Wenn der Partner geht. Doris Wolf

Wenn der Partner geht - Doris Wolf


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Stufe: Theoretische Einsicht

      Sie entscheiden sich, eine Gewohnheit zu verändern, und bereiten sich geistig darauf vor. Sie wissen rein theoretisch, wie Sie anders denken müssen, um sich anders fühlen und verhalten zu können.

       2. Stufe: Übung

      Sie denken anders und verändern Ihr Verhalten. Sie üben.

       3. Stufe: Widerspruch zwischen Kopf und Bauch

      Sie fühlen sich merkwürdig. Ihr Denken und Ihr Fühlen widersprechen sich. Sie ignorieren Ihr altes Gefühl, weil es lediglich auf die alte Gewohnheit hinweist.

       4. Stufe: Übereinstimmung zwischen Kopf und Bauch

      Ihr Denken, Fühlen und Verhalten stimmen überein, aber Sie müssen noch bewusst Ihre neuen Gedanken denken.

       5. Stufe: Neue Gewohnheit

      Sie haben eine neue Gewohnheit entwickelt. Denken, Fühlen und Verhalten laufen automatisch ab. Eine Vielzahl unserer täglichen Verhaltensweisen besteht aus Gewohnheiten. Gewohnheiten erleichtern uns den Alltag, sparen Energie und ermöglichen uns, mehrere Aktivitäten gleichzeitig auszuführen, ohne uns zu gefährden. Gewohnheiten entstehen immer dann, wenn Sie mehrmals in ein und derselben Weise denken und handeln. Unter Gewohnheit verstehe ich, dass Sie sich automatisch verhalten, ohne bewusst etwas zu denken. Sie haben Gewohnheiten, wie Sie laufen, sitzen, essen, schreiben, lachen, jemanden begrüßen, verabschieden, usw. All diesen Gewohnheiten ist gemeinsam, dass Sie Signale von Ihrem Körper bekommen, das heißt sich unwohl und angespannt fühlen, wenn Sie diesen Gewohnheiten zuwiderhandeln. Sie haben dann den Eindruck, dass etwas nicht stimmt. Die 3. Stufe, der vorübergehende Widerspruch zwischen Kopf und Bauch bleibt niemandem erspart, der eine Gewohnheit verändern will – gleichgültig, ob er sich freiwillig entscheidet, eine Gewohnheit zu verändern, oder sich – wie Sie jetzt – gezwungenermaßen umstellen muss. Der Körper bringt dabei lediglich zum Ausdruck, was Sie ihm vor langer Zeit antrainiert und angewöhnt haben. Ihr Körper braucht länger als Ihr Geist, sich auf neue Situationen einzustellen. Ihre Gedanken sind der Steuermann Ihres Körpers. Ihr Körper ist nur der Maschinist, der die Befehle des Steuermanns ausführt. Ihr Körper kann nicht alleine entscheiden, was richtig oder falsch ist.

      Am folgenden Text können Sie sogleich erproben, was es mit den Stolpersteinen des Umlernens für Sie konkret auf sich hat. Sie werden beim Lesen des Textes den Eindruck haben, sich gnadenlos zu belügen und sich etwas vorzumachen. Da Sie nun wissen, dass beim Umlernen der Körper und die Gefühle zunächst immer rebellieren, möchte ich Sie bitten, den Text täglich solange zu lesen, bis der Körper Ihnen das Signal gibt, zu glauben, was Sie lesen. Der Text kann Ihnen dabei helfen, Ihre Gedanken schneller von der Vergangenheit zu lösen.

      Lesen Sie den Text bitte täglich laut vor oder sprechen Sie ihn sich auf ein Tonband. Für viele Menschen ist es einfacher, sich ein Band anzuhören, als sich den Text durchzulesen.

      „Ich bin ich. Ich bin einzigartig in allem, was ich fühle und erlebe. Mein Partner hat mich verlassen. Deshalb fühle ich mich traurig, voller Schmerz und sehr einsam. Ich fühle mich manchmal als der unglücklichste und ärmste Mensch auf der Welt. Das ist menschlich und normal. Wann immer ich jemanden, der mir wichtig ist, verliere, werde ich Schmerz fühlen. Meine Tränen sind Ausdruck meines Schmerzes. Wann immer sie kommen, werde ich sie als Zeichen der Trauer annehmen. Sie gehören zu mir und zeigen mir, dass ich um einen wichtigen Menschen trauere. Zu mir gehören auch Gefühle der Schuld, Angst, Einsamkeit und Wut. Ein manches Mal werde ich über Kleinigkeiten wütend werden. Auch das werde ich als Zeichen auf dem Weg durch die Trauer annehmen. Ein manches Mal behandle ich meine Freunde ungerecht, obwohl ich sie im Augenblick doch so sehr benötige. Auch mein Körper zeigt mir, dass ich aus dem Gleichgewicht geraten bin.

      Ich werde Zeit brauchen, meine Trauer zu durchleben, Abschied zu nehmen und mich auf die neue Situation einzustellen. Wann immer ich ungeduldig mit mir werde, immer noch traurig zu sein, werde ich mich daran erinnern, dass die Trauer Zeit und Arbeit benötigt. Ich werde tun, was notwendig ist, um meinen Weg bis zur Loslösung zu finden. Ich kann die Trauer ertragen und brauche mich nicht vor ihr zu fürchten, sie vermeiden oder mit Tabletten oder Alkohol zu überdecken.

      Verluste und Abschiednehmen sind Bestandteile des Lebens. Sie sind kein Ausdruck von Bestrafung, sondern lediglich Ausdruck des Lebens auf dieser Welt. Solange ich lebe, werde ich von Zeit zu Zeit kleine und große Verluste erleben. Einige werde ich schnell vergessen, andere werden mein gesamtes Leben beeinflussen. Ich kann wählen, den Verlust anzunehmen oder mit dem Schicksal zu hadern. Ich entscheide mich dafür, ihn anzunehmen, denn Hadern und Hass sind keine angenehmen Gefühle. Ich kann es schaffen, meine Trauer zu durchleben und am Ende des Weges stehen wiedererwachende Lebensfreude und die Entdeckung neuer Chancen. Meine Gefühle der Trauer, der Wut und der Hilflosigkeit werden vorübergehen. Sie haben jetzt einen Sinn und werden irgendwann ihren Sinn verlieren. Sie stehen für das Abschiednehmen und das Signal zur Suche nach einem neuen Lebenssinn. Ich werde wieder lachen und fröhlich sein können. Ich werde wieder Selbstvertrauen und neue Fähigkeiten gewinnen. Ich werde das Leben bewusster wahrnehmen und mehr schätzen können. Ich werde mich und andere Menschen besser verstehen können. Ich werde mehr auf mich und meine Fähigkeiten vertrauen können, denn ich selbst schaffe es, meine Trennung zu bewältigen.

       Ich entscheide mich, jeden Tag bewusst zu leben. Ich entscheide mich dafür, meine Gefühle anzunehmen und auf unschädliche Art und Weise auszudrücken, wann immer ich sie empfinde. Ich entscheide mich dafür, an einer neuen Lebensperspektive zu arbeiten. Ich möchte mich täglich um mein körperliches und seelisches Wohlbefinden kümmern, auch wenn ich mich nicht danach fühle. Ich trage die Verantwortung für mich, ich bin es wert, für mich zu sorgen.“

       3 Phase I: Nicht-Wahrhaben-Wollen

       du schreist:

       bleib weg von hier

       ich zittere

       will bleiben

       will weggehen

       hast du keine angst

       ich könnte mich zu tode stürzen

       in die leere des freiraums

      Anja S., 45 Jahre alt, entschied sich zu einer Therapie, weil sie unter starken Depressionen, Appetitverlust und Schlafstörungen litt. Sie hatte schon zweimal versucht, sich das Leben zu nehmen. Jetzt wusste sie nicht mehr, wie es weitergehen sollte. Sie nahm täglich 20 Beruhigungstabletten und konnte ohne Schlaftabletten nicht zur Ruhe kommen. Frau A. war 29 Jahre verheiratet gewesen und hatte zwei erwachsene Kinder. Sie schilderte, dass sie und ihr Mann seit zehn Jahren nur noch nebeneinander her gelebt hätten. An ihr alleine hätte die Erziehung der Kinder und der Haushalt gehangen. Ihr Mann und sie hätten keinerlei Sex mehr gehabt. Ihr Mann sei auch nie mit ihr ausgegangen. Vor einem Jahr sei ihr Mann schließlich aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen. Er schaue ab und zu noch bei ihr und den Kindern vorbei, gehe und komme aber, wann er wolle. Sie verhalte sich dann so, als ob alles in Ordnung sei. Sie mache ihm keine Vorwürfe, weil er sonst überhaupt nicht mehr kommen würde. Jederzeit wäre sie bereit, wieder mit ihm zusammenzuleben. Sie habe in der Wohnung alles so belassen, dass er sofort wieder einziehen könne. Aber jetzt könne sie diesen Zustand des Wartens nicht mehr ertragen. Sie sei mit ihren Nerven am Ende.

      Anja S. befand sich in der Phase I, als sie zu mir kam. Sie lebte seit einem Jahr in der Hoffnung auf eine Versöhnung.

      Wenn Sie mehrere der folgenden Fragen mit „ja“ beantworten können, dann befinden Sie sich ebenfalls in der Phase I der Trennungserfahrung.


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