Gesammelte Werke. Джек Лондон
der Redakteure des Kurier-Journal sagte mir, dass er viel dabei gewinnen wolle. Er sagte nicht ›hoffe‹, er sagte ›wolle‹. Er sagte, dass er zu den Eingeweihten gehöre und dass er auf die Zahl der Runden wette. Er sagte voraus, dass der Kampf in der neunzehnten Runde enden würde.
Es war am Abend vor dem Kampf, und am nächsten Tage machte er mich triumphierend darauf aufmerksam, dass der Kampf eben in der neunzehnten Runde beendet worden war.
Ich habe damals nicht weiter über die Sache nachgedacht, ich interessierte mich ja nicht für Boxen. Aber jetzt tue ich es. Damals kam mir die Sache ganz natürlich vor, so wenig verstand ich davon.
Aber sagen Sie, das sind doch alles Märchen, nicht wahr?«
»Ich weiß, welchen Kampf Sie meinen«, sagte Glendon. »Es war der zwischen Owen und Murgweather. Und es stimmt, dass er in der neunzehnten Runde endete, Sam. Und jetzt hören Sie, dass Fräulein Sangster das schon am Tage vorher wusste – wie können Sie das erklären, Sam?«
»Wie soll man erklären, dass jemand in der Lotterie ein Gewinnlos zieht?« sagte der Manager ausweichend, während er sich den Kopf zerbrach, wie er antworten sollte. »Die Sache ist so: Leute, die die Form der Boxer, die Sekundanten und die Regeln sehr genau studieren, können oft die Zahl der Runden, die ein Kampf dauern wird, richtig voraussagen, genau wie man in einem Rennen gerade auf das richtige Pferd unter hundert tippen kann.
Und vergessen Sie eines nicht: Auf jeden, der gewinnt, kommt ein anderer, der verliert – ein anderer, der nicht die richtige Nummer gezogen hat. Gnädiges Fräulein, ich versichere Ihnen auf Ehre, dass es Schwindel und Schiebungen im Boxsport einfach – einfach nicht gibt.«
»Und wie ist Ihre Meinung, Herr Glendon?« fragte sie.
»Genau wie meine«, kam Stubener ihm mit der Antwort zuvor. »Er weiß, dass ich die Wahrheit spreche – Wort für Wort. Er hat immer nur ehrlich gekämpft. Stimmt das nicht, Pat?«
»Ja, das stimmt«, versicherte Pat, und am sonderbarsten erschien es Maud Sangster, dass sie von der Wahrheit seiner Worte überzeugt war.
Sie strich sich mit der Hand über die Stirn, als wolle sie die Verwirrung verscheuchen, die ihr Gehirn beschattete.
»Hören Sie«, sagte sie. »Derselbe Redakteur erzählte mir gestern Abend auch, Ihr bevorstehender Kampf wäre in allen Einzelheiten so gut arrangiert, dass sogar die Runde feststünde, in der er enden solle.«
Stubener wusste vor Schrecken nicht, was er sagen sollte, aber Pat enthob ihn einer Antwort.
»Dann lügt der Redakteur«, sagte er und hob zum ersten Male die Stimme.
»Das wäre das erste Mal. Bei den anderen Kämpfen stimmte es, was er sagte«, antwortete sie herausfordernd.
»In welcher Runde, sagte er, würde mein Kampf mit Nat Powers enden?«
Ehe Maud Sangster antworten konnte, ergriff Stubener wieder das Wort.
»Ach, kümmern Sie sich nicht darum, Pat!« rief er. »Das ist ja nur das übliche Gerede. Lassen Sie uns weitermachen mit dem Interview!«
Aber Glendon beachtete ihn nicht. Seine Augen, die in die ihren blickten, waren nicht mehr von einem sanften Blau, sondern hart und gebieterisch.
Jetzt war sie sicher, auf etwas Bedeutungsvolles gestoßen zu sein, auf etwas, das alles, was sie verwirrte, erklären würde. Gleichzeitig durchschauerte sie die Kraft seiner Stimme und seines Blicks.
Hier vor ihr stand ein Mann, der das Leben packen und aus ihm herausschütteln konnte, was er wollte. »Welche Runde sagte der Redakteur?« wiederholte Glendon.
»Zum Donnerwetter, Pat, so hören Sie doch auf mit dem Unsinn«, mischte Stubener sich wieder ein.
»Ich wünschte, Sie gäben mir eine Möglichkeit zu antworten«, sagte Maud Sangster.
»Ich glaube wirklich, dass ich imstande bin, mit Fräulein Sangster zu reden«, fügte Glendon hinzu. »Gehen Sie nur, Sam. Gehen Sie und nehmen Sie sich des Fotografen an.«
Sie blickten sich einen Augenblick schweigend an, dann ging der Manager zögernd zur Tür und öffnete sie. Er wandte den Kopf, um besser zu hören.
»Und jetzt sagen Sie bitte: welche Runde nannte er?«
»Ich hoffe, dass ich nicht irre«, sagte sie unsicher, »aber ich glaube bestimmt, dass er die sechzehnte Runde sagte.«
Sie sah, wie sich plötzlich Überraschung und Zorn in Glendons Gesicht zeigten, und Zorn und Anklage galten seinem Manager. Jetzt wusste sie, dass ihr Schlag getroffen hatte.
Und sein Zorn war auch begründet. Er hatte den Kampf mit Stubener besprochen, und sie hatten sich dahin geeinigt, dass sie den Zuschauern etwas für ihr Geld geben wollten, ohne doch den Kampf allzusehr in die Länge zu ziehen. Deshalb sollte er in der sechzehnten Runde enden. Und nun kam eine Dame von der Zeitungsredaktion und nannte eben diese Runde.
Stubener stand blass und verlegen in der Tür.
»Mit Ihnen rede ich später«, sagte Pat zu ihm. »Machen Sie die Tür hinter sich zu.«
Die Tür wurde geschlossen, und jetzt waren sie allein.
Glendon sagte nichts. Seine Miene drückte deutlich Unruhe und Erstaunen aus.
»Nun?« fragte sie.
Sie hoch überragend stand er da. Dann setzte er sich wieder und befeuchtete sich die Lippen mit der Zunge.
»Ich will Ihnen etwas sagen«, meinte er schließlich. »Der Kampf wird nicht in der sechzehnten Runde enden.«
Sie sagte nichts, aber ihr ungläubiges, spöttisches Lächeln verletzte ihn.
»Warten Sie ab, Fräulein Sangster, und Sie werden sehen, dass der Redakteur sich irrt.«
»Sie meinen, das Programm wird geändert?« fragte sie dreist.
Er zuckte unter diesen scharfen Worten zusammen.
»Ich pflege nicht zu lügen«, sagte er steif, »vor allem nicht Frauen gegenüber.«
»Das tun Sie ja auch gar nicht. Sie leugnen nicht einmal, dass das Programm geändert wird. Ich bin vielleicht ein bisschen schwer von Begriff, Herr Glendon, aber ich kann nicht einsehen, welchen Unterschied es ausmacht, in welcher Runde der Kampf endet, wenn es doch vorausbestimmt und bekannt ist.«
»Ich will Ihnen die Runde nennen, und keine andere Menschenseele soll es wissen.«
Sie zuckte die Achseln und lächelte.
»Das klingt ja fast wie ein Renntipp.