Schwerwettersegeln. Peter Bruce

Schwerwettersegeln - Peter Bruce


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schmalen traditionellen Yachten reicht der positive Stabilitätsumfang bis 150°. Sie richten sich nach jeder Kenterung wieder auf. Solch einen Stabilitätsumfang betrachten moderne Designer als unnötig und konservativ. Er lässt sich mit einer modernen Rumpfform auch sicherlich nicht erreichen. Gewöhnlich waren die traditionellen Rumpfformen mit geringer Breite und tiefem Rumpf gegen Kenterungen resistenter, aber das Verhältnis von Wellenhöhe zu Bootsbreite ist der allergrößte Faktor. Größere Yachten sind bei vorgegebenem Seegang sicherer, so lange sie nicht mit einem Brecher konfrontiert werden, der so hoch ist, dass er sogar diese Yacht zum Kentern bringt. Dieser Umstand hat zu Vorschlägen für Stabiliätsanforderungen geführt, die mit der Größe variieren (s. Abb. 3.1).

      Ohne Zweifel gibt es viele Yachten, die von einer brechenden Welle auf den Rücken gelegt und beschädigt werden. Ebenso sicher ist es, dass sich einige nicht wieder aufrichten. Und all das, obgleich man bei Sturm damit rechnen muss, mehrmals von großen Wellen getroffen zu werden.

      Unglücklicherweise wirken sich die oben beschriebenen Eigenschaften moderner Yachten – wie wir alle wissen – nachteilig auf die Sicherheit in einer Überlebenssituation aus. Das Augenmerk liegt eher auf Schnelligkeit, Geräumigkeit und Bequemlichkeit bei angenehmen äußeren Bedingungen.

      Die Gefahr von angenäherten Taxierungen veranschaulicht der Vergleich zweier Stabilitätskurven von Yachten aus derselben Klasse. Es handelt sich jeweils um eine 8,70 Meter lange Yacht aus einer Serienproduktion (s. Abb. 3.2). Die eine Yacht hat laut Zeichnung ein konventionelles Rigg und eine positive Stabilität bis 127°. Bei der anderen Yacht mit dem in den Mast zu rollenden Groß und der Rollgenua liegt der Kenterwinkel bei bereits 96°. Das zusätzliche, hoch positionierte Gewicht hat den Wert um 31° vermindert. Derartigen Effekten kommt man nur mit einem Krängungsversuch und einer konventionellen Berechnung auf die Spur.

      Es gibt zwei Aspekte zur Beurteilung der Stabilität: Zum einen muss der Umfang sorgfältig berechnet werden und zum anderen muss eine ausreichende, auf Erfahrung beruhende Zugabe einberechnet werden. Je mehr man auf ein Annäherungsverfahren angewiesen ist, umso größer sollten der Sicherheitsfaktor und die Minimalanforderungen sein.

      Die Sportbootrichtlinie legt Sicherheitsanforderungen für Konstrukteure und Werften fest, wie sie seit 1998 in Kraft sind. Die internationale Arbeitsgruppe (WG22) hat dazu die ISO-Norm 12217 veröffentlicht, die die Überprüfung dieser Anforderungen beschreibt und laufend weiterentwickelt wird. Um eine Übereinkunft zwischen zahlreichen Ländern sowie den Vertretern der Hersteller zu erzielen, musste ein starker Kompromiss in Kauf genommen werden. Die Stabiltät wird je nach Entwurfskategorie als ausreichend betrachtet, wenn der STIX-Wert ausreichend hoch ist. Dieser Wert wird aus der Länge und einigen Berichtigungen sowie aus den Krängungswerten ermittelt. Einzelne negative Eigenschaften einer Yacht können dabei durch andere Faktoren ausgeglichen werden, und insgesamt ist der STIX-Wert für den Kaufinteressenten einer Yacht kein echtes Indiz für die Seetüchtigkeit. image

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       Stabilitätskurve für zwei Yachten der gleichen Klasse aber mit unterschiedlichem Rigg.

      Die Stabilität der TAKA reichte ganz offensichtlich nicht für einen orkanartigen Sturm. Sie hätte sich von der Überkopflage sehr schnell wieder aufrichten müssen. Kompromisse kann man eingehen, wenn die Yachten größer werden. Dazu sollte man die Abbildung 3.1 von Barry Deakin studieren. Er fügt hinzu, dass Annäherungsmethoden zur Feststellung des Stabilitätswertes bei stabileren Yachten akzeptabel sind, bei kleineren Yachten jedoch müssen umfangreichere und exaktere Methoden angewandt werden. Das trifft auf die meisten Regattaboote zu.

      Nicht nur Rollsegel verringern in hohem Maße die Stabilität (Abb. 3.2), sondern auch Radarantennen, Radarreflektoren, Spinnakerbäume, die vor dem Mast angeschlagen werden sowie Maststufen. Alle Dinge, die über der Wasserlinie gestaut sind, haben großen Einfluss auf den Kenterwinkel. Dazu zählen insbesondere Außenborder, Rettungsinseln, Lebensmittel, Werkzeuge, Ersatzteile und Ausrüstungsteile wie Anker, Generator, Heißwasserboiler usw. Das Problem ist – wie man sieht – nicht allein auf kleine Yachten beschränkt. Es gibt eine Reihe von Superyachten, die nur dann Segel setzen, wenn die Bedingungen freundlich sind, weil sie bei der viel zu hohen Anordnung der Ausrüstungsgegenstände einen viel zu geringen Tiefgang haben. Es ist interessant, dass sich die TAKA erst nach 45 Minuten von allein aufrichtete. Eine Yacht sollte sich auch aufrichten, wenn sie voll Wasser gelaufen ist. Bei ruhiger See dürfte der Prozess noch schneller ablaufen. Nach dem Aufrichten hat sie in der Regel ausreichend Längsstabilität, um sich über Wasser zu halten und nicht sofort wieder umzukippen. Auspumpen ist – so unangenehm es auch sein mag – besser, als in die Rettungsinsel zu steigen.

      Die Teilnehmer am Vendée Globe Challenge 1996/97 hatten wenig Glück. Es zeigte sich bei dieser Einhand-Weltumseglung wieder einmal, dass die Kiele und der mangelhafte Stabilitätsumfang den Hauptausschlag gaben. Diese Regatta ist weit davon entfernt, gute Ideen für die Fahrtensegler abzuwerfen, weil bis heute nur Yachten daran teilnehmen, die nichts verzeihen. Immer mehr werden die Vendée-Globe-Yachten wie Mehrrumpfboote im Hinblick auf eine mögliche Kenterung konstruiert, zum Beispiel durch den Einbau von Fluchtluken. Es wäre jedoch wünschenswert, dass die Boote genügend Stabilität haben, um sich selbst aufzurichten. Ein bekannter Fall ist der von Thierry Dubois mit seiner AMNESTY INTERNATIONAL, einer Open 60. Beim Vendée Globe Race 1996/97 blieb die Yacht trotz hoher Wellen und dem Fluten eines Seitenwasserballasttanks auf dem Kopf liegen. Der Konstrukteur sagte, die Yacht habe bereits, als sie noch segelte, viel Wasser übernommen; für das Aufrichten der Yacht sei es notwendig gewesen, durch ein Seeventil Luft abzulassen, um noch mehr Wasser ins Innere zu bringen. Dass Isabelle Autissier im Februar 1999 bei der Einhandregatta um die Welt im Südpazifik kenterte und ihre Yacht verlor, weil diese sich nicht wieder aufrichtete, lässt vermuten, dass man bei der Konstruktion von Yachten für Einhandregatten bis heute keine Fortschritte gemacht hat. Die Stabilitätseigenschaften und insbesondere der Kenterwinkel sind Informationen, die eingeholt werden können und müssen, bevor man eine Yacht fürs Blauwassersegeln kauft. Diese Informationen sollten sowohl die Änderung der Werte durch Rollsegel, Radarantenne und andere Dinge oben am Mast enthalten als auch die Werte berücksichtigen, die aufgrund von Zusatztanks für Treibstoff, von an Deck gestauten Mofas und einer Menge unter Deck verstauter Lebensmittel und Ausrüstungsteile zustande kommen. Mit diesen Informationen hat man einen guten Anhaltspunkt für die Abschätzung der realen Stabilität der Yacht. In bestimmten Fällen hat man bei Regattabooten eine ausreichende oder mehr als ausreichende Stabilität durch eine Bleibombe erreicht, die tief an einer Kielflosse hängt. Solche Yachten sind aber für Fahrtensegler völlig ungeeignet, weil der Tiefgang viel zu groß ist.

      Andere Yachten haben sich vermutlich nicht wieder aufgerichtet, weil der Kiel abgebrochen war. Kiele mit kleinem Breite-Höhe-Verhältnis – sie sind besonders tief (Höhe) und haben eine sehr schmale Kielflosse (Breite) – brauchen ein besonders stabiles Kielfundament. Es ist nicht leicht, in Kürze darzustellen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass solch ein Kiel abbricht. Vielleicht könnte ein Gutachter einen Rat geben. Vergrößert man die Festigkeit der Kiel-Rumpf-Verbindung, verliert die Yacht kaum an Leistung und anderen charakteristischen Merkmalen. Für das Designbüro ist das eine Kleinigkeit.

       Cape Town to Rio-Race, eine Regatta im Südatlantik, Januar 2014

      Die Regatta von Cape Town nach Rio de Janeiro, auch South Atlantic Race genannt, wird seit 1971 ausgetragen. Im Jahr 2014 war das größte der teilnehmenden Boote die MASERATI, ein Volvo 70, während zu den kleinsten Booten eine Sunfast 32 zählte. Meist bietet der Kurs unkompliziertes Vorwindsegeln, was nicht bedeutet, dass die Teilnehmer nicht auf Alles vorbereitet


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