Die wichtigsten Dramen von Ödön von Horváth. Ödön von Horváth

Die wichtigsten Dramen von Ödön von Horváth - Ödön von Horváth


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      SLADEK

      Nein. Hernach wird man geprellt.

      DAS FRÄULEIN

      Du hast viel mit schlechten Frauen verkehrt.

      SLADEK

      Eigentlich nur mit Huren.

      DAS FRÄULEIN

      Pfui! Sowas sagt man nicht!

      SLADEK

      Sie weiß, daß ich fort will, aber sie sieht es nicht ein. Ich bin zu rücksichtsvoll. Alles hat ein End. Diesmal radikal. – Weißt du, was das Furchtbarste ist? Wenn man will und nicht kann. das Fräulein lacht. Lach nicht!

      DAS FRÄULEIN

      Das ist doch komisch!

      SLADEK

      Nein, das ist tragisch. Wenn etwas schon lange tot ist, vielleicht nie gelebt hat, und man redet damit, als wärs gesund. Ich bin nicht feig und wollt nie Theater spielen und habs doch getan. Sie hat es gewußt, daß sie nur winseln muß und ich verlier die Kraft. Weil ich ein anständiger Mensch bin, zu guter Letzt. Aber damit Geschäfte machen, das ist ein Verbrechen.

      DAS FRÄULEIN

      Du mußt wenig gearbeitet haben, um auf solche Gedanken zu kommen.

      SLADEK

      Ich hab noch nie richtig gearbeitet. Sie hat es nicht gern gesehen, daß ich was verdien. Sie hatte Angst, ich könnt ohne sie leben. Sie hat mich lieber ausgehalten, das ist das berühmte mütterliche Gefühl. Auch so ein Verbrechen.

      DAS FRÄULEIN

      beugt sich über ihn: Sprich nicht mehr. Das ist mir alles zu hoch. Gib mir die Milliarde –

      SLADEK

      Du hast so eine schöne Haut –

      DAS FRÄULEIN

      Ich bin auch ein Sonntagskind.

      SLADEK

      Ich nicht. – Du bist so weich.

      DAS FRÄULEIN

      Das hat jede Frau.

      SLADEK

      Nein, nicht jede.

      DAS FRÄULEIN

      Was der kleine Mann für große Augen hat. Schau mich an. Wohin schaust du denn?

      SLADEK

      Ich schau dich an.

      DAS FRÄULEIN

      Nein.

      SLADEK

      Doch.

      DAS FRÄULEIN

      Du schaust mich an und doch nicht an. Hinter mir ist nichts. Ich glaube, du findest den richtigen Kontakt zum Weibe nicht.

      SLADEK

      Möglich.

      DAS FRÄULEIN

      Gib mir die Milliarde, dann zieh ich mich aus. Sladek gibt sie ihr. Küßt ihn. Danke. Sie zieht sich aus. Du bist ein einsamer Mensch. Du mußt öfters kommen, sonst wirst du noch melancholisch. Das Weib ist die Krone der Schöpfung.

      SLADEK

      Zieh dich ganz aus.

      DAS FRÄULEIN

      Nein. Heute regnet es, und ich bin sehr empfindlich.

      SLADEK

      Zieh dich ganz aus.

      DAS FRÄULEIN

      Nein! Ich werde krank.

      SLADEK

      Ich hab dir die Milliarde gegeben und du hast versprochen –

      DAS FRÄULEIN

      unterbricht ihn: Nichts habe ich versprochen! Willst du, daß ich mir den Tod hole?

      SLADEK

      Das geht mich nichts an! Ich laß mich nicht betrügen!

      DAS FRÄULEIN

      Schreien Sie nicht so mit mir, Sie!

      SLADEK

      Kusch, Krone der Schöpfung!

      DAS FRÄULEIN

      Ich bin doch kein Hund! Ich bin ein Mensch, Sie! Hinaus! Zurück oder ich schrei! Ich schrei, du Lump, du Dieb! Hier wird nicht gehaßt, hier wird geliebt! Sie schreit.

      IV. BEI ANNA

       Sie liegt im Bett. Auf der Straße hält ein Auto. Sie lauscht und richtet sich auf. Sladek tritt ein. Stille.

      ANNA

      Guten Abend, Sladek.

      SLADEK

      Guten Abend, Anna.

       Stille.

      ANNA

      Ich dachte, du bist Soldat. Und schon in Uniform.

      SLADEK

      Nein. – Es ist offen, vorne, das Hemd. Anna knöpfl es rasch zu. Laß es nur.

      ANNA

      Ja, es wird nichts geschehen.

      SLADEK

      Anna –. Ich bin gekommen, um wieder bei dir zu bleiben.

      ANNA

      starrt ihn an: Das ist nicht wahr.

      SLADEK

      Doch.

      ANNA

      sieht sich ängstlich um: Wo warst du?

      SLADEK

      Bei den Soldaten. Ich hab mir das alles überlegt.

      ANNA

      steht plötzlich auf, wirft sich rasch ein Tuch um, behält ihn aber immer im Auge; tritt zu ihm: Was willst du von mir? – Was denkst du jetzt?

      SLADEK

      Daß alles wieder gut wird.

      ANNA

      Das gibt es nicht.

      SLADEK

      Ich hab dich lieb.

      ANNA

      Nein. Nein.

      SLADEK

      Ich lüg nicht.

      ANNA

      Heute abend hättest du mich erschlagen können.

      SLADEK

      Ich hab dich nie gehaßt.

      ANNA

      Doch. Und mit Recht. Ja, mit Recht.

       Stille.

      Ich bin daran schuld. Es war nicht recht von mir, daß ich dich mit aller Gewalt hielt, daß ich daran dachte, mit dir ein Leben lang zusammen – Ich hätte längst abtreten müssen, aber ich dachte nur an mich. Ich hab dich gequält, ich war dir überall im Weg. Ich hab über dich bestimmt, jetzt ist es mir, als hätt ich das alles berechnet. Verzeih mir. Es ist mir plötzlich klar geworden. Klar. Klar.

       Stille.

      Geh, bitte. Es hat keinen Sinn, daß du bei mir bleibst. Das ist sicher nur so ein plötzliches Gefühl für mich, das bildest du dir ein. Es ist aus. Warum bin ich nicht zwanzig Jahre jünger? Warum hab ich dich damals getroffen? Es war ein reiner Zufall, das


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