Schwerwettersegeln. Peter Bruce
ich liefen am 13. Dezember 1968 von Gibraltar aus mit Kurs Lanzarote auf den Kanaren. Der Wetterbericht sagte leichte bis mäßige nordöstliche Winde voraus. Wir befanden uns 25 Seemeilen vor Casablanca, als der Wind auf Bft 8 zunahm und wir unter Sturmfock beidrehten. Dadurch wurden die Schiffsbewegungen erträglicher.
Vier Stunden später hatte der Wind bereits auf Bft 9 zugenommen. Von da an liefen wir mit Sturmfock vor dem Wind ab, parallel zur Küste mit Kurs Nordost. Weitere sechs Stunden später schlug die Yacht quer; der Mast wurde flach aufs Wasser gedrückt. Sie richtete sich jedoch sofort wieder auf, was bei einem positiven Stabilitätsumfang von 145° nicht weiter nicht überraschend war. Schnell knoteten wir zwei Leinen von je etwa 35 Meter Länge zusammen und brachten sie achtern in einer Bucht aus. Der Zeiger unserer Windmessanlage sprang in Böen auf über 60 Knoten. Bei diesem Szenario gab es keine andere Wahl, als die Fock zu streichen und nur noch vor Topp und Takel zu lenzen. Die Yacht lief immer noch mit fünf bis sechs Knoten. Die Schiffsbewegungen wurden etwas angenehmer. Die Selbststeueranlage war in der Lage, die Yacht relativ gut 15 bis 20° zum achterlichen Wind auf Kurs zu halten. In der Nacht wurde die Yacht zum zweiten Mal flach aufs Wasser gedrückt.«
In diesem Beispiel läuft die Swan 36 mit achtern ausgebrachten Leinen eine gute Geschwindigkeit. CAVALIER hatte keine Leinen ausgebracht. HALF PINT war – relativ gesehen – nicht ganz so schwer wie CAVALIER und wäre vermutlich unkontrollierbar gesurft, wenn sie nicht achtern gebremst worden wäre. Unterschiedliche Boote erfordern unterschiedliche Methoden. Die beiden Berichte legen die Vermutung nahe, dass beide Yachten, deren Design aus den 1960er-Jahren stammte, ein exzellentes Seeverhalten hatten. Ideal für regattafähige Tourenyachten. Seit den 1960er-Jahren entwickelte sich das Yachtdesign mehr unter dem Gesichtspunkt der Leistungsfähigkeit bei Regatten. Die Yachten wurden immer leichter und breiter mit wachsendem Freibord. Finnkiele und freistehende Ruder wurden zur Norm. Die Yachten wurden schneller und sie zu segeln immer aufregender, doch als Fahrtenyachten wurden viele nun leider weniger attraktiv.
Fastnet Race 1979
Der Sturm beim Fastnet Race 1979 war ein für den Sommer außergewöhnlich heftiger Sturm und stellte die Stabilität der damaligen Yachten stark in Frage. Bei einer gekenterten Yacht, die sich minutenlang nicht aufrichtete, betrug der positive Stabilitätsumfang lediglich 118°. Es ist bemerkenswert, dass bei den damaligen Konstruktionen die Kiele nicht abbrachen, obwohl man von den Rudern nicht dasselbe behaupten konnte. Die großen Yachten hatten den Fastnet Rock bereits gerundet und befanden sich auf ihrem Rückweg im gleichen Seegebiet wie die kleineren Yachten, sodass sie es mit vergleichbaren Wind- und Seegangsverhältnissen zu tun hatten. Im Allgemeinen waren es die kleineren Boote und die, die nicht bereits die gesamte Regattasaison mitgemacht hatten, welche in Schwierigkeiten gerieten.
Der Autor war als Navigator an Bord der 11,80 Meter langen ECLIPSE von Jeremy Rogers, die zusammen mit der MORNING CLOUD und der BLIZZARD zum britischen Admiral’s Cup Team gehörte. Die ECLIPSE gewann ihre Klasse und wurde insgesamt zweite hinter Ted Turners 18,30 Meter langen TENACIOUS. Die ECLIPSE war die beste Yacht im Admiral’s Cup.
Aus Sicht des Autors hatte der Sturm 1979 mit Bft 10 etwa die gleiche Stärke wie der Sturm beim Fastnet Race 1961 an Bord der RAPPAREE. Es waren bereits viele stürmische Fastnet Race vorangegangen, doch 1979 machten es die entstandenen Kreuzseen entscheidend schwieriger zu steuern und die Yacht vor Schlimmerem zu bewahren. 1961 gab es wenig Bruch und keine Toten, was den Schluss nahelegt, dass es die geringere Stabiltät und das geringere Gewicht waren, die die Yachten von 1979 in Schwierigkeiten brachten.
In den Jahren vor 1979, und besonders im Jahr 1977, herrschte immer wieder Leichtwind beim Fastnet Race, wodurch unter Umständen falsche Erwartungen aufkamen. So nahmen 1979 zahlreiche Yachten teil, die zuvor noch keine einzige RORC-Hochsee-Regatta gesegelt hatten, und es waren insbesondere diese Yachten, die Probleme bekamen. Genau wie in anderen hochspezialisierten Sportarten muss auch beim Hochsee-Regattasegeln immer mehr und fortwährend trainiert werden.
Es gab eine Serie gebrochener Ruderblätter aus Kohlefaser, die alle vom selben Hersteller kamen, der die Verarbeitung dieses modernen Materials noch nicht gemeistert hatte. Ein Ruderblatt aus Kohlefaser hat den Vorteil, das Gesamtgewicht der Yacht zu reduzieren sowie dem Heck mehr Auftrieb zu verleihen, was sich beim Krängungstest zugunsten eines besseren Handicaps auswirkt.
Auf der ECLIPSE bemerkten wir, dass der Wind auf rund 40 Knoten nachließ, als wir uns dem Fastnet Rock näherten. Nachdem wir um die Wendemarke herum waren, überlegten wir sogar kurzzeitig, mehr Segelfläche zu setzen. Doch dann traf uns eine ungeheure Böe aus Nordwest und wir bargen das dreifach-gereffte Großssegel und ließen nur die Sturmfock über Nacht stehen.
Aufgrund der barometrischen Daten unseres Konkurrenten erklärte der Meteorologe Alan Watts die unterschiedliche Heftigkeit des Sturm damit, dass es zu einem Tief innerhalb eines Tiefs gekommen war. Die Isobarenkarte zeigte ein ausgedehntes Tiefdruckgebiet in dem es einzelen Zellen mit noch geringerem Luftdruck gab. Das mag das wohl schwerste Wetter im Gebiet der Labadie-Untiefen erklären.
Beim Sturm von 1979 war auch bemerkenswert, dass er nicht vorhergesagt wurde, obwohl das wenig Unterschied gemacht hätte, denn die meisten Yachten befanden sich bereits weit draußen in der Irischen See. Man hatte das Tief bereits ausgemacht, doch intensivierte es sich sehr schnell und genau bei Annäherung an die Britischen Inseln. Die erste Vorhersage mit Sturmwarnung (SW 5-6 zunehmend auf 6-8) kam am 13. August um 17:50 Uhr, während die tatsächliche Windgeschwindigkeit bereits gute Bft 8 betrug und weiter anstieg. Nachdem der Sturm schon durch war, meldete der Seewetterdienst immer noch Windstärke 10, so als wollte man die verspätete Ankündigung wieder gutmachen. Das hatte den Effekt, dass einige Teilnehmer annahmen, ein zweiter Sturm sei im Anzug und Boote unnötigerweise vorzeitig aufgegeben wurden.
Die Berichte vom Fastnet Race 1979 ließen keine Sturmtaktik erkennen, die sich klar bewährt hätte, aber es gab einige Empfehlungen, die alle bis auf eine auch heute noch Gültigkeit besitzen. Eine Empfehlung, die nicht rigoros umgesetzt wurde, war, die Stabilität zu verbessern.
Vasco Da Gama Race 1984
Nach dem enormen öffentlichen Interesse an allem, was mit dem Fastnet-Desaster zusammenhing, glaubten die Leute, die Lektion von 1979 sei verstanden worden. Am 26. April 1984 verursachte ein nicht vorhergesagter Sturm ein Chaos unter den 29 Teilnehmern am Vasco da Gama Race von Durban nach East London. Wind von mindestens 60 Knoten blies über sechs Stunden lang gegen den Aghulasstrom und erzeugte eine See, die drei Yachten zum Sinken brachte und den Zweitonner SENSATION an die Küste warf. Eine der gesunkenen Yachten, die RUBICON, verschwand spurlos. Drei Yachten kenterten vollständig durch. Dabei verlor beispielsweise die SPIFFERO, eine Dufour 34, ihren Mast und die an Deck gestaute Rettungsinsel. Die Maschine und die Batterie lösten sich von ihren Halterungen. Die Rettungsinsel ging verloren, und als das Durcheinander beiseitegeräumt war, überschlug sich die Yacht ein zweites Mal. Der offizielle Bericht, an dem nicht zu zweifeln ist, besagt, dass die Yachten kompetent besetzt waren und dass alle Sicherheitsvorschriften eingehalten wurden. Die Frage, die bleibt, lautet: Sind moderne Yachten ausreichend optimiert für schweres Wetter?
Oktobersturm im Englischen Kanal 1987
Im Oktober 1987 verursachte ein kurzer, aber ungewöhnlich heftiger Sturm mit Windgeschwindigkeiten von mehr als 100 Knoten gewaltige Schäden an Gebäuden und in den Wäldern Frankreichs und Englands. In Frankreich wurde der Sturm exakt vorhergesagt, aber nicht in England. Zwei von vier Yachten, eine Contessa 32 und eine Hallberg Rassy 42, gerieten in den Sturm und überlebten ihn ohne Durchkenterung. Eine andere Yacht, die einen konventionellen Rumpf mit geringem Tiefgang hatte, überstand eine 360°-Kenterung und eine vierte, mehr auf Leistung getrimmte Yacht mit relativ geringer Stabilität kenterte komplett durch und versank später, nachdem sie heftig mit dem Rettungsboot kollidiert war und aufgegeben wurde. Sie wurde nie gefunden. Diese beiden Yachten hatten beigedreht gelegen. Menschenleben waren nicht zu beklagen. Die größte Yacht mit geringer Stabilität kam am schlechtesten