Gesammelte Werke. Джек Лондон

Gesammelte Werke - Джек Лондон


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Sie das zu­rück­neh­men«, rie­fen die jun­gen Frau­en.

      Bil­ly fass­te Mut und ant­wor­te­te lang­sam und mit ei­nem be­ru­hi­gen­den Lä­cheln:

      »Aber des­halb blei­be ich doch lie­ber der alte, als dass ich mir an all den Bü­chern den Ma­gen ver­der­be. Und was Sa­xon be­trifft, so ist mir ein ein­zi­ger Kuss von ih­ren Lip­pen mehr wert als alle Biblio­the­ken der Welt.«

      *

      »Dort müs­sen Hü­gel und Tä­ler sein und rei­ches Land und Was­ser­läu­fe mit kla­rem Was­ser und gute Fahr­we­ge und eine Ei­sen­bahn nicht all­zu weit weg, ein Land mit viel Son­nen­schein, aber doch kalt ge­nug, dass man nachts De­cken braucht, und nicht nur Kie­fern, son­dern alle mög­li­chen an­de­ren Bäu­me, mit frei­en Wei­den, wo Bil­lys Pfer­de und Vieh gra­sen kön­nen, und mit Re­hen und Ha­sen, die man schie­ßen kann, und mit vie­len Rie­sen­tan­nen – und – nun ja, und kein Ne­bel«, schloss Sa­xon ihre Be­schrei­bung des Ho­fes, den sie und Bil­ly such­ten.

      Mark Hall lach­te hei­ter.

      »Und Nach­ti­gal­len in al­len Bäu­men«, rief er, »und Blu­men, die we­der wel­ken noch ver­trock­nen, Bie­nen ohne Sta­chel, je­den Mor­gen Ho­nig­tau, Man­na, der hin und wie­der vom Him­mel her­ab reg­net, Jung­brun­nen und gan­ze Stein­brü­che vom Stein der Wei­sen – ja, ich ken­ne eben eine sol­che Stel­le. Las­sen Sie sie mich Ih­nen zei­gen.«

      Sie war­te­te, wäh­rend er eine Ei­sen­bahn­kar­te der Ve­rei­nig­ten Staa­ten stu­dier­te. Als das nicht das ge­rings­te Er­geb­nis brach­te, nahm er einen großen At­las her­vor, aber ob­wohl es eine Kar­te über alle Län­der der Welt war, konn­te er doch nicht fin­den, was er such­te.

      »Nun, es ist ja auch ei­ner­lei«, sag­te er. »Kom­men Sie heu­te Abend, dann kann ich es Ih­nen viel­leicht zei­gen.«

      Abends führ­te er sie auf die Ve­ran­da zum Fern­rohr, durch das sie den Voll­mond be­trach­te­te.

      »Dort oben, in ir­gend­ei­nem Tal, wer­den Sie den Hof fin­den kön­nen«, neck­te er sie.

      Frau Hall sah ihn fra­gend an, als sie wie­der­ka­men.

      »Ich habe ihr ein Tal im Mond ge­zeigt, wo sie denkt, Land­wirt­schaft be­trei­ben zu kön­nen«, lach­te er.

      »Als wir auf­bra­chen, wa­ren wir auf eine lan­ge Wan­de­rung vor­be­rei­tet«, sag­te Sa­xon, »und wenn wir ganz bis zum Mond sol­len, so kön­nen wir das wohl auch.«

      »Aber lie­be Kin­der, Sie kön­nen sich doch un­mög­lich den­ken, ein sol­ches Pa­ra­dies auf Er­den zu fin­den«, be­harr­te Hall. »Zum Bei­spiel gibt es kei­ne Rie­sen­tan­nen ohne Ne­bel. Die bei­den Din­ge sind un­zer­trenn­lich. Rie­sen­tan­nen wach­sen nur im Ne­bel­gür­tel.«

      Sa­xon be­dach­te sich einen Au­gen­blick.

      »Nun ja, ein biss­chen Ne­bel könn­ten wir uns ja noch ge­fal­len las­sen«, gab sie zu, »wir könn­ten uns al­les ge­fal­len las­sen, um nur Rie­sen­tan­nen zu be­kom­men. Ich weiß nicht, was der Stein­bruch vom Stein der Wei­sen ist, aber wenn es so et­was ist wie der Mar­mor­bruch Haf­lers, und wenn es eine Ei­sen­bahn in der Nähe gibt, dann wür­de es schon ge­hen. Und man braucht nicht nach dem Mond zu rei­sen, um Ho­nig zu fin­den. In Ne­va­da strei­fen sie ihn von den Blät­tern der Bü­sche. Das weiß ich ganz be­stimmt, denn mein Va­ter hat es selbst mei­ner Mut­ter er­zählt, und die hat es mir wie­der er­zählt.«

      Et­was spä­ter am Abend, nach­dem sie sich fast aus­schließ­lich über Land­wirt­schaft un­ter­hal­ten hat­ten, ent­wi­ckel­te Hall aus­führ­lich sei­ne An­sicht über das »Pa­ra­dies der Spie­ler«, wie er die Ve­rei­nig­ten Staa­ten nann­te.

      »Wenn man an die wun­der­ba­re Chan­ce denkt«, sag­te er. »Ein neu­es, vom Mee­re be­grenz­tes Land, auf dem rich­ti­gen Brei­ten­grad ge­le­gen, mit dem reichs­ten Bo­den und den mäch­tigs­ten na­tür­li­chen Hilfs­quel­len der Welt, von Aus­wan­de­rern be­wohnt, die sich aus dem Trott der al­ten Welt her­aus­ge­ris­sen und de­mo­kra­ti­sche Prin­zi­pi­en durch­ge­setzt ha­ben. Es gibt nur ei­nes in der Welt, das sie hin­dern könn­te, die de­mo­kra­ti­sche Ver­wal­tung durch­zu­füh­ren, mit der sie be­gon­nen ha­ben, und das ist ihre Ge­frä­ßig­keit.

      Sie be­gan­nen al­les zu ver­schlin­gen, was sie er­blick­ten, wie eine Schwei­ne­her­de, und wäh­rend sie es ver­schlan­gen, ging die De­mo­kra­tie zum Teu­fel. Ihre Ge­frä­ßig­keit wur­de zur Spie­ler­lei­den­schaft. Es ist eine Na­ti­on von Be­rufs­s­pie­lern. Je­des Mal, wenn ein Mann al­les ver­lo­ren hat­te, was er be­saß, brauch­te er nur die Gren­ze ein paar Mei­len west­wärts zu ste­cken und zu ver­su­chen, sich et­was Geld zu ver­schaf­fen. Sie be­weg­ten sich über die Erde wie ein Heuschre­cken­schwarm. Ver­nich­te­ten al­les – In­dia­ner, Bo­den, Wäl­der, ganz wie sie den Büf­fel und die Wan­der­tau­be ver­nich­te­ten. Ihre Moral in Ge­schäft und Po­li­tik war Spie­ler­mo­ral. Ihre Ge­set­ze wa­ren Spiel­er­ge­set­ze – es galt nur, rich­tig zu spie­len. Alle Men­schen spiel­ten. Des­halb – es lebe das Spiel! Kei­ner er­hob Ein­wän­de, weil alle spie­len konn­ten, und wie ge­sagt, die Ver­lie­ren­den ver­rück­ten nur die Gren­ze wei­ter nach Wes­ten, um neu­es Geld zu ge­win­nen. Wer heu­te ge­wann und mor­gen ver­lor, konn­te über­mor­gen viel­leicht wie­der alle Kar­ten in der Hand ha­ben.

      Und so fra­ßen und spiel­ten sie sich vom At­lan­ti­schen Ozean bis zum Stil­len Ozean durch, bis sie ein gan­zes großes Fest­land ge­fres­sen hat­ten. Wenn sie mit der Erde und den Wäl­dern und den Wie­sen fer­tig wa­ren, kehr­ten sie um, be­gan­nen von vor­ne und spiel­ten um die Klei­nig­kei­ten, die sie mög­li­cher­wei­se über­se­hen hat­ten, spiel­ten um Stimm­recht und Mo­no­po­le und ge­brauch­ten die Po­li­tik, um ihre Win­kel­zü­ge in Ge­schäf­ten und an­de­ren Din­gen zu de­cken. Und die De­mo­kra­tie war zum Teu­fel ge­gan­gen.

      Und jetzt kam die al­ler­ko­mischs­te Zeit. Die Ver­lie­ren­den konn­ten kein Geld mehr zum Spie­len be­kom­men, und die Ge­win­nen­den spiel­ten mit­ein­an­der wei­ter. Die Ver­lie­ren­den stan­den, die Hän­de in den Ta­schen, rings­um­her und sa­hen zu. Wenn sie hung­rig wur­den, nah­men sie den Hut in die Hand und bet­tel­ten die glück­li­chen Spie­ler um Ar­beit an. Die Ver­lie­ren­den be­gan­nen für die Ge­win­ner zu ar­bei­ten, und seit­dem ha­ben sie ge­ar­bei­tet. Sie, Bil­ly Ro­berts, ha­ben nie in ih­rem Le­ben mit­ge­spielt, das kommt da­her, dass Ihre Fa­mi­lie un­ter de­nen war, de­nen es schlecht ging.«

      »Und Sie sel­ber?« frag­te Bil­ly. »Ich habe noch nie ge­se­hen, dass Sie gute Kar­ten hat­ten.«

      »Das ist auch nicht nö­tig. Ich zäh­le nicht mit. Ich bin ein Pa­ra­sit.«

      »Was ist das?«

      »Ein Floh, eine Laus, al­les, was et­was be­kommt, ohne et­was da­für zu ge­ben. Ich mä­s­te mich an der räu­di­gen Haut der Ar­bei­ter. Ich brau­che nicht zu spie­len. Ich brau­che nicht zu ar­bei­ten. Mein Va­ter hat ge­nü­gend ge­won­nen, dass ich es nicht zu tun brau­che. – Ach, brüs­ten Sie sich des­we­gen nicht, Ka­me­rad! Ihre Fa­mi­lie war ge­nau so toll wie die mei­ne. Aber Ihre Fa­mi­lie ver­lor, und des­halb pflü­gen Sie mei­nen Kar­tof­fela­cker.«

      »Ich ver­ste­he das nicht«, er­klär­te Bil­ly ei­gen­sin­nig. »Ein Mann, der einen gu­ten Kopf hat, kann es in der Welt zu et­was brin­gen –«

      »Auf Staats­bo­den?«


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