Schwerwettersegeln. Peter Bruce
target="_blank" rel="nofollow" href="#fb3_img_img_c0f844f2-c03f-5d0c-80be-51b55ea8a273.jpg" alt="image"/> Drahtstücke länger als das längste Stag und nicht dünner als das dickste Want oder extralange Schraubterminals für Verlängerungen
5. Sturmsegel
PETER BRUCE UND RICHARD CLIFFORD
Beim Blauwassersegeln braucht man für extreme Windbedingungen kleine, stabile Segel. Auf einigen Fahrtenyachten lassen sich, wenn der Wind Sturmstärke erreicht hat, kaum noch Segel setzen, wogegen andere Yachten soviel Potenzial haben, dass sie selbst bei plötzlich auftretendem Schwerwetter weitersegeln können. Mit der zunehmenden Größe der Yachten heutzutage steigt in der Regel auch das Segeltragevermögen. Da jedoch die Stärke der Crew nicht unbedingt mit ansteigt, sind auf großen Yachten mehr mechanische Hilfsmittel vonnöten. Die zwei Segel, die bei Sturm oder mehr auf einer Slup zum Einsatz kommen, sind die Sturmfock und möglicherweise das Trysegel. Regattayachten, die nach den Vorschriften für Hochseeregatten von World Sailing (früher ISAF) segeln, und das sind weltweit nahezu alle Regattayachten, müssen eine Sturmfock, die unabhängig vom Vorsegel gesetzt werden kann, und für längere Regatten ein Trysegel an Bord haben.
Auf größeren Fahrtenyachten wird heutzutage jedoch oft eine vierte Reffreihe im Großsegel einem Trysegel vorgezogen, da selbst dieses bereits groß ausfällt und für die Crew schwer handzuhaben ist. In der Tat empfehlen Segler wie Skip Novak für die Hohen Breiten ein tief gerefftes Groß anstelle eines Trysegels. Eine vierte Reffreihe ist vom Segelmacher schnell genäht, kann aber etwas schwer einzubinden sein, wenn es die Umstände erfordern. Oft ist es unpraktisch, den Baum für eine vierte Reffleine auszurüsten, weshalb die Reffleine des ersten Reffs abgeschlagen und an der vierten Reffreihe wieder befestigt werden muss, ein anstrengendes Unterfangen, das man am besten bei Tageslicht und noch vor Ausbruch eines Sturms durchführt. Steht keine separate vierte Reffleine zur Verfügung, wird ein kluger Skipper sie bereits dann gegen die erste Reffleine austauschen, wenn das dritte Reff eingebunden werden muss. Wichtig dabei ist, eine permanente umlaufende Sorgleine von der dritten zur vierten Reffkausch am Achterliek zu führen, da man ansonsten das Großsegel erst so weit absenken muss, bis die Reffleine eingeschoren werden kann, wie es während des Fastnet Race 1979 auf der ECLIPSE beim Einbinden des dritten Reffs nötig war. Ein weiteres Problem sind die Mastrutscher, die bei einem tiefen Reff bereits so weit in der Mastnut nach oben ragen, dass die Reffkausch am Vorliek nicht mehr bis zum Lümmelbeschlag nach unten gezogen werden kann. Jetzt am Mast hochzusteigen und störende Mastrutscher aus der Nut herauszunehmen, mag bei wildem Seegang nicht sehr schlau sein. Wer sich auf ein viertes Reff verlässt, muss das Einbinden auf jeden Fall ausprobieren, bevor es im Ernstfall benötigt wird.
Diese Sturmfock wird an einem wegnehmbaren inneren Vorstag gesetzt. Das Stag wird mit einem Ratschenspanner mit klappbarem Griff gespannt.
Wenn es möglich ist, bei allen Starkwind- und Sturmsituationen Segel zu führen, kann man mit der Kombination von Sturm- und Trysegel oder stark gerefftem Großsegel gegen den Wind kreuzen. Kommt der Wind aber achterlicher als querab, genügt die Sturmfock.
Sturmfocks
Vor langer Zeit, noch bevor Rollfocks zur Standardausrüstung wurden, setzten Fahrtenyachten in der Regel Vorsegel unterschiedlicher Größe sowie eine Sturmfock, die sie am Vorstag aufzogen. Das sieht man heute nur noch sehr selten. Es ist aber ein Fehler, keine Sturmfock an Bord zu haben, auch wenn die Rollfock am Ende die Größe einer Sturmfock erreicht. Die Rollfock bleibt in der Regel bauchig und ist somit beim Segeln hoch am Wind wenig effektiv (siehe Kapitel 22). Beim Aufrollen einer 150-%-Genua entsteht ein schlechteres Segelprofil als beim Aufrollen einer nicht überlappenden 100-%-Fock, die auch dann noch gute Amwindleistung bringen kann, wenn sie zur Hälfte aufgerollt ist. Da in den meisten Fällen die Restsegelfläche hoch am Vorstag steht, nimmt die Krängung zu. In extremen Situationen wird das viel zu schwache Tuch gestreckt und reißt. Segelt man vor dem Wind, spielt das alles keine große Rolle. Dann ist ein gut aufgerolltes Vorsegel eine Option. Regattayachten müssen eine Sturmfock in vorgeschriebener maximaler Größe an Bord führen1. In der Tat kann ein Segel mit einer speziellen maximalen Größe zu groß für Starkwind oder Sturm sein. Da ist es gut, wenn man eine noch kleinere Sturmfock, eine sogenannte Spitfire-Fock an Bord hat, die sich für Windgeschwindigkeiten von etwa 35 bis 60 Knoten eignet. Ein weiterer Vorteil einer Spitfire-Fock ist, dass sie in schwerem Wetter mit zwei Spinnakerbäumen und zusammen mit der Sturmfock als Schmetterlingsbesegelung bei Kursen platt vor dem Laken dienen kann.
Die Position der Sturmsegel sollte auch hinsichtlich der Segelbalance beachtet werden, was wiederum von der Art des Riggs und der Rumpfform abhängt. Mit der Sturmfock am Vorstag segeln manche Yachten sehr leegierig, wenn kein Großsegel oder Trysegel mehr gesetzt ist. Wird die Sturmfock dagegen an einem inneren, wegnehmbaren Vorstag gefahren, können die üblichen Schotholepunkte für Amwindkurse zu weit außen liegen.
Das Gewicht des Segeltuchs für eine Sturmfock sollte dem eines Fahrtengroßsegels für Blauwasserfahrt entsprechen und auf jeden Fall ein höheres Tuchgewicht haben als die normalen Vorsegel sowie aus modernem Tuch bestehen, das so stabil ist, dass es weniger verstärkt werden muss als in der Vergangenheit. An den Kauschen ist übergroße Festigkeit notwendig, damit sie beim Schlagen nicht ausreißen. Die Ecken der Segel sollten mit Gurtbändern verstärkt und nicht einfach umgeschlagen und vernäht sein. Einige Segelmacher nähen für größere Festigkeit zusätzlich nicht einstellbare Leinen in die Lieken und Unterlieken ein. Das Segel sollte so geschnitten sein, dass das Unterliek nicht an Deck scheuert. Zusätzlich kann ein ungefähr ein Meter langer Stropp aus Dyneema oder aus ähnlich reckfreiem Material angebracht sein, um das Segel so hoch über Deck zu setzen, dass die grüne See nicht hineinfällt. Man sollte sich Gedanken über ein gut sichtbares farbiges Tuch machen oder – wenn es das nicht gibt – zumindest die Ecken in neon-rot, -rosa oder -gelb anfertigen lassen. Tuchhersteller bieten heute orangefarbiges Segeltuch in allen möglichen Qualitäten an. Man sollte aber nicht vergessen, dass das richtige Tuchgewicht