Butler Parker 175 – Kriminalroman. Günter Dönges
»Ich werde schon zurechtkommen, Mr. Parker«, versicherte Elsley erneut, »ich glaube nicht, daß Steffen sich mit mir anlegen wird. Schließlich habe ich hier so meine Freunde. Und sein Gebiet sind die West India Docks bestimmt nicht. Steffen regiert drüben bei den Surrey Docks.«
Josuah Parker lüftete höflich die schwarze Melone und verließ das Ladenlokal. Er war mit dem Verlauf der Dinge mehr als zufrieden. Die Banknotenfälscher hatten schließlich bereits Flagge gezeigt.
*
Tony Steffen war etwa vierzig, kahlköpfig, mittelgroß und hatte harte, graue Augen. Diese starrten im Moment völlig fassungslos auf Parker, der im Büro des Mannes erschienen war und seine schwarze Melone lüftete.
»Wie kommen denn Sie hier rein?« fragte er schließlich und schielte hinüber zur halb geöffneten Tür.
»Ihre Mitarbeiter vorn in der Bürobaracke waren so überaus freundlich, meine Wenigkeit einzulassen«, beantwortete der Butler die Frage, »ich möchte übrigens nicht versäumen, Ihnen gewisse Grüße auszurichten.«
»Grüße? Von wem denn?« Tony Steffen schob sich mit seinem Sessel zurück und schielte jetzt in Richtung Schublade. Danach korrigierte er wie zufällig die Stellung seines Bürosessels, um später blitzschnell die anvisierte Schublade aufziehen zu können. Josuah Parker nahm dies natürlich alles wahr, doch er ließ sich nichts anmerken.
»Es handelt sich bei den erwähnten Grüßen um die einiger Ihrer Mitarbeiter«, redete der Butler in seiner höflichen Art weiter, »sie waren so freundlich, meinen Weg durch die Stadt zu verfolgen und zu begleiten.«
»Ich hab’ keine Ahnung, wovon Sie da eigentlich reden«, behauptete Tony Steffen, »Sie sind hier an der falschen Adresse.«
»Die drei Gerüstbauer sehen sich momentan außerstande, ihre Aufmerksamkeit meiner Wenigkeit zu widmen«, erwiderte Parker gemessen, »man war so frei, ihnen eine kleine Verschnaufpause zu gönnen.«
»Jetzt reicht es mir aber langsam«, regte Tony Steffen sich auf, »was faseln Sie da zusammen? Wer sind Sie eigentlich?«
»Parker mein Name, Josuah Parker«, stellte der Butler sich vor, »aber das dürften Sie ja inzwischen sehr genau wissen.«
Tony Steffen schielte erneut, blickte seitlich an Parker vorbei erneut zur Tür hinüber und wartete mit Sicherheit auf seine beiden Bürokräfte aus der Steinbaracke. Doch sie erschienen nicht. Parker hatte sich auf eine sehr spezielle Art kurz mit ihnen unterhalten und sie dazu überredet, eine Art Teepause einzulegen. Sie waren seinem Vorschlag gefolgt, nachdem der Butler seinen Universal-Regenschirm argumentativ eingesetzt hatte.
»Im Mittelpunkt des gemeinsamen Interesses dürfte ein mit Banknoten gefüllter Ledersack stehen«, fuhr Josuah Parker würdevoll fort, »nach oberflächlicher Durchzählung könnte es sich um etwa hunderttausend Pfund handeln.«
»Mann, Sie reden da vielleicht was zusammen«, entgegnete Tony Steffen, »was habe denn ich damit zu tun?«
Er hatte seine Frage noch nicht ganz ausgesprochen, als er sich nach vorn warf und tatsächlich blitzschnell die Schublade aufriß. Seine rechte Hand schoß in die Lade und zerrte einen Gegenstand hervor, der aus brüniertem Stahl bestand.
Der Butler langte nicht weniger schnell mit dem Bambusgriff seines Universal-Regenschirms über den Schreibtisch und zog die Lade wieder zu. Er erledigte das mit einiger Energie und sorgte so dafür, daß Tony Steffens stöhnte und sich verfärbte. Seine Hand war eingeklemmt worden und schmerzte wohl ein wenig.
»Falls meine Wenigkeit Ihre Handbewegung mißverstanden haben sollte, möchte ich mich in aller Form entschuldigen«, sagte Josuah Parker, »Sie können die erwähnte Hand jetzt wieder vorziehen, doch möglichst ohne Waffe.«
Tony Steffen jaulte, befreite die Hand und hielt sie anklagend in die Höhe. Er legte sie danach in die linke Hand und litt.
»Kühle Umschläge werden aufkommende Schmerzen und Schwellungen mit Sicherheit lindern«, riet Parker dem Mann, »bevor meine Wenigkeit sich jetzt empfiehlt, sollten Sie vielleicht den Namen jener Person nennen, für die Sie Ihre Gerüstebauer auf mich ansetzten.«
»Sie liegen völlig falsch, Mann«, stöhnte Tony Steffen, »wenn Ihnen da wirklich einer gefolgt ist, dann aber ohne mein Wissen.«
»Meine Wenigkeit spielt mit dem Gedanken, Ihre Hand noch ein wenig nachzubehandeln«, entgegnete der Butler höflich, »und dazu würde ich durchaus den Griff meines Schirmes verwenden. Ich kann nur hoffen, mich deutlich genug ausgedrückt zu haben, Mr. Steffen.«
»Nein, nein, nur das nicht, Mann.« Tony Steffen stieß sich mit dem linken Fuß ab und rollte auf seinem Bürosessel zurück an die Wand. »Machen Sie keinen Blödsinn, tun Sie das nicht!«
»Für wen also ließen Sie meine Wenigkeit verfolgen?« Parker schien nichts gehört zu haben. Er stieß die Spitze seines Schirmes gegen den Boden, ließ den Schirmstock zurückfedern und in die Luft steigen. Dann griff er mit der rechten Hand zu und hielt den Schirm am unteren Drittel fest. Der Bambusgriff stand deshalb hoch in der Luft und neigte sich bereits in Richtung Tony Steffen.
»Bryan Buttons«, flüsterte Steffen jetzt umgehend und brachte seine angequetschte Hand schleunigst in Sicherheit, »aber ich habe nichts gesagt, Mann, überhaupt nichts. Ich kenne den Namen gar nicht.«
*
»Sie hätten mich natürlich mitnehmen müssen, Mr. Parker«, mäkelte die ältere Dame, als ihr Butler diesen Punkt der Erzählung erreichte, »es hat sich doch wieder mal gezeigt, daß Sie allein den Dingen nicht gewachsen sind.«
Sie saß am Tisch im kleinen Salon ihres Hauses und nahm den Tee. Parker reichte dazu etwas Gebäck, wie seine Herrin gewünscht hatte. Dabei handelte es sich nun wirklich nicht um einige Kekse, sondern um kalorienreichen Früchtekuchen, der mit Rum getränkt war. Selbstverständlich nahm Mylady nur eine Kleinigkeit. Sie war bereits beim zweiten, nicht gerade kleinen Kuchenstück.
»Die Grenzen meiner privaten und bescheidenen Möglichkeiten deuteten sich in der Tat an, Mylady«, meinte Parker höflich, ohne die Miene zu verziehen.
»Wer ist nun dieses Subjekt, von dem Sie gerade gesprochen haben?« fragte sie, nachdem sie im Anschluß an Parkers Bemerkung zustimmend und wohlwollend genickt hatte.
»Mr. Bryan Buttons, Mylady, ist vorerst noch eine Unbekannte in dem sich andeutenden Kriminalfall«, gab Josuah Parker zurück, »man wird noch genaue Ermittlungen anstellen müssen.«
»Könnte dieser Gerüstebauer Sie nicht angelogen haben?« wollte sie wissen und beförderte das dritte Kuchenstück auf ihren Teller.
»Solch eine Möglichkeit ist niemals auszuschließen, Mylady«, räumte Josuah Parker ein, »die Unterhaltung mit Mr. Tony Steffen ließ sich leider nicht vertiefen, da einige Mitarbeiter des Firmeninhabers auftauchten. Meine Wenigkeit hielt es daher für ratsam, das sogenannte Weite zu suchen.«
»Eine Lady Simpson hätte niemals das Feld geräumt«, erklärte die ältere Dame, »aber gut, ich werde Ihnen keine Vorwürfe machen, Mr. Parker. Ich kenne schließlich Ihre Schwächen.«
»Mylady sind zu gütig, diese Schwächen zu tolerieren«, meinte Parker, den nichts aus der Fassung zu bringen vermochte, was seine Herrin betraf.
»Ich denke, ich werde einiges unternehmen«, kündigte Agatha Simpson an, »aber ich möchte mich noch nicht festlegen.«
Nach dieser Feststellung wartete die Lady auf Vorschläge Parkers, doch der Butler beschränkte sich darauf, Tee auszugießen. Seine Herrin schnaufte ein wenig unwillig, denn sie hatte keine Ahnung, was sie unternehmen sollte.
»Ich überlasse Ihnen die Details«, meinte sie schließlich auffordernd.
»Meine Wenigkeit bedankt sich für dieses Vertrauen, Mylady.«
»Ich warte«, sagte sie leicht gereizt.
»Ein Stichwort, Mylady, das man aufgreifen sollte«, gab Parker zurück, »inzwischen