Fürstenkrone Staffel 6 – Adelsroman. Marisa Frank
sah den Produzenten an. Sie lächelte, aber sie hatte sich zu diesem Lächeln zwingen müssen.
»Nun? Sie können sich doch nicht beklagen.«
»Nein! Noch bin ich ein Nobody, aber ich werde es allen zeigen.«
»Das hoffe ich! Ich investiere sehr viel in Sie. Noch ein Glas, Flora?« Er wartete ihre Zustimmung nicht ab, füllte selbst ihr Glas auf.
Flora reagierte nicht. Nochmals las sie Wort für Wort des Vertrages durch. Es war mehr, als sie erwartet hatte. Der Weg nach oben war ihr somit geebnet. Warum jubelte sie nicht? Auch William Dodwell wurde langsam ungeduldig. »Ist etwas nicht in Ordnung?« fragte er.
»Der Vertrag übertrifft bei weitem meine Erwartungen.«
»Dann setzen Sie Ihre Unterschrift darunter!« William Dodwell reichte ihr einen goldenen Kugelschreiber.
Flora nahm ihn, sie legte den Vertrag auf den Tisch, setzte an, aber es ging nicht. Das hier war nun wirklich endgültig, dann gab es kein Zurück mehr. Sie hob den Kopf, begegnete William Dodwells Blick. Er lächelte ihr zu. Hinter diesem besitzergreifenden Lächeln standen plötzlich Stephans dunkle Augen. Sie legte den Kugelschreiber zur Seite.
Ungläubiges Staunen spiegelte sich im Gesicht des Produzenten. »Flora, sind Sie verrückt geworden?« polterte er dann los. Etwas ruhiger fuhr er fort: »Haben Sie etwa Angst bekommen? Mit meiner Hilfe werden Sie es schaffen!«
Flora senkte den Blick. »Ich weiß, daß ich es schaffen würde. Es ist für mich nur nicht mehr wichtig. Sie können es nicht verstehen.« Sie zögerte. »Ich hoffe nur, daß es noch nicht zu spät ist.«
Sie erhob sich, eilte um den Tisch herum. »Ich danke Ihnen trotzdem sehr, Mr. Dodwell. Auf die Dauer würde mich die Karibik nicht glücklich machen.« Sie beugte sich hinunter, küßte ihn auf die Wange. »Es gibt viele Mädchen wie mich. Ich bin sicher, daß Sie die Richtige finden werden. Ich war es nicht, doch dies wurde mir selbst erst jetzt bewußt.« Sie ging, und zum ersten Mal in seinem Leben fehlte es William Dodwell an Worten.
*
Es war nicht schwer gewesen, Stephans Anschrift herauszufinden. Flora hatte sich nicht mehr an das Büro gewandt, sondern an den Rechtsberater der Restaurantkette. Dr. Dydow hatte ihr auch ohne zu zögern die Hotelanschrift genannt, unter der Stephan zu erreichen war. Gleichzeitig hatte er ihr sein Herz ausgeschüttet. Er begriff nicht, was Stephan in Passau festhielt, und hatte bereits überlegt, zu einem persönlichen Gespräch nach Deutschland zu fliegen, da Stephan am Telefon meist sehr kurz angebunden war. Dr. Sydow gehörte der Firma seit vielen Jahren an und war schon Stephans Vater treu ergeben gewesen.
»Fliegen Sie mit Gott, mein Kind«, hatte er ihr erklärt. »Wenn jemand ihm den Kopf zurechtsetzen kann, dann sind Sie es.«
So war Flora nach Deutschland geflogen, ohne Stephan vorher Bescheid zu geben. Jetzt stand sie vor der Anmeldung des Gasthofes, der ihrem Eindruck nach sehr alt wirkte. Sie ließ ihren Blick wandern und entschied, daß die Atmosphäre in der holzgetäfelten Halle etwas Anheimelndes hatte. Hier also fühlte Stephan sich wohl. Wie anders war dagegen sein Büro eingerichtet. Der Portier riß sie aus ihren Gedanken. »Mr. Dorr müßte in seinem Zimmer sein. Soll ich hinauftelefonieren?«
Plötzlich begann Floras Herz wie rasend zu klopfen. Sie hatte ihren Entschluß so schnell und zielsicher in die Tat umgesetzt, daß sie kaum zum Nachdenken gekommen war. Und dann die vielen neuen Eindrücke, der lange Flug.
»Ich bin eine gute Bekannte von Mr. Dorr«, sagte Flora. »Ich möchte ihn gern überraschen.«
Der Portier lächelte. Es war ihm natürlich nicht entgangen, daß die Dame Amerikanerin war, auch wenn sie sich bemüht hatte, Deutsch zu sprechen. Er neigte leicht den Kopf. »Zimmer 10 im ersten Stock. Wir haben leider keinen Lift. Sie müssen die Treppe benutzen.«
»Danke!« Langsam schritt Flora auf die Treppe zu. Sie wußte jetzt, daß sie Stephan liebte. Sie hatte nur den einen Wunsch, an seiner Seite zu leben. Sie wollte dies Stephan sagen, aber war es nicht schon zu spät? Hatte er hier jemanden gefunden, der ihn verstand? Flora glaubte, nicht mehr atmen zu können, und trotzdem schritt sie weiter. Sie stieg die Treppe hinauf, fand Zimmer 10 und klopfte.
»Come in!« hörte sie seine Stimme, doch sie brachte es nicht mehr fertig, die Klinke hinunterzudrücken. Sie würde es nicht ertragen, wenn er jemanden bei sich hätte. Allen Ernstes dachte sie daran wegzulaufen, als die Tür geöffnet wurde. Sie war nicht fähig sich zu rühren, sah ihn nur an.
»Flora!« Seine Augen leuchteten auf. »Wo kommst du her? Komm doch herein!« Er nahm ihren Arm und zog sie ins Zimmer. Sie sah die Freude in seinem Gesicht. Sie war so froh, so glücklich! Ehe sie sich versah, lag sie in seinen Armen.
Stephan vergaß die Burg, vergaß Prinzessin Angela. Er küßte Flora, trank sich satt an ihren Lippen. »Ich habe mich so nach dir gesehnt. Der Flug schien mir endlos«, flüsterte Flora. Da hielt er sie etwas von sich. Eine Falte teilte seine Stirn. »Wie kommst du nach Passau?«
»Ich will mit dir zusammen Urlaub machen. Laß uns zusammen Old Germany ansehen. Ich fahre überall mit dir hin, wohin du nur willst.« Sie lächelte, wollte sich wieder an ihn schmiegen, aber seine Arme legten sich nicht mehr um sie. Er wich ihrem Blick aus. »Ich habe nicht die Absicht, durch Deutschland zu fahren. Ich werde in Passau bleiben. Flora, du hättest nicht kommen sollen.«
»Warum?« Flora fragte es tonlos.
»Ich kann hier nicht mehr weg. Ich fühle, daß ich hier zu Hause bin.« Wie ein gefangenes Tier begann Stephan im Zimmer umherzugehen. »Ich kann Prinzessin Angela nicht im Stich lassen. Ich werde es nicht tun.«
Floras Herzschlag drohte auszusetzen. Also doch eine Frau! Ihre Reise nach Deutschland war umsonst gewesen. Sie hatte verloren. Seine Stimme kam von weit her. »Setz dich, bitte! Ich werde es dir erklären.«
Sie rührte sich nicht. Wozu eine Erklärung? Er hatte eine andere Frau gefunden, eine Frau, die ihn besser verstand. Wer war diese Frau? Ruckartig hob sie den Kopf.
»Es tut mir leid, Flora!« Diesmal sah Stephan sie an. »Ich werde in Deutschland bleiben, hier in Passau. In New York werde ich nicht gebraucht. Hier jedoch liegt meine Aufgabe. Ich werde Angela helfen.«
Ich brauche dich auch! wollte Flora sagen, aber kein Ton kam aus ihrem Mund.
»Setz dich bitte!« Stephan nahm ihren Arm und führte sie zu einem Sessel. Jetzt war er auf Abstand bedacht. Sein Gesicht war starr. »Du hättest vor deinem Flug mit mir Verbindung aufnehmen sollen. Ich habe mit deinem Kommen nicht gerechnet.«
»Aber jetzt bin ich da!« sagte Flora leise. Ihre Füße gaben nach. sie ließ sich in den Sessel fallen.
Kein Lächeln erschien auf seinem Gesicht. Er sah durch sie hindurch. »Ich habe aber keine Zeit für dich. Ich muß mich um Angela kümmern. Sie ist ein Dickschädel, aber ich muß sie davon überzeugen, daß sie mein Geld annehmen kann.«
»Ich verstehe kein Wort!«
»Ach so, natürlich! Ich lernte Prinzessin Angela kennen. Sie ist eine sehr schöne, eigenwillige Frau.«
Mit leicht geöffneten Lippen sah Flora ihn an. In ihren Augen stand nur eine einzige Frage, er merkte es nicht. »Ich werde es dir erklären…« Er setzte sich auf die Kante seines Bettes. Er war so weit von ihr entfernt! »Ich wollte mir Deutschland ansehen, ich hätte gern herausgefunden, woher meine Vorfahren stammen.«
»Ich weiß, du hast davon gesprochen«, sagte sie, da er nicht weitersprach.
»Genau! Ich bin nicht enttäuscht von diesem Land. Es gefällt mir. Vielleicht würde es dir auch gefallen.«
Ich bin ja hier, um es kennenzulernen! wollte Flora sagen, aber da sprach er schon weiter. »Von München aus bin ich an die Donau gefahren, da entdeckte ich eine Burg. Tja, plötzlich war mir alles so vertraut. Ich fuhr nicht weiter, ich wollte hinauf zu dem Ort, an dem die Burg steht.« Sie sah, daß ein kleines Lächeln über sein Gesicht huschte. »Ein großer Teil der Burg ist verfallen, sie gleicht eher einer Ruine, und trotzdem ist