Schwerwettersegeln. Peter Bruce
Die Windgeschwindigkeit wurde mit über 52 Knoten und die Wellenhöhe mit 6 Metern angegeben. Auf der BILLIE, einer Bavaria 54, brach der Mast und ein Mann ging über Bord, der traurigerweise nach seiner Bergung verstarb. Die übrigen vier Besatzungsmitglieder erlitten schwere Verletzungen und wurden von der Marine geborgen. Die BLACK CAT, ein Sperrholzbau vom Typ Didi 38 nach Plänen von Dudley Dix, der selbst auch an Bord war, verlor ihr Ruder und kenterte später noch durch, während sie steuerlos trieb. Vermutlich war das Ruder schon vor der Regatta beschädigt worden. Auf der ISLA brach ein Feuer in der Elektrik aus. Zehn Yachten gaben das Rennen auf, mehr ein Anzeichen dafür, was noch hätte passieren können, obwohl es schon schlimm genug war. Die Geschehnisse machten deutlich, dass es auch auf modernen Yachten, die allen Vorschriften genügten, zu Mastbruch, Ruderverlust und Kenterung kommen kann und dass Segler über Bord fallen können.
CHEEKI RAFIKI, Mai 2014
Nach dem Sieg bei einer Regatta in Antigua, befand sich die starke und erfahrene Crew der Beneteau 40.7 CHEEKI RAFIKI bereits auf ihrem Heimweg nach England, als sie einen Wassereinbruch meldete und den Kurs zu den Azoren hin änderte. In den frühen Morgenstunden des 16. Mai 2014 brach der Kontakt ab. Später am gleichen Tag wurden Notfunkbaken aktiviert. Nach langer Suche nach Überlebenden entdeckte ein Hubschrauber der US Navy das Wrack etwa 1600 Kilometer östlich von Massachusetts. Zu Beginn der Suche meldete die US Coast Guard Windgeschwindigkeiten von über 40 Knoten und eine Wellenhöhe von 4,5 Metern.
Der tiefe, schmale Kiel einer Beneteau 40.7. Bemerkenswert ist der Kontrast zum wesentlich älteren Design des Bootes im Hintergrund.
Nach der Sichtung durch den Hubschrauber nahm ein Boot der US Navy Kurs auf die Unglücksstelle und fand die gekenterte und vollgelaufene Yacht am 23. Mai mit abgebrochenem Kiel kopfüber treibend. Die Rettungsinsel befand sich noch in ihrer Halterung. Von der Crew fehlte jede Spur.
Das Unglück und die verzweifelte Suche nach Überlebenden machten international Schlagzeilen. Die Beneteau First 40.7 ist ein bekannter Bootstyp, entworfen und gebaut von namhaften Unternehmen. Es handelt sich um einen typischen modernen Entwurf mit einem vergleichsweise schlanken, tiefgehenden Kiel. Ohne das Boot untersuchen zu können, kann man nur spekulieren, dass die sechs Grundberührungen, die lange Zeit vor der Kenterung im Atlantik noch in England passiert waren, bereits zu strukturellen Problemen geführt hatten. Pat Shaughnessy von Bruce Farr Yachtdesign, wo die Yacht gezeichnet wurde, kommentiert:
Die hochauflösenden Fotos, die von einem vorbeifahrenden Frachtschiff aus von der Rumpfunterseite aufgenommen wurden, legen die Vermutungen nahe, dass die vorderen Kielbolzen aufgrund einer Zugbelastung gebrochen sind, was mit einer Grundberührung übereinstimmen könnte. Es hat den Anschein, dass die innere Struktur und der Rumpf rund um den Kielflansch durch die mittleren, paarweise angeordneten Kielbolzen und eine seitlichen Belastung beschädigt wurden. Der Kiel selbst, die Muttern und Unterlegscheiben scheinen vom Rest des Rumpfes getrennt worden zu sein. Auch die hinteren Kielbolzen scheinen aufgrund von Zugbelastung gebrochen zu sein. Was von ihnen noch übrig ist, zeigt starke Rostspuren, was wiederum auf einen älteren Schaden hinweisen könnte. Aber all das sind nur Beobachtungen aus der Ferne und der Versuch einer möglichen Erklärung.
Für den Bericht der Unfalluntersuchungskommission (Marine Accident Investigation Branch, MAIB) sicherten die Konstrukteure jegliche Hilfe zu, mussten aber keine weitere Stellungnahme abgeben. Der Bericht kam zum selben Ergebnis, dass nämlich der Kiel und seine Befestigung über einen langen Zeitraum hinweg nach und nach durch Grundberührungen beschädigt wurden und sich dann der Kiel in stürmischem Wetter vollständig abgelöst hatte. Beneteau erklärte dazu, dass bei der 40.7 der Kiel abgenommen werden muss, um nach einer stärkeren Grundberührung die Verbindung zwischen Rumpf und innerer Vertärkung überprüfen zu können, was bei der CHEEKI RAFIKI nicht geschehen war. Bei vier weiteren Beneteau 40.7 wurden Schäden an dieser Verbindung festgestellt. Im Bericht wurde aufgenommen, dass es möglicherweise noch mehr Grundberührungen gegeben hatte, als die, die gemeldet wurden, sicherlich aber nicht während der Regatta in Antigua, an der die Yacht vor dem Unglück teilgenommen hatte. Der Bericht wies auf das Problem hin, ohne eine Lösung vorzuschlagen, dass eine Rettungsinsel und eine Notfunkbake so gestaut werden sollten, dass sie sowohl bei aufrechter als auch bei gekenterter Lage der Yacht zugänglich sind. Als Randnotiz sollte erwähnt werden, dass der Skipper den Kurs nach dem festgestellten Wassereinbruch nicht nach Bermuda abänderte, weil keine entsprechenden Seekarten an Bord waren.
Eine Lehre ist, dass man jede Grundberührung ernst nehmen muss und von einem qualifizierten Gutachter gründlich untersuchen lassen sollte.
Im Nachhinein ist man immer klüger, aber es sollte angemerkt werden, dass Seekarten von allen möglichen Zufluchtshäfen bei einer Atlantiküberquerung an Bord sein sollten, nicht nur für den Fall, dass es zu Schäden am Boot kommt, sondern auch wenn sich ein Mitglied der Besatzung verletzt, krank wird oder es zu wichtigen familiären oder geschäftlichen Problemen kommt. Wäre der Kurs auf Bermuda abgesetzt worden, vielleicht um mehr Treibstoff zu bunkern, hätten die Dinge unter Umständen einen anderen Verlauf genommen.
Die MAIB hat für die Zeit von 1984 bis Oktober 2013 eine Liste mit 72 Vorfällen zusammengestellt, bei denen es zu einem Kielversagen auf Yachten gekommen ist. Diese Zahl macht deutlich, wie wichtig die Konstruktion der Kielbefestigung nach wie vor ist.
VESTAS WIND, 2014
Am 29. November 2014 krachte die 65-Fuß-Yacht VESTAS WIND im Volvo Ocean Race mit 19 Knoten Bootsgeschwindigkeit auf das abgelegene Riff Cargados Carajos im Indischen Ozean, welches beim eingestellten Zoomfaktor am Kartenplotter nicht angezeigt wurde. Zum Glück wurde niemand verletzt. Auch die Yacht brach während des folgenden Wellenschlags gegen das Riff nicht auseinander und konnte später geborgen werden. Beim Aufprall auf das Riff wurde die Yacht herumgedreht, sodass der Bug zum offenen Meer zeigte. Obwohl die Kielbombe und die Ruder abgebrochen waren und das Heck schwer beschädigt war, so war es doch erstaunlich, dass der Kiel – den Konstrukteuren sei Dank – noch fest war.
Weitere fragwürdige Design-Entwicklungen
Andere moderne Entwicklungen, neben ungenügender Stabilität und schwachen Kielbefestigungen, bei denen Käufer vorsichtig sein sollten, sind: ein flaches Unterwasserschiff im Bugbereich, das zu hartem Einsetzen führt, Großschotbefestigung unmittelbar vor dem Steuerstand, wodurch die Steuersäule bei einer Patenthalse zerstört werden kann, Luken, die nur so weit aufgehen, wie es ihre Scharniere zulassen und bei mehr Druck brechen, Seeventile aus Messing, die sich durch Korrosion auflösen und brechen, ein schwach ausgeführter Ruderskeg, große Fenster aus Acryl, die allzu leicht brechen können, schwache Kajütaufbau-Konstruktionen, die durch Seeschlag zerschmettert werden können, offene Schwertkästen, über die das Boot volllaufen kann, schwache Backskistendeckel, die abbrechen und ein riesiges Loch hinterlassen können, eine schwache Ruderanlage, die im Sturm überlastet ist, ein in »high tech« gefertigter, aber nicht ausreichend geprüfter Rumpf in Kompositbauweise, nicht in der Mitte angebrachte Luken, schwache und ungesicherte Steckschots, Gegenstände, die aufgrund ihres Gewichtes alles zerschlagen können, wie Motor, Batterien, Anker, Diesel- und Wassertanks sowie Auspuffanlagen, die möglicherweise nicht verhindern, dass Seewasser zum Motor läuft oder dass Auspuffgase nach vorn ins Cockpit oder unter Deck strömen können. Viele Regattayachten haben heute große, offene und flache Cockpits, die nur geringen Schutz vor den Elementen bieten sowie unzureichende Backskisten und unbequeme Kojen. Die Festigkeit der Riggs wurde mittlerweile durch die neuen Vermessungsregeln verbessert.
Bei modernen Yachten sieht man immer häufiger Doppelruder, die seitlich ausgestellt und nicht auf der Mittellinie des Rumpfes angebracht sind. Bei dieser Anordnung kann es leicht zu Beschädigungen kommen, weil der Kiel die Ruder nicht schützt. Fällt eins der Ruder aus, kann nur auf dem gegenüberliegenden Bug weitergesegelt werden. Das geringe Breite-Höhe-Verhältnis