Gesammelte Werke. Джек Лондон

Gesammelte Werke - Джек Лондон


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be­malt, an­kom­men, ihre La­dun­gen von pracht­vol­len Lach­sen lö­schen und dann wie­der ver­schwin­den. Der New Yor­ker Kanal, wie die Schlammp­füt­ze hieß, mach­te eine Bie­gung nach Wes­ten und Nor­den und mün­de­te in ein mäch­ti­ges Ge­wäs­ser, ge­bil­det aus dem Sa­kra­men­to und dem San Joa­quin, die hier zu­sam­men­flos­sen.

      Auf der an­de­ren Sei­te des Damp­fer­kais trepp­ten sich die Fi­scher­kais ab, und hier trock­ne­te man Net­ze; und hier, fern vom Lärm und Ge­tö­se der frem­den Stadt, leg­ten Bil­ly und Sa­xon ihre Bün­del nie­der und ruh­ten sich aus. Das hohe, ra­scheln­de Schilf wuchs dicht bei der ver­fal­le­nen Lan­dungs­brücke, auf der sie sa­ßen, aus dem tie­fen Was­ser her­vor. Der Stadt ge­gen­über lag eine lan­ge, fla­che In­sel, auf der sich eine un­glei­che Rei­he von Pap­peln ge­gen den Ho­ri­zont ab­hob.

      »Es ist ge­nau wie das Bild ei­ner hol­län­di­schen Wind­müh­le, das Mark Hall hat«, sag­te Sa­xon.

      Bil­ly wies von der Mün­dung des Sump­fes über die brei­te Was­ser­flä­che hin­weg auf einen Hau­fen win­zi­ger wei­ßer Ge­bäu­de, hin­ter de­nen wie eine leuch­ten­de Fata Mor­ga­na die nied­ri­gen Mon­te­zu­ma-Ber­ge sich mit ih­ren lan­gen Wel­len­li­ni­en er­ho­ben.

      »Die Häu­ser dort sind Col­lins­ville«, er­klär­te er ihr. »Dort fließt der Sa­kra­men­to, und man fährt auf ihm hin­auf bis nach Rio Vis­ta und Is­le­ton und Wal­nut Gro­ve und all den Or­ten, von de­nen Herr Gun­ston uns er­zähl­te. Lau­ter In­seln und Sümp­fe, die in ei­ner Rei­he bis nach San Joa­quin zu­rück­füh­ren.«

      »Ist die Son­ne nicht herr­lich?« sag­te Sa­xon und gähn­te. »Und wie still es hier ist – so nahe bei den merk­wür­di­gen Aus­län­dern! Und wenn man be­denkt – in den Städ­ten miss­han­deln und prü­geln in eben die­sem Au­gen­blick Män­ner ein­an­der, um Ar­beit zu be­kom­men.«

      Hin und wie­der saus­te ein Über­land­zug in der Fer­ne vor­bei, und das Ge­tö­se hall­te wi­der von ei­nem Hin­ter­grund nied­ri­ger Aus­läu­fer des Mt. Dia­blo, der sich groß und mäch­tig mit sei­nen Zwil­lings­gip­feln und sei­nen grü­nen Hän­gen vom Him­mel ab­hob. Dann senk­te sich die schläf­ri­ge Stil­le wie­der über al­les, um hin und wie­der von ei­nem fer­nen Ruf in ir­gend­ei­ner frem­den Spra­che oder von ei­nem Mo­tor­fi­scher­boot un­ter­bro­chen zu wer­den, das fau­chend in die Mün­dung des Sump­fes ein­fuhr.

      Kei­ne hun­dert Fuß vom Schilf ent­fernt lag eine schö­ne, wei­ße Jacht vor An­ker. So win­zig sie war, sah sie doch ge­räu­mig und be­quem aus. Aus dem Schorn­stein vorn stieg Rauch auf. Ach­tern stand mit Gold­buch­sta­ben der Name »Wan­de­rer«. Auf dem Deck sa­ßen ein Mann und eine Frau in der Son­ne, die Frau mit ei­nem hel­len Chif­fon­tuch um den Kopf. Der Mann las ihr aus ei­nem Buch vor, und sie näh­te. Ne­ben ih­nen lag ein Fox­ter­ri­er.

      »Nun, in den Städ­ten kön­nen sie auch glück­lich sein«, mein­te Bil­ly.

      Ein Ja­pa­ner er­schi­en im Ka­jü­ten­ein­gang, setz­te sich vorn hin und be­gann ein Huhn zu rup­fen. Die Fe­dern trie­ben in ei­ner lan­gen Rei­he der Mün­dung der Schlammp­füt­ze zu.

      »Ach, sieh!« rief Sa­xon eif­rig und zeig­te auf das Boot. »Der an­gelt. Und die An­gel­schnur ist an sei­nem Fuß be­fes­tigt.«

      Der Mann hat­te das auf­ge­schla­ge­ne Buch auf die Ka­jüt­strep­pe ge­legt, und die Hand nach der Schnur aus­ge­streckt, wäh­rend die Frau von ih­rem Näh­zeug auf­sah und der Ter­ri­er zu bel­len be­gann. Dann wur­de die Schnur mit bei­den Hän­den ein­ge­zo­gen, und am Ende hing ein großer Kat­zen­fisch. Ein neu­er Kö­der wur­de auf den Ha­ken ge­steckt, die Schnur wie­der aus­ge­wor­fen, und der Mann be­fes­tig­te sie um sei­nen einen Zeh, wor­auf er wei­ter las.

      Ein Ja­pa­ner kam auf die Lan­dungs­brücke ne­ben Sa­xon und Bil­ly und rief die Jacht an. Er hat­te ver­schie­de­ne Pa­ke­te mit Fleisch und Ge­mü­se, und sei­ne eine Ta­sche war ganz voll von Brie­fen, die an­de­re von Mor­gen­zei­tun­gen. Als Ant­wort stand der Ja­pa­ner auf der Jacht mit dem halb­ge­rupf­ten Huhn in der Hand auf. Der Mann auf dem Schiff sag­te et­was zu ihm, leg­te das Buch bei­sei­te, klet­ter­te in die wei­ße Jol­le, die ach­tern nach­schlepp­te und ru­der­te an die Lan­dungs­brücke. Als er da­vor lag, zog er die Rie­men ein, hielt sich an der Brücke fest und sag­te freund­lich gu­ten Mor­gen.

      »Aber Sie ken­ne ich doch gut«, sag­te Sa­xon im­pul­siv zu Bil­lys großer Über­ra­schung. »Sie sind –«

      Sie un­ter­brach sich ver­wirrt.

      »Nur wei­ter«, sag­te der Mann und lä­chel­te be­ru­hi­gend.

      »Sie sind Jack Has­tings, das weiß ich ganz be­stimmt. Ich habe oft Ihr Bild in den Zei­tun­gen ge­se­hen, als Sie Kor­re­spon­dent im rus­sisch-ja­pa­ni­schen Krie­ge wa­ren. Sie ha­ben eine Men­ge Bü­cher ge­schrie­ben, aber ich habe nie ei­nes da­von ge­le­sen.«

      »Das stimmt«, be­stä­tig­te er. »Und wie hei­ßen Sie?«

      Sa­xon stell­te sich und Bil­ly vor, und als sie sah, dass der Dich­ter einen for­schen­den Blick auf ihr Bün­del warf, be­schrieb sie in kur­z­en Zü­gen ihre Pil­ger­fahrt. Der Bau­ern­hof im Mond­tal ap­pel­lier­te of­fen­bar an sei­ne Fan­ta­sie, und ob­wohl der Ja­pa­ner und sei­ne Pa­ke­te sich längst in der Jol­le be­fan­den, blieb Has­tings doch noch ste­hen. Als Sa­xon von Car­mel sprach, schi­en er die gan­ze Ge­sell­schaft Halls zu ken­nen, und als er hör­te, dass sie nach Rio Vis­ta woll­ten, lud er sie gleich ein, mit an Bord zu kom­men.

      »In ei­ner Stun­de, so­bald die Strö­mung sich legt, fah­ren wir sel­ber hin«, rief er. »Das wäre et­was für Sie. Wir kön­nen um vier Uhr heu­te Nach­mit­tag da sein, wenn nur ein klein we­nig Wind auf­kommt. Aber kom­men Sie. Mei­ne Frau ist an Bord, und Frau Hall ist eine ih­rer bes­ten Freun­din­nen. Wir sind ge­ra­de aus Süd­ame­ri­ka zu­rück­ge­kom­men, sonst wür­den Sie uns in Car­mel ge­trof­fen ha­ben. Hall schrieb uns schon über Sie.«

      Es war das zwei­te­mal in ih­rem Le­ben, dass Sa­xon in ei­nem klei­nen Boot war, der »Wan­de­rer« war die ers­te Jacht, die sie je be­tre­ten hat­te. Die Frau des Schrift­stel­lers, die er Kla­ra nann­te, hieß sie herz­lich will­kom­men, und sie ge­fiel Sa­xon gleich, was of­fen­bar auf Ge­gen­sei­tig­keit be­ruh­te. Sie gli­chen ein­an­der so auf­fal­lend, dass nur we­ni­ge Mi­nu­ten ver­gin­gen, bis Has­tings die Auf­merk­sam­keit der an­de­ren dar­auf lenk­te. Er ließ sie sich Sei­te an Sei­te auf­stel­len, be­trach­te­te Au­gen, Mund und Ohren, ver­glich ihre Hän­de, ihr Haar, ihre Fes­seln und schwor, dass ei­ner sei­ner teu­ers­ten Träu­me ver­nich­tet wäre, näm­lich, dass die Form nach Klar­as Guß zer­schla­gen wor­den sei.

      Als Kla­ra mein­te, es könn­te ja un­ge­fähr die­sel­be Form ge­we­sen sein, be­gan­nen sie ihre Le­bens­ge­schich­te zu ver­glei­chen. Sie stamm­ten bei­de von den ers­ten Pio­nie­ren ab. Klar­as Mut­ter war, wie die Sa­x­ons, mit ei­nem Och­sen­ge­spann über die Prä­rie ge­kom­men, und wie Sa­x­ons Mut­ter hat­te sie den Win­ter in Salt Lake City ver­bracht – tat­säch­lich hat­te sie mit ih­ren Schwes­tern die ers­te nicht mor­mo­ni­sche Schu­le in die­ser fes­ten Burg der Mor­mo­nen ge­grün­det. Und war Sa­x­ons Va­ter un­ter den Auf­rüh­rern ge­we­sen, die die Bä­ren­flag­ge in So­no­ma ge­hißt hat­ten, so war in So­no­ma auch Klar­as Va­ter un­ter die Fah­nen der Auf­rüh­rer ge­gan­gen und mit sei­ner Kom­pa­gnie nach Salt Lake


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