Schwerwettersegeln. Peter Bruce
riesige Quermomente bei der kleinsten Belastung auf. Ein an einem Skeg befestigtes Ruder ist aufgrund seiner Struktur stabiler als ein freistehendes. Es ist ein gutes Argument, bei Yachten, die vornehmlich zum Fahrtensegeln benutzt werden, einen Skeg zu verwenden. Dabei ist zum einen das Ruder besser geschützt, und zum anderen reißt die Strömung nicht so leicht ab. Der Skeg muss natürlich sehr stabil gebaut sein, weil ansonsten nicht nur die Steuerfähigkeit verloren geht, sondern auch ein Loch unter der Wasserlinie auftreten kann. Ein Eigner der vielen Yachten, die in einen bösen Atlantiksturm gerieten, berichtet: Die meisten Yachten liefen nach dem Sturm zu den Azoren und wurden wegen gebrochener Ruder auf einer Slipanlage aus dem Wasser geholt. Die Anzahl von Yachten mit Rudern hinterm Skeg war genau so groß wie die mit freistehenden Rudern. Merkwürdigerweise war bei einigen Yachten der Skeg abgerissen worden und im Rumpf ein Loch entstanden, eine schwierigere Situation als bei den freistehenden Rudern.
Senkrechte Vorsteven sind ein weiteres Merkmal moderner Yachten, das die Vermessungsregeln hervorgebracht haben. Elegante, weit überhängende Bugs verursachen einen rasch anwachsenden Auftrieb, wenn der Bug eintaucht, und verhindern regelmäßige »Unterwasserfahrten«; ein steiler Bug tut das nicht.
Zusammenfassung
Man muss verstehen, dass Designer und Werften Spaß daran haben, die traumhaften Leistungen von Regattabooten auf Fahrtenyachten zu übertragen, zumal die Leute schnelles Segeln wünschen. Aus diesem Grund muss jeder potenzielle Käufer einer Blauwasseryacht sorgfältig prüfen, ob er eine für dieses Vorhaben – und für andere Dinge, die er im Kopf hat – zutreffend entworfene und entsprechend gebaute Yacht erwirbt. Die Einteilung in die Kategorien gemäß der Sportbootrichtlinie garantiert unter Umständen nicht die Eignung für extrem schweres Wetter. Der Käufer einer Regattayacht sollte ebenso vorsichtig sein. Die Suche nach Leistung und Spannung geht in den meisten Fällen auf Kosten ausreichender Stabilität, des guten Seeverhaltens und der notwendigen Festigkeit. Darüber hinaus lag das Handling einer solchen Yacht bei Starkwind vielfach über der Fähigkeit der zunächst begeisterten »Amateurcrew«.
Für einen besonnenen Blauwassersegler sind die daraus folgenden Konsequenzen bei einem Kauf sehr einfach: Am besten ist eine solide Yacht, die mehrfach ihre Stabilität bewiesen und keine Beziehung zu den derzeitigen Regattazüchtungen hat, sondern viele vernünftige Konstruktionsmerkmale aufweist, wie sie der verstorbene Olin J. Stephens, ein vormaliger Meister unter den Designern seetüchtiger Yachten, in Kapitel 1 beschreibt. Solche Überlegungen sollten zu einem vernünftigen Boot führen. Weiterhin sollte ein anderes Argument in die Überlegungen einbezogen werden: Wenn vor der Küste oder auf den Ozeanen segelnde Crews bei mehr als Beaufort 8 immer wieder die Hilfe von Rettungsmannschaften benötigen, könnten Regierungen zu dem Schluss gelangen, dass Segler nicht in der Lage sind, ihre Angelegenheiten selbst richtig in die Hand zu nehmen. Die Konsequenz wäre, Sicherheitsanforderungen an Freizeityachten durch alle möglichen unsympathischen Gesetze zu regeln. Das wird dann teuer und nachteilig für alle.
Man kann nur hoffen, dass sich der Bau und die Konstruktion von Yachten kontinuierlich verbessern, aber nicht auf Kosten guter Stabilität und guter Kielbefestigungen sowie anderer, weniger vordergründiger, aber wichtiger Eigenschaften. Die Last liegt dabei auf den Schultern der Regelmacher. Die Seetüchtigkeit muss wichtiger sein als die Jagd nach immer größeren Etmalen.
4. Masten und Bäume für Schwerwettersegeln
MATTHEW SHEAHAN UND HARRY JAMES
Bei Schwerwetter an der Küste entlang von Hafen zu Hafen zu springen ist eine ganz andere Sache, als auf Blauwasserfahrt zu gehen und große Etappen an einem Stück zurückzulegen. Wenn dann die Bedingungen weit draußen auf See hart werden, sind Unabhängigkeit von Versorgungseinrichtungen sowie Vertrauen ins Boot und die Ausrüstung überlebenswichtig.
Das Rigg ist der wichtigste Antrieb an Bord und somit in vielerlei Hinsicht die Grundlage für das Wohlergehen der Crew. Verliert man das Rigg, steht man vor der Gefahr, noch mehr zu verlieren als nur die Antriebskraft. Die Kommunikation nach außen kann total ausfallen. Bei längerer Dauer der Fahrt bis zum nächsten Hafen reicht möglicherweise der Vorrat an Proviant, Trinkwasser und Treibstoff nicht aus. Je nach Bootstyp verändern sich die Bootsbewegungen total – insbesondere bei hochgehender See – und machen das Leben an Bord sehr ungemütlich.
Vorsicht ist besser als Nachsicht! Obgleich es nie möglich ist, für die Sicherheit eines Riggs zu garantieren, gibt es einige Wege, das Risiko eines Verlustes zu minimieren. Deshalb überlegen wir in diesem Kapitel zuerst, wie man das Risiko klein hält, und anschließend, was zu tun ist, wenn der schlechteste Fall eingetreten ist. Zunächst aber eine kurze Abhandlung über die am weitesten verbreiteten Takelungsarten und was sie voneinander unterscheidet.
Takelungsarten
Es gibt eine Reihe historischer Gründe für die Entwicklung der Vielzahl von Riggs, die man heute sieht. Der Hauptgrund für die Unterschiede liegt im praktischen Umgang mit der vorhandenen Segelfläche. Moderne Rollanlagen und Reffsysteme haben viel zur Vergrößerung der Segelplans beigetragen, weil sie heute leicht von – sagen wir mal – zwei Mann bedient werden können. Ab einer bestimmten Yachtgröße spielt die Konfiguration des Riggs bezüglich der Bedienung der Segel eine wichtige Rolle.
Bei Yachten bis etwa zwölf Meter Länge findet man in der Regel ein Bermudarigg mit Masttopptakelung, weil es einfach und leicht zu bedienen ist. Bei mehr als zwölf Meter Länge ist die Kuttertakelung vorteilhaft. Sie hat ein geteiltes Vorsegeldreieck mit zwei Segeln, der Fock (an dem inneren Vorstag) und davor dem Klüver. Beide Segel kann man einzeln oder auch gleichzeitig setzen. Diese Anordnung erleichtert das Trimmen, Kreuzen und Wechseln der Vorsegel und ist somit ideal fürs Schwerwettersegeln. Die am inneren Vorstag gesetzte Sturmfock und das mehrfach gereffte Groß bilden ein optimales Segelstell.
Die CERAMCO NEW ZEALAND unter Skipper Sir Peter Blake verlor beim Whitbread Round the World Race 1981/82 150 Seemeilen nördlich von Ascension den Mast, nachdem das linke untere Stabwant an der Stelle gebrochen war, wo es um die untere Saling geführt wird. Das obere, 15 Meter lange Teilstück des Mastes wurde geborgen und an den drei Meter langen Maststummel gelascht. Bis zum Ziel in Kapstadt waren es noch 2455 Seemeilen. Hinzu kam jedoch ein Umweg von mehr als 1000 Seemeilen, um günstige Winde zu finden. Einmal gelang der Crew mit dieser Notbesegelung ein Etmal von 238 Seemeilen.
Seit dem Aufkommen der modernen Reffsysteme, durch die die Bedienung der Segel erleichtert wird, sind Yachten mit Ketsch- und Yawltakelungen nicht mehr so populär. Sie haben noch ihre Bedeutung bei der Aufteilung der Gesamtsegelfläche in kleine, bedienbare Flächen bei Yachten von 16 Meter Länge und mehr. Zwei Masten zu haben bedeutet: Zur Not hat man einen Ersatzmast, der – obgleich kleiner – bei dem Verlust des einen zum Hauptmast werden kann. Das wird aber nicht immer möglich sein, insbesondere dann nicht, wenn es ein Verbindungsstag zwischen dem Hauptmast und dem Besan gibt. Denn dieses Verbindungsstag reißt bei Bruch eines Mastes in der Regel den anderen Mast mit über Bord. Ein Besanmast hat folgenden Vorteil: Eine Sturmfock am Hauptmast und das Besansegel ergeben zusammen eine sehr gut ausbalancierte Schwerwetterbesegelung.
Schonertakelungen, bei denen der vordere Mast kleiner ist als der hintere, haben ähnliche Vorteile wie Ketsch und Yawl. Hier ist die Gesamtsegelfläche ebenso unterteilt. Dadurch hat man bei Schwerwetter mehr als eine Möglichkeit, die Segelfläche den gegebenen Bedingungen anzupassen und die Yacht auszubalancieren. Noch einmal: Bei Verlust eines Mastes ist die Chance nicht gering, dass wenigstens einer stehen bleibt.
Obgleich unverstagte Masten nicht