Einen geliebten Menschen verlieren. Doris Wolf
Kind mit Essen, körperlicher Nähe und Zuwendung zu versorgen.
Kinder im Alter zwischen 6 Monaten und 1 Jahr
In diesem Alter können die Kinder schon zwischen einzelnen Personen unterscheiden, sodass die Befriedigung ihrer Bedürfnisse nicht ohne weiteres auf eine andere Person übertragen werden kann.
Kinder zwischen 1 und 4 Jahren
In diesem Alter beginnt das Interesse der Kinder am Tod zu wachsen. Manchmal stellen sie Fragen wie: „Friert die Oma im Winter in ihrem Grab?”, oder: „Wann kommt die Omi wieder?”, immer und immer wieder. Kinder verstehen unter dem Tod einen vorübergehenden Zustand des Schlafens. Sie haben noch keinen Begriff davon, dass alle Menschen sterben müssen. Sie empfinden dennoch in diesem Alter schon Trennungsängste. In diesem Alter tauchen bereits Schuldgefühle auf, den Tod verursacht zu haben. Wichtig ist deshalb zu erklären, dass der Elternteil oder ein anderes Familienmitglied nicht gestorben ist, weil das Kind böse war. Redewendungen wie: „Omi ist eingeschlafen.“, sind nicht hilfreich, weil Kinder so nicht lernen können, mit dem Tod umzugehen. Die Kinder nehmen alles wörtlich und denken, Omi wacht auch wieder auf. Wichtig sind Rituale des Abschiednehmens – auch wenn es sich nur um den Tod des Hamsters handelt.
Kinder im Alter von 5 bis 9 Jahren
Kinder in diesem Alter verstehen schon, dass jemand gestorben ist. Sie stellen Fragen wie: „Wie ist das, wenn man tot ist?”, oder: „Muss Papi auch sterben?” Sie wissen jedoch noch nicht, dass das bedeutet, er kommt nie mehr wieder. Sie können noch nicht verstehen, dass man so lange traurig sein muss, wie es vielleicht die Eltern sind. Oft wird ihre Trauerreaktion wieder durch das Nicht-Wahrhaben-Wollen des Verlustes unterbrochen. Sie glauben daran, dass sie die magische Kraft besitzen, dass der Tote wieder zurückkehrt.
Wenn Eltern ihnen den Tod damit erklären, dass der Tote „eingeschlafen“ ist, „von uns gegangen ist“ oder „wir ihn verloren haben“, bekommen sie die Idee, er würde wieder aufwachen, wiederkommen können oder wiedergefunden werden. Es können auch Ängste auftreten: „Wenn ich einschlafe, könnte ich auch sterben.”, sodass das Kind abends nicht mehr ins Bett will. Die Redewendung: „Er ist im Himmel und schaut dir zu.” kann dazu führen, dass das Kind sich ständig beobachtet fühlt.
Manchmal erklären die Kinder sich den Tod auch damit, dass sie nicht lieb genug waren, und quälen sich mit Schuldgefühlen. Deshalb ist es wichtig, Kindern zu erklären, dass der verstorbene Elternteil nicht gestorben ist, weil ein Kind nicht brav war.
In diesem Alter ist es auch empfehlenswert, das Kind mit zur Beerdigung zu nehmen. Zuvor sollte man dem Kind erklären, was auf der Beerdigung passiert. Auf diese Weise kann das Kind erleben, dass der Elternteil wirklich tot ist, und besser Abschied nehmen. So können auch Phantasien vermieden werden, was auf der Beerdigung passieren könnte. Wenn das Kind sich weigert, mit auf die Beerdigung zu gehen oder dort zu bleiben, dann sollte man es nicht dazu zwingen.
Es ist wichtig, den Kindern im Laufe ihres Heranwachsens zunehmend mehr Informationen über den verstorbenen Elternteil zu geben.
Kinder im Alter von 9 bis 12 Jahren
Sie haben einen Zeitbegriff und wissen, was tot bedeutet. Sie sehen den Tod als unannehmbar an. Sie machen sich jetzt auch Sorgen darum, was sich nach dem Tod alles in ihrem Leben verändern wird, ob sie beispielsweise die Schule wechseln müssen, zu den Großeltern ziehen, ob die Mutter arbeiten gehen wird, ob ein Stiefvater kommen wird, usw.
In diesem Alter ist es wichtig, dass Kinder ihre Gefühle der Wut und Trauer ausdrücken dürfen. Viele Kinder bekommen indirekt oder direkt in diesem Alter auch den Auftrag, „jetzt auf die Mama aufpassen zu müssen oder wie die Mama für den Haushalt zu sorgen“. Dies kann zu einer großen Belastung und Verantwortung führen, die das Kind überfordert.
Ab 12 Jahren
Die Jugendlichen reagieren ähnlich wie die Neun- bis Zwölfjährigen. Sie sind meist etwas verschlossener und neigen eher dazu, sich zurückzuziehen oder in Alkohol zu flüchten. Zudem haben sie eigene Probleme, sich vom Elternhaus zu lösen. Sie verstehen, was der Tod bedeutet, und dass sie auch einmal sterben werden.
Der Verlust eines Geschwisterchens
Der Tod eines Bruders oder einer Schwester kann eine traumatische Erfahrung für das zurückbleibende Kind sein. Es hat mit dem Geschwisterchen das Zimmer geteilt, gemeinsam gespielt, gestritten und Geheimnisse gehütet. Einige Kinder reagieren mit Rückzug und Depression. Andere wiederum bekommen Angst, selbst zu sterben, oder die Eltern auch noch zu verlieren. Manche Kinder nehmen plötzlich Verhaltensweisen des verstorbenen Bruders oder der Schwester an. Manche Kinder entwickeln Schuldgefühle, noch am Leben zu sein. Die Eltern machen häufig den Fehler, über dem Tod des verstorbenen Kindes das noch lebende Kind zu vernachlässigen und ihm wenig Zuwendung zu geben. So entstehen Neid und Aggression gegenüber dem verstorbenen Familienmitglied, manchmal auch Phantasien, auch sterben zu wollen.
Wie sich bei Kindern der Verlust äußern kann
•Schuldgefühle, etwas falsch gemacht zu haben
•Wut, verlassen worden zu sein
•Angst, von dem anderen Elternteil auch verlassen zu werden
•Angst, selbst zu sterben
•Angst, kein Geld mehr zu haben und verhungern zu müssen
•Angst vor dem Einschlafen
•Angst vor der Dunkelheit, Alpträume
•Hass auf den zurückbleibenden Elternteil
•Konzentrationsstörungen, abfallende Leistung in der Schule
•Zurückfallen auf eine frühere Entwicklungsstufe (einnässen, Daumen lutschen, im Bett der Eltern oder nur mit Licht schlafen wollen)
•Ruhelosigkeit oder Passivität
•Anfälligkeit gegen Erkältungen, Neigung zu Unfällen
•Essstörungen
•Nachahmen des verstorbenen Familienmitgliedes
Hilfreiche Reaktionen der Erwachsenen
Die Erwachsenen sollten die wiederkehrenden Fragen („Wann kommt die Mami wieder?”, „Wo ist die Mami?”) immer wieder beantworten, und die Kinder dazu auffordern, über ihre Gefühle zu sprechen. Manchmal drücken Kinder ihre Gefühle nicht in Worten, sondern nur im Verhalten aus, indem sie beispielsweise wieder einnässen, in ihren schulischen Leistungen abfallen, sich nicht mehr konzentrieren können, im Bett der Eltern schlafen wollen, nur bei Licht einschlafen wollen. Es empfiehlt sich, das Kind bei sich einschlafen zu lassen und dann in sein eigenes Bett zu bringen.
Der Tod eines Elternteils kann starke Ängste hervorrufen. Kinder haben das Gefühl, ein Teil von sich selbst zu verlieren. Auch über die aufkommende Angst „Was ist, wenn du auch noch stirbst?”, sollte gesprochen werden. Wenn möglich, bestimmen Sie eine Person, zu der Ihr Kind bei Ihrem Tod gehen kann und die die Erziehung weiterführt. Geben Sie dem Kind verstärkt das Gefühl, gemocht und akzeptiert zu werden. Lassen Sie auch Gefühle der Wut und Schuld zu und hören Ihrem Kind zu, ohne seine Worte zu bewerten. Sagen Sie ihm, dass der Vater es nicht verlassen wollte und dass niemand an seinem Tod schuld ist. Erklären Sie Ihrem Kind, dass tot sein bedeutet, nicht mehr zu leben, zu arbeiten, zu essen, zu schlafen und nicht mehr zurückzukommen. Der Tod ist nicht ansteckend, tut nicht weh. Es tut auch nicht weh, wenn man einen Toten sieht oder anfasst. Vermeiden Sie Aussagen wie: „Der Vati wohnt im Himmel.” (Ihr