Wenn der Partner geht. Doris Wolf
erst zu Phase IV vorarbeiten, bevor Sie wieder an ein Zusammengehen denken. Die Angst vor dem Schmerz und der Auseinandersetzung mit dem Alleinsein ist keine gute Basis für eine erfolgreiche Partnerschaft. Möglicherweise verfallen Sie sonst in den Fehler, dem anderen zuliebe alles zu tun, um ja keine Trennung mehr zu erleben. Setzen Sie sich zum Ziel, sich erst alleine glücklich zu fühlen, bevor Sie sich wieder binden. Beschäftigen Sie sich erst damit, was Sie sich von einer Partnerschaft wünschen, bevor Sie darüber reden, ob Ihre Vorstellungen zu denen des Partners passen.
Wenn Sie den Heilungsprozess beginnen möchten, dürfen Sie sich keine Hoffnung auf die Rückkehr des Partners machen.
Ihre Gedanken bestimmen Ihre Gefühle. Wenn Sie sich gedanklich mit der Rückkehr befassen, bekommen Sie Sehnsucht nach Ihrem Partner. Wenn Ihr Partner nicht zurückkommt, erleben Sie immer wieder aufs Neue Schmerz und Enttäuschung. Es ist hart, den seelischen Schmerz zu ertragen, dass die Beziehung zu Ende ist. Aber es ist noch härter, sich immer wieder Sehnsucht nach Ihrem Partner zu machen, und dann die Enttäuschung zu erleben, dass er nicht zurückkommt.
Sie können die Liebe des Partners nicht zurückgewinnen, wenn dieser es nicht möchte, aber Sie können lernen, ohne ihn zufrieden zu leben.
Wie können Sie die Phase der Verleugnung überwinden?
1. Stellen Sie sich in Ihrer Wohnung vor einen Spiegel. Schauen Sie sich in die Augen und sagen Sie sich laut: „Ich bin bereit zu akzeptieren, dass die Partnerschaft zu Ende ist.“
Ich weiß, wie Ihnen zumute ist. Das ist keine leichte Übung. Sie werden in Ihrem Innern tausend Widerstände verspüren. Sie kommen sich vor, als ob Sie sich belügen. Sie haben den Eindruck, dass Sie die Trennung nie und nimmer akzeptieren können. Dies ist der Stolperstein des Umlernens (siehe Kapitel 2). Vielleicht spüren Sie bei diesem Satz auch Traurigkeit und Tränen. Lassen Sie die Tränen ruhig laufen, aber wiederholen Sie diesen Satz 300 Mal am Tag – mit und ohne Spiegel. Wiederholen Sie den Satz einfach wie einen Reim, den Sie vor sich herbeten, ohne ihn zu glauben. Sie werden ihn anfangs auf keinen Fall gefühlsmäßig bejahen können. Mit der Zeit werden Sie das Ende der Partnerschaft dann auch gefühlsmäßig akzeptieren können. Gefühle sind nur die Folge von Gedanken. Ihre Gedanken im Augenblick bestimmen, was Sie in Zukunft fühlen werden. Setzen Sie sich zum Ziel, das Leugnen aufzugeben und das Ende der Partnerschaft zu akzeptieren.
2. Teilen Sie Ihren Freunden, Bekannten, Eltern und Arbeitskollegen mit, dass Sie und Ihr Partner sich getrennt haben.
Achten Sie darauf, dass Sie bei den Freunden nicht nach einer Bestätigung suchen, dass er doch wieder zurückkommen wird.
3. Vermeiden Sie es, Kontakt mit dem Partner aufzunehmen, um ihn zurückzugewinnen.
Weder Wäschewaschen noch die Krankheit des Partners sind ein zwingender Grund, ihn zu sehen. Falls Sie sich dennoch entscheiden, ihn zu treffen, vermeiden Sie es, nach Anzeichen für die noch existierende Liebe zu schauen. Ist Ihr Partner besonders nett zu Ihnen (sei es aus Mitleid oder aufgrund von Schuldgefühlen), bekommt Ihre Hoffnung auf Versöhnung neue Nahrung. Ist Ihr Partner hart und abweisend, fühlen Sie sich verletzt. Zur Loslösung von Ihrem Partner ist es hilfreich, wenn Ihr Partner Ihnen sehr konsequent und deutlich immer wieder verbal und nonverbal mitteilt, dass die Partnerschaft zu Ende ist – auch wenn es weh tut. Ob Ihr Partner das kann, hängt davon ab, wie stark seine Schuldgefühle Ihnen gegenüber sind.
4. Lesen Sie die folgenden Fragen zunächst einmal durch. Sie sollen Ihnen helfen, Ihren Blick darauf zu lenken, wie die Partnerschaft tatsächlich war.
•Hatten wir Vertrauen zueinander?
•War ich bereit, den Partner so zu akzeptieren, wie er war?
•Habe ich mich von meinem Partner akzeptiert gefühlt?
•Hatten wir gemeinsame Interessen, Hobbies und Lebenseinstellungen?
•Konnten wir über Konflikte und unterschiedliche Meinungen reden?
•Konnte ich mich persönlich entfalten?
•Hatten wir gemeinsame Freunde?
•Einigten wir uns bei unterschiedlichen Ansichten auf Kompromisse?
•Konnte ich mich auf den Partner verlassen?
•Erlaubten wir uns gegenseitig Zeit, für uns alleine zu sein?
•Wenn wir ärgerlich aufeinander waren, sprachen wir darüber, versteckten wir den Ärger oder versuchten wir, uns gegenseitig zu verletzen?
•Fühlte ich mich den überwiegenden Teil der Zeit in der Partnerschaft wohl?
Nehmen Sie nun Ihr Tagebuch zur Hand und lassen Sie Ihre Partnerschaft noch einmal anhand dieser Fragen an sich vorüberziehen. Vielleicht können Sie dabei erkennen, wie sehr die Partnerschaft doch schon gestört war. Die meisten Menschen neigen nämlich dazu, die Partnerschaft zu diesem Zeitpunkt zu idealisieren und sich dadurch den Abschied noch schwerer zu machen. Je stärker man etwas als positiv und einzigartig ansieht, desto schwerer fällt es, das aufzugeben.
Vielleicht ertappen Sie sich auch dabei, alles doch nicht als negativ sehen zu wollen. „Wir hatten zwar wenig gemeinsame Zeit, aber …“. Das ist die Stimme, die verleugnen und nicht wahrhaben will. Wenn Sie Traurigkeit oder auch Wut verspüren, dann haben Sie schon einen Schritt in die nächste Phase gewagt.
5. Sie können Ihren Fortschritt überprüfen, indem Sie sich die Fragen am Anfang des Kapitels nochmals vornehmen.
Je mehr Fragen Sie mit „nein“ oder „seltener“ beantworten können, desto mehr haben Sie schon gelernt, die Trennung anzunehmen.
4 Phase II: Aufbrechende Gefühle
mein leben
ist auseinandergefallen
wie ein sorgfältig aufgeschichteter holzstoß gefühle
in eine form gepresst
liegen alle kreuz und quer
Wenn wir unsere Gefühle nicht unterdrücken oder durch Alkohol, Medikamente und Essen betäuben, dann kommen wir beim Bewusstwerden der Trennung mit unseren negativen Gefühlen in Berührung. Nur Menschen, die sich bereits in der noch bestehenden Partnerschaft innerlich vom Partner losgelöst haben, können nach der Trennung relativ ruhig bleiben.
Die meisten Menschen verspüren nach der Trennung Angst, Wut, Hass, Depressionen, Minderwertigkeits-, Einsamkeits- und Schuldgefühle sowie eine Vielzahl körperlicher Reaktionen.
Im Folgenden möchte ich auf die einzelnen Gefühlsreaktionen ausführlicher eingehen. Suchen Sie sich diejenigen Abschnitte über die Gefühle heraus, die Sie gerade am stärksten verspüren. Ich werde Ihnen dabei helfen, Ihre Gefühle zu verstehen und besser mit ihnen umzugehen. Jedes Gefühl, das Sie verspüren, hat seine Berechtigung und eine Botschaft für Sie.
Die Wurzel der einzelnen Gefühle liegt in Ihren mehr oder weniger bewussten Einstellungen. Lassen Sie sich nicht von Ihren Gefühlen erschrecken. Häufige Gefühlsschwankungen sind in dieser Phase II völlig normal. Sie zeigen den Fortschritt von Phase I zu Phase II an. Diese Gefühle machen Sie darauf aufmerksam, dass sich etwas Grundsätzliches in Ihrem Leben verändert hat – Ihr Partner hat sich von Ihnen getrennt und Sie lassen diese Tatsache innerlich zu.