Butler Parker 175 – Kriminalroman. Günter Dönges

Butler Parker 175 – Kriminalroman - Günter Dönges


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Agatha runzelte die Stirn. Sie war ein wenig verwirrt.

      »Mr. Steffen dürfte mit dieser Bemerkung ein wenig übertrieben haben«, erklärte der Butler, »Wie Mylady bereits festzustellen geruhten, könnte Mr. Steffen durchaus gelogen haben, was den Hinweis auf Mr. Buttons betrifft. Dabei könnte es sich durchaus um eine falsche Spur handeln.«

      »Wie auch immer, Mr. Parker.« Sie widerstand der Versuchung, noch ein viertes Stück Früchtekuchen zu essen. »Finden Sie heraus, wer dieses geheimnisvolle Subjekt ist, damit ich mich endlich einschalten kann. Danach dürfte der Fall bereits so gut wie geklärt sein.«

      »Meine bescheidenen Ermittlungen laufen bereits, Mylady.«

      »Das höre ich gern«, sagte sie wohlwollend, »sollte es Schwierigkeiten geben, wenden Sie sich an mich. Aber ich werde die Hände nicht in den Schoß legen.«

      »Das stand zu erwarten, Mylady.«

      »Ich werde noch mal zu den Surrey Docks hinüberfahren und mir den Tatort ansehen«, redete sie weiter, »ich werde mich der Unterwelt zeigen und sie herausfordern.«

      Parker hütete sich, seiner Herrin beizupflichten, sonst hätte sie sich mit Sicherheit sofort wieder anders entschieden. Er deutete nur ein knappes, zustimmendes Nicken an. Sie schritt energisch zur Treppe, die ins Obergeschoß des Hauses führte. Sie wollte sich umkleiden und in zehn Minuten wieder zurück sein. Für den Butler war das Zeit genug, gewisse Vorkehrungen für die geplante Ausfahrt zu treffen. Nach den bisherigen Erfahrungen im Umgang mit Lady Simpson deuteten sich wieder mal chaotische Zwischenfälle an.

      *

      Josuah Parker saß am Steuer seines hochbeinigen Monstrums und fuhr die Straße hinunter, in dessen Rinnstein die kleinen Papierschiffchen aus Banknoten geschwommen hatten. Er bewegte seinen Wagen nur langsam und beobachtete, aufmerksam den Straßenverkehr. Verdächtiges konnte Parker allerdings nicht feststellen. Er hielt vor einem Pub in der Nähe des bewußten Bretterzauns und erntete dafür ein zustimmendes Nicken seiner Herrin.

      »Sehr aufmerksam, Mr. Parker«, sagte sie, »ich fürchte, ich werde etwas für meinen Kreislauf tun müssen.«

      »Darüber hinaus können Mylady sich einer interessierten Öffentlichkeit zeigen«, erwiderte Parker. Er stieg aus, öffnete den hinteren Wagenschlag und überwachte das Aussteigen der großen, fülligen und majestätischen Erscheinung Lady Simpsons.

      Es war natürlich wieder mal Josuah Parker, der in dieser Umgebung Aufsehen erregte. Er schien aus einer anderen Welt gekommen zu sein, um der Gegenwart einen Höflichkeitsbesuch abzustatten. Sein schwarzer Covercoat, die schwarze Melone, der altmodische Eckkragen und der schwarze Binder wiesen ihn eindeutig als einen hochherrschaftlichen Butler aus, der in die viktorianische Zeit paßte. Der altväterlich gebundene Regenschirm vervollständigte diesen Eindruck.

      Lady Agatha hingegen wirkte wesentlich moderner und zupackender. Sie trug eines ihrer beliebten Tweedkostüme, die alle viel zu weit waren. Die Schuhe waren derb, geschnürt und sehr groß. An ihrem rechten Handgelenk baumelte der perlenbestickte Pompadour, und auf dem Kopf saß eine ihrer beliebten Hutschöpfungen. Sie erinnerte an eine mißglückte Mischung aus einem Napfkuchen und einem Südwester der Seefahrt. Dennoch, die ältere Dame in ihrer Fülle strömte Autorität und Selbstbewußtsein aus.

      »Man scheint mich sofort wiedererkannt zu haben, Mr. Parker«, sagte sie wohlwollend. Natürlich irrte sie. Die Aufmerksamkeit einiger junger Männer vor dem Eingang zum Pub galt eindeutig dem Butler.

      »Wie wär’s denn mit ein paar Scheinchen für ’ne kleine Erfrischung?« sagte einer der jungen Männer. Er trug Jeans, hatte sich den Kopf kahl rasiert und gab sich herausfordernd. Er versprach sich einen Spaß mit Parker und wollte seinen Freunden beweisen, wie überzeugend er war.

      »Darf man fragen, wie Ihr Hinweis gemeint ist?« erkundigte sich der Butler. Agatha Simpson baute sich seitlich hinter ihrem Butler auf und brachte ihren Pompadour in leichte Schwingung.

      »Rück mal ein paar Kohlen raus, Alterchen«, erwiderte der junge Mann und grinste, »is’ nur ’ne kleine Anleihe, klar? Wir zahlen alles zurück. Ehrenwort!«

      »Sie werden verstehen, daß man Zweifel an Ihrem Versprechen hegt«, meinte Parker höflich wie stets.

      »Willst du damit sagen, ich würde lügen?« Der junge Mann wurde ernst.

      »So kann man es selbstverständlich auch ausdrücken«, entgegnete der Butler gemessen.

      »Das lasse ich nicht auf mir sitzen, Mann.«

      »Das ist ein Problem, mit dem Sie sich ganz allein auseinandersetzen müssen. Sie erlauben, daß man Mylady in das Lokal führt?«

      »Zuerst werd’ ich dir mal was auf die Nase geben«, schickte der junge Mann voraus, »un’ dann unterhalten wir uns noch mal über die kleine Anleihe, klar?«

      Parker hatte den altväterlich gebundenen Regenschirm vom angewinkelten linken Unterarm gelöst und in die rechte Hand genommen, über die sich ein schwarzer Lederhandschuh spannte. Der Butler stach mit der Spitze dieses Schirms auf den ausgefransten Tennisschuh des jungen Mannes und traf zielsicher die Zehenpartie.

      Der junge Kreditnehmer verfärbte sich, holte ungemein tief Luft, hielt sie ungewöhnlich lange in den Lungen und stieß dann endlich einen spitzen Jaulton aus.

      »Sie sollten sich wegen einer offensichtlichen Bagatelle nicht entschuldigen«, meinte Josuah Parker und lüftete überaus höflich die Melone, »warum sollte es Ihnen nicht erlaubt sein, sich mal zu irren?«.

      Der junge Mann nahm diesen Hinweis nicht entgegen, hüpfte inzwischen auf dem noch intakten Fuß herum und produzierte weitere Heultöne. Seine Begleiter, etwa vier oder fünf junge Gleichaltrige, wußten nicht so recht, wie sie sich verhalten sollten.

      Lady Agathas Temperament war natürlich geweckt worden. Sie schritt energisch auf diese jungen Männer zu und ließ ihren Pompadour kreisen. Ihre dunklen Augen funkelten.

      Instinktiv spürten die jungen Männer, daß Gefahr im Verzug war. Sie wichen respektvoll zurück und rotteten sich neben dem Hydranten zusammen. Butler Parker hatte inzwischen die Tür zum Pub geöffnet und ließ Mylady eintreten.

      »Ich will doch sehr hoffen, Mr. Parker, daß ich diese Lümmel gleich noch antreffen werde«, sagte sie.

      »Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, Mylady«, versicherte Parker der älteren Dame, »man wird diese erlittene Schmach kaum auf sich sitzenlassen.«

      *

      Mylady trank einen doppelten Brandy und belebte ihren Kreislauf. Sie saß in einer Nische und musterte die Gäste im Pup. Hier hatte man wohl bereits mitbekommen, was sich draußen abgespielt hatte. Viele Gäste musterten Mylady und Parker unverhohlen, tuschelten miteinander und prosteten den beiden Neuankömmlingen zu.

      »Nichts als nette Leute«, räsonierte die passionierte Detektivin, »wo bleiben diese Subjekte aus der Unterwelt?« .

      »Man wird früher oder später erscheinen, Mylady«, erwiderte Josuah Parker, »der Vorfall vor dem Pub muß sich erst noch ein wenig herumsprechen.«

      »Man soll sich gefälligst beeilen«, sagte die ältere Dame ungeduldig, »ich habe meine Zeit nicht gestohlen.«

      »Darf man sich nach Myladys Kreislauf erkundigen?«

      »Er normalisiert sich«, lautete Agatha Simpsons Antwort, »aber ich werde noch einen zweiten Brandy brauchen, Mr. Parker.«

      Der Butler erhob sich vom Stuhl und ging gemessenen Schrittes hinüber zum Tresen, um einen zweiten Brandy zu kaufen. Er selbst trank nichts. Parker machte sich nichts aus Alkohol. Der Barkeeper reichte das gefüllte Glas, beugte sich dabei ein wenig vor und flüsterte dem Butler etwas zu, was Parker nur bruchstückhaft verstand. Er entnahm den Worten des Barkeepers, der kaum die Lippen bewegte, daß er in den Waschraum kommen sollte.

      Parker tat so, als hätte er nichts verstanden. Er trug den Brandy an Myladys Tisch zurück und entschuldigte sich dann für einen Moment. Der Butler betrat


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