten.«

      »Das stimmt. Aber vor Gericht wird der Richter Ihr Schweigen gegen Sie verwenden. Es geht jetzt nicht mehr darum, noch etwas für Herrn Müller zu tun, es geht jetzt darum, etwas für Sie zu tun.«

      »Ich träume nicht mehr. Vielleicht ist das ja gut für mich? Was denken Sie?«

      »Ich denke, dass das sehr gut für Sie ist. Und ich denke, dass sich in Ihren Träumen Ihre Arbeit widerspiegelt. Ihre Tätigkeit als Partnerin von Herrn Paulsen. Sie waren mit Ihrem Job verheiratet. Das Brautkleid in Ihren Träumen ist ein Symbol für Ihre Arbeit, der Sie Ihr ganzes Leben gewidmet haben. Da war kein Platz mehr für einen Sven Müller. Schon gar nicht für einen Journalisten Sven Müller, der seine Nase in Ihre Arbeit gesteckt und nach faulen Geschäften geschnüffelt hat. Wenn Sie Ihr Brautkleid tragen, machen Sie böse Sachen. Aber jetzt träumen Sie nicht mehr, Ihr Job ist weg, das Brautkleid kann zur Altkleidersammlung.«

      Sabine Lehmann sah Siebels überrascht an und fing dann laut an zu lachen. Sie hörte gar nicht mehr auf zu lachen, bekam kaum noch Luft zum Atmen. Siebels nahm ihren Lachanfall erschrocken zur Kenntnis und fragte sich, ob sie nicht wirklich verrückt war. Als Sabine Lehmann registrierte, dass ihr Gegenüber keine Miene verzog, beruhigte sie sich wieder.

      »Waren meine Ausführungen so lustig?«

      »Mir war jetzt einfach mal nach Lachen. Es gibt noch andere Träume. Die erzähle ich Ihnen noch. Wenn Sie alle meine Träume kennen, können Sie ein Urteil fällen. Aber nicht vorher.«

      Siebels nickte. Er bekam große Lust auf Nikotin. Er fragte den Beamten vor der Tür, ob Rauchen erlaubt sei. Der Beamte machte eine Ausnahme und brachte


Скачать книгу