Gesammelte Werke. Джек Лондон
reden kann.«
»Vielleicht wäre es besser, wenn Sie ihn zuerst in der Arbeit sähen«, schlug der Manager vor. »Während er sich umzieht, kann ich Ihnen schon eine ganze Menge über ihn erzählen – auch Neues. Wir wollen Walsh rufen, Pat, er kann ein paar Runden gegen Sie stehen.«
»Nicht zu machen«, knurrte Glendon in rauem Ton, »nur los mit Ihrem Interview!«
Die Unterhaltung entwickelte sich durchaus unbefriedigend.
Stubener sprach fast die ganze Zeit allein und kam immer mit neuen Vorschlägen, die Maud Sangster beunruhigten und Pat nicht ermunterten.
Sie studierte seine feinen Züge, das klare Blau seiner Augen, das sich scharf vom Weißen abhob, die gut modellierte Adlernase, die festen, keuschen Lippen, die anmutig und doch männlich wirkten und sich in den Mundwinkeln auf eine Art kräuselten, die aber durchaus nicht bösartig wirkte.
Wenn das stimmte, was die Zeitungen schrieben, dann täuschte sein Äußeres, so schloss sie. Vergebens suchte sie an seinen Ohren die unverkennbaren Zeichen des Tieres. Und vergebens versuchte sie in Kontakt mit ihm zu kommen, denn sie verstand zuwenig von Boxern und vom Ring, und sooft sie den Mund öffnete und etwas fragte, war Stubener sofort mit seinen Erklärungen da.
»Dieses Leben als Boxer muss sehr interessant sein«, sagte sie einmal und fügte seufzend hinzu: »Ich wünschte, ich wüsste etwas mehr davon. Sagen Sie mir: Warum kämpfen Sie? – Abgesehen vom Geld, meine ich?«
Diese Bemerkung war dazu berechnet, Stubener von einer Einmischung abzuhalten.
»Macht Ihnen das Boxen Freude? Ist es Ihnen ein Nervenkitzel, sich mit anderen Männern zu messen? Ich weiß nicht, wie ich ausdrücken soll, was ich meine, Sie müssen schon Geduld mit mir haben.«
Pat und Stubener begannen gleichzeitig zu sprechen, diesmal aber schnitt Pat seinem Manager das Wort ab.
»Anfangs machte es mir gar keinen Spaß –«
»Wissen Sie, es wurde ihm zu leicht«, warf Stubener ein.
»Später aber«, fuhr Pat fort, »als ich erst mit den besseren Boxern kämpfte, mit den wirklich großen und tüchtigen, die, wie ich fühlte, mehr –«
»Ihrer würdiger waren«, half sie ihm.
»Ja, das ist richtig – die meiner würdiger waren, da merkte ich, dass es mir Freude machte … viel Freude sogar. Aber ich bin doch nicht so mit meinem ganzen Herzen dabei, wie ich es wohl sein sollte.
Wissen Sie, obwohl jeder Kampf eine Art Problem ist, das ich mit Hilfe meines Verstandes und meiner Muskeln zu lösen habe, so bin ich mir über den Ausfall doch nie im Zweifel.«
»Er hat noch nie einen Kampf gehabt, der mit einem Punktsieg endete«, erklärte Stubener. »Er hat immer durch k. o. gesiegt.«
»Und diese Sicherheit über den Ausgang macht es wohl, dass ich nie das fühle, was wohl gerade das schönste am Boxen ist«, schloss Pat.
»Na, vielleicht werden Sie etwas von dieser Spannung fühlen, wenn Sie erst gegen Jim Hanford antreten«, sagte der Manager.
Pat lächelte, sagte aber nichts.
»Erzählen Sie mir noch etwas«, drang sie in ihn. »Noch etwas über Ihre Gefühle beim Kämpfen.«
Und da setzte Pat seinen Manager, Fräulein Sangster und sich selbst in Erstaunen, indem er heraussprudelte:
»Mir scheint, ich habe keine Lust mehr, mit Ihnen über diese Dinge zu reden. Mich dünkt, es gibt etwas Wichtigeres für uns beide zu reden. Ich –«
Er brach plötzlich ab, da er gewahr wurde, was er sagte, ohne eigentlich zu wissen, warum er es tat.
»Ja«, rief sie eifrig, »Sie haben recht. Darauf kommt es an, wenn man ein gutes Interview haben will – auf das rein Persönliche, wissen Sie.«
Aber Pat blieb stumm, und Stubener begann Maße und Gewicht seines Meisterboxers mit denen Sandows, des furchtbaren Türken, Jeffries’ und der anderen starken Männer der Gegenwart zu vergleichen.
Das interessierte Maud Sangster nur wenig, und sie zeigte deutlich, dass sie sich langweilte. Ihr Blick fiel zufällig auf die Sonette. Sie nahm das Buch vom Tisch und sah Stubener fragend an.
»Es gehört Pat«, sagte er. »Er interessiert sich für das Zeug, auch für Farbenfotografie, für Kunstausstellungen und dergleichen. Aber um Gottes willen, schreiben Sie nichts darüber. Das würde seinen Ruf einfach vernichten.«
Sie blickte Glendon tadelnd an, der sogleich verlegen wurde. Das freute sie. Dieser verlegene junge Mann mit dem Körper eines Riesen, ein König der Boxer, las Gedichte, besuchte Kunstausstellungen und beschäftigte sich mit Farbenfotografie. Soviel war sicher: Es war nichts von einem Höllenbiest an ihm. Jetzt empfand sie, dass seine Zurückhaltung Empfindlichkeit und nicht Dummheit war. Die Shakespeareschen Sonette! Einige Minuten später eröffnete sie ganz unbewusst den Hauptangriff.
Die starke Anziehung, die sie gleich am Anfang gefühlt hatte, meldete sich jetzt, da sie die Sonette entdeckt hatte, von neuem. Seine prachtvolle Gestalt, sein hübsches Gesicht, die reinen Linien, die klaren Augen, die feine, von dem kurzgeschnittenen Haar nicht bedeckte Stirn, der Duft von körperlichem Wohlbefinden und von Sauberkeit, der ihn zu umwehen schien – das alles wirkte auf sie, wie nie ein Mann auf sie gewirkt hatte.
Und doch spukte in ihrem Kopf immer noch ein hässliches Gerücht, das sie gestern in der Redaktion des »Kurier-Journal« gehört hatte.
»Sie haben recht«, sagte sie. »Es gibt Wichtigeres, über das wir reden können. Etwas, das mir am Herzen liegt, und das ich Sie bitten möchte, mir zu sagen. Haben Sie etwas dagegen?«
Pat schüttelte den Kopf.
»Darf ich aufrichtig sein – unangenehm aufrichtig? Ich habe die Leute manchmal von eigentümlichen Kämpfen und Wetten reden gehört, und wenn ich damals auch nicht besonders darauf achtete, so schien es mir doch, und es wurde mir ganz bestimmt versichert, dass mit dem Sport ein gut Teil Schwindel und Betrug verbunden wäre.
Wenn ich Sie aber jetzt sehe, so kann ich schwer begreifen, dass Sie solche Schiebungen mitmachen können. Ich verstehe Ihre Liebe zum Sport und verstehe auch, dass das Geld, welches er Ihnen einbringt, viel für Sie bedeutet, was ich aber nicht verstehen kann, ist –«
»Da gibt es nichts zu verstehen«, beeilte sich Stubener einzuwerfen, während Pats Lippen sich zu einem sanften, nachsichtigen Lächeln kräuselten. »Das sind alles Märchen, diese