Fränkisches Pesto. Susanne Reiche
den Mahlstrom der Erdanziehung gefunden zu haben.
»Prost!«, sagte Dennerlein und hob sein Weinglas.
»Porst!«, erwiderte Kastner und bemühte sich, eines der beiden Gläser zu treffen, die der doppelte Schnauzbart ihm zweihändig hinhielt.
»Ich heiße Hermann«, sagte Dennerlein und tätschelte ihm vertraulich die Schulter.
»Kastner«, gab Kastner zurück.
»Kastner? Das ist ja wohl kein Vorname.«
»Dasisrichtich«, bestätigte Kastner. Er hatte den Eindruck, dass seine Stimme ein wenig verschwommen klang, und fügte deshalb etwas lauter an: »Stimmtgenau.«
»Was ist denn hier los?«, fragte jemand aus dem Off und fuhr, ohne das geringste Interesse an einer Auskunft erkennen zu lassen, fort: »Ich hab in den letzten Stunden gefühlte hundert Mal deine Handynummer gewählt, Kastner, ich hab dir dreimal auf die Mailbox gequatscht, dreimal!, und dich inständig gebeten, uns am Bahnhof in Hohenstadt abzuholen. Es schüttet in Strömen, falls dir das entgangen ist! Die Kinder sind klatschnass! Wenn du schon dein Handy ausschaltest, warum hörst du dann nicht wenigstens deine verdammte Mailbox ab?!«
Kastner versuchte den Kopf zu drehen, aber einer seiner Nackenwirbel schien sich versteift zu haben.
»Bisudas, Hase?«, erkundigte er sich über die Schulter. Die Antwort waren ein kühler Luftzug und das Knallen einer Tür.
»Eine Frau mit Temperament«, schmunzelte Hermann.
Das konnte Kastner bestätigen.
Tag 3/Mittwoch/Blondinen bevorzugt
Am nächsten Morgen schreckte Kastner aus dem Schlaf, weil die Glocken des Kölner Doms schlugen. Alle Glocken: acht im Hauptgeläut und drei im Chorgeläut, inklusive Nachhall und Dopplereffekt. Sonderbarerweise litt der Mollterz-Schlagton der Pretiosa im Hauptgeläut an einer leichten Spreizung der Quarten und einem zwischen Unteroktave und Prime verengten Oktavintervall …
Er blinzelte und stellte fest, dass er sich keineswegs im Glockenstuhl des Kölner Doms, sondern im Grünen Schwan in Eschenbach befand und dass die Glockentöne von einem Mobiltelefon erzeugt wurden.
Zunächst war er erleichtert – das Handy konnte ihn nicht meinen. Es wäre ihm im Traum nicht eingefallen, das Vollgeläut des Kölner Doms als Klingelton auszuwählen und auf höchste Lautstärke einzustellen – sein Handy machte, wenn es sich nicht vermeiden ließ, mit einem sonoren Brummen knapp oberhalb der Hörschwelle und sanftem Vibrieren auf sich aufmerksam.
Dann fiel ihm ein, dass sein Mobiltelefon im Magen eines Killerwals gelandet war und Martina Götz ihm ein neues überreicht hatte – mit einem schönen Gruß von Carsten Wismeth. Womöglich pflegte der Polizeidirektor andere akustische Vorlieben als er selbst?
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.