Karin Bucha Paket 1 – Liebesroman. Karin Bucha

Karin Bucha Paket 1 – Liebesroman - Karin Bucha


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es beginnt das gleiche Spiel wie immer mit ›Satan‹. Jetzt scheint er sie bereits zu kennen. Er schnuppert in die Luft, tänzelt um sich selbst und bleibt dann abwartend stehen. Unweit von ihr haben sich ein paar Pferdepfleger zusammengerottet. Aufmerksam verfolgen sie das Spiel Violas mit ›Satan‹. Diesmal hat sie sich Sattelzeug mitgebracht. Sie will versuchen, ihn aufzuzäumen. Noch nie hat sie ein so störrisches Tier unter den Händen gehabt, aber auch nie ein edleres, mit so viel Empfindsamkeit.

      Es wird ein schweres Stück Arbeit. Immer wieder gelingt es ›Satan‹, sich zu befreien, dann jagt er mit tollen Sätzen über den Rasen. Aber Viola läßt nicht locker. Sie lockt und lockt und ruft ihn leise zärtlich mit Kosenamen. Wieder hilft eine Handvoll Zucker nach, die er friedlich zermalmt.

      Dann gelingt es ihr, und wenn auch zitternd, läßt er es sich gefallen. Blitzschnell sitzt Viola im Sattel. Und nun gibt es für ›Satan‹ kein Ausbrechen mehr. Viola hat ihn völlig in der Gewalt.

      Zwar jagt er wie aus der Pistole geschossen davon, aber der wilde Ritt um das große Viereck, an den anderen Pferden vorbei, vorbei an den Pferdepflegern, die ihr mit offenen Mündern nachsehen, ist so richtig nach Violas Geschmack.

      Es ist wirklich ein wunderbarer Anblick, die grazile Gestalt auf dem Rücken des rabenschwarzen Pferdes, und wie sie ihn noch anfeuert!

      ›Satan‹ hat seinen Meister gefunden und Viola ist völlig berauscht von dem Glücksgefühl, das sie durchflutet.

      Zitternd und schweißbedeckt läßt er sich später willig von Viola in den Stall führen, wo sie selbst ihm Hafer einschüttet.

      Sie ist ebenfalls erschöpft, und die Bluse klebt ihr am Körper. Schweißbedeckt ist ihre Stirn und sauber ist sie auch nicht mehr.

      Langsam schlendert sie hinunter zum Wasser, wohin täglich die Pferde getrieben werden. Jetzt um diese heiße Mittagszeit ist weit und breit kein Mensch zu sehen. Viola bekommt Lust auf ein Bad im kuhlen Wasser. Schnell entledigt sie sich ihrer Kleider, die sie sorglos am Ufer ablegt, und dann wirft sie sich mit einem Jauchzer in die erfrischende Flut. Sie schwimmt mit weitausholenden Schlägen. Sie läßt sich auf den Rücken gleiten und von dem Wasser treiben. Als sie ermattet und doch unendlich erfrischt ist, kehrt sie zum Ufer zurück.

      Das schwarze Haar ringelt sich auf ihrem Nacken. Wie Perlen liegen die Wassertropfen auf ihrer Haut. Schade, daß sie kein Badetuch bei sich hat. So legt sie sich arglos in die Sonne, nahe dem Gebusch.

      Sie muß wohl ein wenig eingeschlummert sein. Heißer Atem streift über sie dahin. Sie spürt die Nähe eines Menschen und es liegt ihr wie Bleigewichte auf den Lidern, so daß sie sie kaum zu heben vermag.

      »Habe ich dich endlich, du schwarzer Teufel«, hört sie eine Stimme, die ihr einen Schauer über den Rücken treibt. Sie spürt ein paar widerlich heiße Hände auf ihrer Haut. Sie reißt die Augen auf – und erblickt Jochen, den Menschen, den sie aus tiefster Seele verachtet. Dicht vor ihren Augen sieht sie die seinen, voller Gier und haßerfüllt.

      Sie will schreien. Die Stimme versagt ihr. Sie will sich aus den Händen befreien. Sie hat keine Kraft dazu. Erst als diese widerlichen Hände sie umschlingen wollen, bricht es voll wahnsinniger Angst aus ihr heraus.

      »Hilfe! Hilfe!«

      Und mit diesem Hilferuf gewinnt sie auch ihre Kraft zurück. Sie kämpft mit dem baumstarken Mann. Wie eine Wildkatze zerkratzt sie ihm das Gesicht und beißt wild um sich. Aber immer mehr erlahmt ihre Kraft.

      »Hilfe! Hilfe!« Weithin dringt ihr Ruf, dann verlassen sie alle Kräfte und langsam sinkt sie in eine grundlose Tiefe. Sie hört nicht mehr, wie es seitlich im Gebüsch knackt, wie Harrys entsetztes Gesicht auftaucht.

      Mit einem Sprung ist er über Jochen. Seine Reitpeitsche bearbeitet den Mann, bis er wie ein hilfloses Bündel am Boden liegt und nur noch röchelt.

      Harry reißt sein Jackett von der Schulter und wickelt das ohnmächtige Mädchen hineim.

      Wohin, denkt er, voll zärtlicher Sorge in das wächserne Gesicht blickend.

      »Armes Ding«, flüstert er erschüttert. Am liebsten möchte er dem immer noch am Boden liegenden Mann einen Fußtritt verabreichen, doch die Sorge um Viola treibt ihn vorwärts. Er taumelt direkt in Tilo Kempens Weg. Auch er hat die Hilferufe vernommen und sofort den Weg zum Wasser eingeschlagen.

      »Der Lump, dieser Jochen«, keucht Harry. »Beinahe wäre ich zu spät gekommen. Ich glaube, ich habe ihn halbtot geschlagen«, ruft er Kempen entgegen.

      Wie selbstverständlich empfängt Kempen die leichte Last aus Harrys Armen und trägt sie an den neugierig gaffenden Männern vorbei in das Verwalterhaus.

      Hier läßt er Viola auf den Diwan gleiten. »Eine Decke«, raunt er Harry zu, der sofort zum Fußende greift und sie Kempen zuwirft. Tilo hüllt Viola sorgfältig hinein.

      »Sie muß sofort ins Bett«, sagt er und nimmt sie auf seine Arme. »Kommen Sie mit, Mister Harry, bitte.«

      Von dem Augenblick, da die beiden Reiter, Kempen voran mit seiner stillen Last, vordem Herrenhaus ankommen, überschlagen sich fast die Ereignisse.

      Kempen bringt alles auf die Beine. »Einen Arzt!« ruft er Brigitt zu, die vor Schreck wie gelähmt ist. Selbst Hertha Springer kommt die Freitreppe herabgelaufen. Und dann erscheint auch Feodora Kempen, angelockt von dem plötzlichen Lärm.

      Langsam kommt sie die Treppe herab, Schritt um Schritt. Sie sieht nicht Kempen mit der Gestalt in der Decke, sie sieht nur den nachfolgenden Mann, den Mann mit der drahtigen Figur, den hellen Augen im tiefbraunen Gesicht und dariiber die schlohweiße Haarkrone.

      »Jakob Hermann!« schreit sie auf mit einem Schrei, der allen schreckhaft durch die Glieder fährt.

      Auch Harry hat die Frau erkannt.

      »Feodora Kempen!« Sein Gesicht ist hart, seine Stimme kaum wiederzuerkennen. Unendliche Verachtung liegt in diesem kurzen Ausruf. Ihn stört es nicht, daß die Frau kurz vor ihm zu Boden stürzt, noch einmal seinen Namen rufend, der schaurig genug von den Wänden widerhallt.

      »Jakob Hermann!«

      Alle sind wie erstarrt. Selbst Kempen zögert für Sekunden, ehe er Viola hinauf in ihr Zimmer trägt.

      »Kommen Sie, Hertha«, ruft er Hertha Springer zu, die nicht weiß, soll sie der leblosen Frau am Boden helfen oder Kempen folgen. Er nimmt ihr die Entscheidung ab und so folgt sie ihm willig. Indessen bemüht sich Brigitt um Feodora Kempen.

      Johann und die beiden Stubenmädchen, sowie Brigitt tragen den schwergewordenen Körper Feodoras hinauf in deren Räume.

      Harry steht unschlüssig. Nicht eine Hand hat er mit angelegt, um die Frau in ihr Zimmer zu tragen. Die Arme verschränkt, lehnt er am Geländer und blickt aufwärts.

      Dann wendet er sich um, entdeckt den Apparat und läßt sich mit dem nächsten Arzt verbinden.

      Ruhelos geht er in der Halle umher. Manchmal bleibt er stehen und lauscht nach oben. Als endlich Kempen erscheint, atmet er auf und geht rasch auf ihn zu.

      »Nun?«

      »Ein Arzt muß her«, erklärt Kempen mit undurchdringlicher Miene. »Wie konnte das nur mit Viola geschehen?«

      Kempen geht hinüber zur Hausbar und schüttet sich und Harry einen Kognak ein. »Hier, Harry, ich glaube, wir haben das beide nötig.«

      »Ja, wenn ich das nur wüßte, wie Viola auf den Gedanken gekommen ist zu baden. Sie hat sich mit ›Satan‹ beschäftigt und muß wohl reichlich abgekämpft gewesen sein.« Er macht einen verstörten Eindruck. »Warum habe ich sie nicht begleitet? Wie konnte ich wissen, daß sich dieser Halunke herumtreibt?«

      Kempen kippt den Inhalt seines Glases hinunter. Wie Feuer brennt es in seiner Kehle. Er sieht nur immer das süße Gesicht vor sich, die ganze zarte, hilflose Erscheinung Violas, und stöhnt tief auf.

      Eine Frage brennt ihm noch auf den Lippen, doch er unterläßt sie. Voll Unruhe wartet er auf den Arzt.

      »Welchen


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