Der Assistent 1 | Erotischer Roman. Jones Susan Morrow
großer, alter vergoldeter Samowar, aus dem der fremde und doch so einladende Duft dringt. Kitsch, wie in einem schlechten Film. Wie kann man so leben, umgeben von so viel unnützem Kram und Tand, der Vergoldung, der alten Lampe?
»Setz dich.« Marc hat einen der Stühle für sie zurechtgerückt, lächelnd steht er dahinter, einladend.
»Danke«, sagt Rebecca fassungslos und lässt sich auf das dunkelgrüne Samtpolster des Stuhls fallen.
Er nimmt am anderen Kopfende Platz und wartet.
Die Frau namens Angelique geht in den Nebenraum und kommt mit einem silbernen Tablett voller kleiner Törtchen zurück. »Was darf ich dir anbieten? Ich wusste nicht, ob du überhaupt Süßes isst. Daher habe ich verschiedene Varianten gemacht, mit Obst, mit Sahne, mit Alkohol …« Sie lächelt und hält Rebecca das Tablett mit den kleinen Köstlichkeiten unter die Nase.
»Die hast du selber gemacht?«, staunt sie und sieht verwirrt zu Marc hinüber, der die Hände unter dem Kinn verschränkt hat und mit leicht amüsiertem Blick und schiefem Mundwinkel zu den beiden Frauen hinübersieht.
»Ja, Marc liebt meine selbstgemachten Törtchen«, sagt die junge, blonde Frau strahlend und wirft ihm einen beifallheischenden Blick zu.
Rebecca wählt ein Obsttörtchen, das Angelique ihr bereitwillig auf den Teller legt. Ein kleiner duftender Kuchen, belegt mit Erdbeeren, Ananas und einer nach Vanille und Anis duftenden Creme. Die junge Frau geht um den Tisch herum. Er zieht ihren Kopf zu seinem herunter und flüstert etwas in ihr Ohr. Das Mädchen kichert verlegen, macht zu ihrem großen Erstaunen einen kleinen Knicks und legt Marc ein Sahnetörtchen auf den Teller. Dann stellt sie das Tablett wieder auf dem Tisch ab und kehrt zu Rebeccas Platz zurück, um ihre Teetasse zu nehmen.
»Ich habe Tee gekocht, meine Spezialität. Marc liebt ihn, und er ist überaus entspannend und gesund«, erklärt sie und füllt aus dem Samowar einen dampfenden, grünlichen Tee in die zierliche Porzellantasse.
Rebecca ist sich sicher, dass sie in dieser merkwürdigen Stimmung weder etwas essen noch etwas trinken kann, nimmt aber die Tasse dankend entgegen. Sie stellt fest, dass nur zwei Gedecke auf dem Tisch sind.
»Trinkst du keinen Tee mit uns?«, fragt sie die junge, blonde Frau, die gerade auf dem Weg in den Nebenraum, offenbar die Küche, ist.
Die läuft rot an und schüttelt heftig die blonden Locken. »Nein, nein, ich lasse euch jetzt natürlich allein.« Sie huscht hinaus und zieht die Tür hinter sich zu.
»Bon appetit«, sagt Marc und beißt genüsslich in sein Sahnetörtchen.
Rebecca will aufstehen, Empörung durchfährt sie. Sie erwartet eine Erklärung, was soll sie hier, was hat das zu bedeuten, wer ist die Frau und warum hat er sie hergebracht?
Er lacht heiser. »Setz dich wieder hin«, sagt er mit fester und bestimmender Stimme. Rebecca ist so verdutzt über den Tonfall, dass sie ohne weiter nachzudenken gehorcht.
»Angelique ist eine gute Freundin von mir. Sie macht die besten Törtchen und den besten Tee. Trink ihn. Ich habe sie gebeten, dies hier für uns vorzubereiten, zur Feier des Tages.« Er beißt erneut in sein kleines Sahnetörtchen und leckt aufreizend langsam einen Rest Sahne von seinen vollen Lippen.
Rebecca schluckt und greift zu der kleinen Teetasse. Der Tee dampft und riecht fremdländisch, exotisch, lecker. Sie nimmt einen kleinen Schluck, vorsichtig. Die heiße Flüssigkeit rinnt ihre Kehle hinab, sie spürt den ganzen Weg, den der warme Saft in ihrem Körper zurücklegt, bis er sich wie ein wohltuender Schleier auf ihren Magen legt. Ein Gefühl innerer Ruhe überkommt sie, entspannt, gelöst, wohlig warm. Sie schmeckt Ingwer, er ist scharf, aber wohltuend, er öffnet die Poren und die Bronchien, sie kann atmen, schmecken. Gierig trinkt sie erneut. Erinnerungen an die Großmutter tauchen auf, sie sieht die alte Dame in ihrer kleinen Wohnung, einer Puppenstube ähnlich, mit Biedermeiermöbeln und feinen gehäkelten Zierdeckchen. Auch die Großmutter hatte einen Samowar, und wenn darin der Tee brodelte, der den Erwachsenen vorbehalten war und den sie als Kind nie kosten durfte, lag eine ganz besondere, geheimnisvolle Stimmung in der kleinen Stube. So wie hier.
Marc ist ganz still am anderen Ende des Tisches und genießt ebenso wie sie seinen Tee. Sie nippt wieder an der Tasse und schließt die Augen. Ihre Hände, ihre Füße, ihre Arme, ihre Beine, ihr Gesicht – der ganze Körper wird plötzlich warm, eine innere, beruhigende Wärme durchdringt ihren Körper und hüllt sie ein wie eine warme Decke. Sie könnte weinen, so wohl fühlt sie sich.
Schließlich öffnet sie die Augen wieder. Marc beobachtet sie schmunzelnd vom anderen Ende des Tisches. »Hab ich zu viel versprochen?«, fragt er.
Rebecca schüttelt den Kopf. »Es ist wunderbar«, sagt sie leise und stellt die leere Teetasse ab, dann lässt sie sich von ihm hinausbegleiten, hinaus aus der wohligen Wärme dieser anderen Welt, zurück auf die kleine, enge Straße, in der keine Autos fahren und nur wenige Menschen gehen.
»Danke, dass du mich eingeladen hast«, sagt sie.
»Gern«, erwidert er ernst.
Rebecca sinkt in ihren Bürostuhl und schaut auf den Laptop. Siebenundsechzig neue E-Mails warten auf sie.
Jetzt nicht. Zu nah und zu intensiv ist die Atmosphäre noch in ihr. Wer ist die junge Frau, die vor ihm einen Knicks macht und für ihn Tee kocht, Törtchen backt, weil er es sich so wünscht? Seine Freundin offenbar nicht, nur eine gute Freundin, kann das wahr sein?
Vielleicht ist sie seine kleine Sex-Sklavin, denkt sie grinsend und klickt ziellos auf der Tastatur herum. Ja, das würde zu ihm passen. Eine kleine Sklavin, die alles für ihn tut. Sie stellt sich vor, wie Marc in der Mittagspause in das schmale, alte Haus geht, vor der schweren Wohnungstür steht und laut und vernehmlich anklopft, bis die junge, blonde Frau ihm öffnet und ihn demütig einlässt.
»Willkommen, Meister«, haucht sie und küsst ihn.
Er setzt sich auf einen der mit Samt bezogenen Stühle und winkt das Mädchen zu sich, sie kniet sich vor ihn, öffnet den Reißverschluss seiner Hose und beginnt, sein Geschlecht mit dem Mund zu liebkosen. Er trinkt währenddessen aus der zierlichen Teetasse und sieht ganz ungerührt aus, die Kopfbewegungen des Mädchens werden immer schneller und heftiger, keine Miene verzieht er dabei, ungerührt lässt er das Mädchen seinen Dienst verrichten. Dann sieht er zu einer Person am anderen Ende des Tisches und lächelt. »Ist es nicht wunderbar?«
Am anderen Ende des Tisches sitzt sie, Rebecca.
Ihr wird heiß. Mit hochrotem Kopf blendet sie die Bilder aus ihrem Kopf aus. Was ist nur los? Ständig taucht er auf, in ihren Gedanken, die Geheimnisse, die ihn umgeben, heizen offenbar ihre Fantasie an, wie in einem schlechten Kitschroman. Und er schürt sie mit seinem Schweigen, seinen Blicken, den ganz kurzen, blitzartigen Einblicken in sein Leben, die er ihr offenbar wohldosiert zukommen lässt, wenn ihm danach ist.
Kopfschüttelnd rutscht sie auf dem Stuhl herum und widmet sich ihren E-Mails.
Kapitel 9
Ein seltener Abend mit Freundin. Stacy hat frei bekommen von Kind und Haushalt, und hat Rebecca zum Essen eingeladen. Sie genießen ein Drei-Gänge-Menü in einem kleinen italienischen Restaurant und trinken einen Rosé dazu.
Stacy prostet ihr zu. »Auf uns«, sagt sie fröhlich und trinkt. »Ach, ich weiß, es ist selten geworden, dass wir so einen Mädelsabend machen, aber ich genieße jeden einzelnen davon.«
Rebecca nickt. Viel zu selten. Keine Zeit.
Sie essen Tomatensuppe, mit Honig frittierten Rucolasalat mit Pinienkernen und ein köstliches Saltimbocca.
Nach dem vierten Glas Wein muss Rebecca sich von der Anspannung befreien, sie braucht den Rat der Freundin, wichtig! Und dann erzählt sie, leise, beschämt, von ihrem Assistenten, von ihren Träumen von ihm, davon, dass er sie nervös macht wie noch kein Mann vor ihm. Seit Jahren verkehrt sie im Büro mit den höchsten Vorstandsmitgliedern des Unternehmens, hält Vorträge und Präsentationen vor der Geschäftsführung. Keiner macht sie nervös, sie ist die Ruhe selbst, souverän und kompetent.