Liebst Du mich auch?. Patricia B. McConnell

Liebst Du mich auch? - Patricia B. McConnell


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ausgeschaltet habe, weil der Empfang so schlecht und das Rauschen so laut war, dass ich das Zuhören nicht mehr ertrug.

      Die unpassende Konstellation ging mir so ans Herz, dass ich die Dame am Ende des Tages fragte, ob ich ihren Hund kaufen könnte. Ich war nicht überrascht, als sie nein sagte, denn sie schien ihren Hund sehr zu lieben. Man kann ja auch nicht unbedingt geradewegs auf einen Fremden zugehen, ihm mitteilen, dass er unabsichtlich seinen Hund quält und dann erwarten, dass er einem dankt und die Leine überreicht. Aber ich kann immer noch das liebe, ehrliche Gesicht dieser Hündin vor mir sehen und frage mich, ob sie wohl noch lebt, ob sie immer noch in den Himmel schaut und versucht, das Rauschen so gut es geht abzustellen.

      Den meisten von uns gelingt es besser als der oben beschriebenen Frau, die Lücke zwischen unserem Geist und dem unserer Hunde zu schließen, aber das heißt nicht, dass es einfach wäre. Wir meinen vielleicht zu wissen, was unser Hund denkt, aber das heißt noch lange nicht, dass das auch stimmt. Wir meinen, sicher zu wissen, was in Herz und Verstand unserer Mutter, unseres Sohnes oder unseres Partners vorgeht, aber in Wahrheit liegen wir oft daneben. Psychologen sagen, dass irrtümliche Annahmen darüber, was andere denken und fühlen, endlose Probleme im Zusammensein von Menschen verursachen. Die Hälfte der Zeit wissen wir noch nicht einmal, was in unserem eigenen Verstand vorgeht. Wie wir später noch sehen werden, wird ein großer Teil unseres Verhaltens von Vorgängen beeinflusst, die außerhalb unserer bewussten Wahrnehmung liegen. Kein Wunder, dass es eine echte Herausforderung ist, die Gedanken hinter einer Hundestirn zu erraten.

      Man kann Menschen Bilder zeigen, ihnen Fragen stellen oder ihnen Hormone spritzen und dann schauen, welche ihrer Gehirnbereiche aktiv sind, während sie nachdenken oder die Dinge verarbeiten. Solche Studien haben uns zum Beispiel gelehrt, dass die meisten Menschen einen besonders gut entwickelten Gehirnbereich zur Wiedererkennung von Gesichtern haben, während der Bereich, der für die Wiedererkennung von Gegenständen zuständig ist, schwächer entwickelt ist. Autisten hingegen nutzen den Gegenstands-Erkennungsbereich, wenn sie Gesichter anschauen – kein Wunder, dass es ihnen so schwer fällt, Gefühlsregungen in Gesichtern zu erkennen.

      Die Neurowissenschaft mag spannend sein, aber sie ist nichts für Leute mit schwachem Herz (und natürlich auch nicht für solche mit schwachem Verstand). Gehirne sind absurd komplizierte Gebilde und es ist eine Riesenherausforderung, zu verstehen, welche Rolle sie in unserem Gefühlsleben spielen. Genauso, wie die zur Beschreibung von Struktur und Funktion des Gehirns verwendete Sprache … na ja, sagen wir mal hoch entwickelt ist. In seinem wunderbaren Buch Das menschliche Gehirn. Eine Gebrauchsanweisung sagt John J. Ratey, dass das zweitkomplexeste Gebilde im Universum nach dem Gehirn die Sprache ist, in der wir über das Gehirn sprechen. Wie wahr! Ich habe an dieser Stelle des Buches vor Lachen gebrüllt, hatte ich doch gerade kurz zuvor den entmutigenden Prozess begonnen, mich durch Artikel zu Themen wie beispielsweise zur Bedeutung des anterioren Gyrus cinguli für die Pathogenese ideomotorischer Apraxie zu kämpfen.

      Glücklicherweise schreiben immer mehr Neurowissenschaftler Bücher für diejenigen von uns, die nicht vom Fach sind, aber etwas darüber wissen möchten, wie das Gehirn unser Verhalten beeinflusst. Wenn es Sie interessiert, warum Sie mit der Absicht zum Kauf eines Beaglewelpen aus dem Haus gegangen, aber mit einem Jack Russell Terrier wiedergekommen sind oder warum Sie immer noch um Ihren Golden Retriever weinen, der vor zehn Jahren starb, können solche Bücher Ihnen helfen, den Graben zwischen den zwar dualen, aber miteinander verbundenen Mysterien von Gehirn und Verhalten zu überbrücken. Bücher wie Decartes’ Irrtum: Fühlen, Denken und das menschliche Gehirn von Antonio Damasio oder Biology of Mind von Deric Bownds ermöglichen es uns Nicht-Wissenschaftlern, auch an dem Vergnügen teilzuhaben.

      Unser Interesse an mentalen Prozessen mag zwar von neuen Technologien angeregt worden sein, aber das Interesse an der Arbeit des Gehirns ist nicht neu. Unser Interesse am Verstand nichtmenschlicher Lebewesen hat in den letzten Jahrhunderten mal zu- und mal abgenommen. Vor dreißig Jahren war das wissenschaftliche Interesse am Verstand von Tieren zumindest in den USA kaum vorhanden, im Moment nimmt es sprunghaft zu. Eins der interessantesten Ergebnisse dieser Forschungen ist die Erkenntnis, dass Gedanken und Gefühle gar nicht so streng voneinander getrennt werden können, wie wir das einmal angenommen hatten. Voller verständlichem Stolz auf unsere eigenen intellektuellen Fähigkeiten hatten wir die meiste Aufmerksamkeit dem denkenden und problemlösenden Teil unseres Verstandes gewidmet und diesen (natürlich zu unseren Gunsten) mit den Fähigkeiten anderer Tiere verglichen. Neuere Ansätze der Gehirnforschung haben zu einem verstärkten Interesse an Gefühlen geführt – was sie sind, wie sie erzeugt werden und was ihr Sinn und Zweck sein könnte. Wir beginnen jetzt nicht nur zu verstehen, was Gefühle tatsächlich sind, sondern begreifen auch, welche Wichtigkeit sie sowohl für Menschen als auch für Tiere haben.

      Das gestiegene Interesse am Innenleben von Tieren ist für Hundefreunde eine wunderbare Sache, denn das aufkeimende Interesse an den mentalen Erfahrungen von Tieren hat gleichzeitig auch zu einem Interesse am Verstand unserer Hunde geführt. Endlich bekommen Hunde etwas von der Aufmerksamkeit, die ihnen zusteht, nachdem jahrzehntelang für sie in der akademischen Welt eher der Ausspruch »Zu viel Vertraulichkeit schadet« galt. Als Wissenschaftler konnte man Serengetilöwen, Bartwale oder Scherenschwanz-Königstyrannen studieren, aber um Himmelswillen nicht auf die Idee kommen, sich mit der Erforschung von Hunden einen Namen machen zu wollen. Das allerdings hat sich in den letzten Jahren geändert und selbst in renommierten Wissenschaftszeitschriften wie Journal of Comparative Psychology oder Science gab es kürzlich Artikel, die unser Wissen um die kognitiven Fähigkeiten von Hunden erweitern. Dieses Interesse spiegelt sich auch in einer Gruppe lesenswerter Bücher wider, die mit viel Sachkenntnis speziell zum Thema »geistige Fähigkeiten von Hunden« geschrieben wurden. So schlagen zum Beispiel Wenn Hunde sprechen könnten von Vilmos Csányi, Wie Hunde denken und fühlen von Stanley Coren oder The Truth about Dogs von Stephen Budiansky wichtige Brücken zwischen dem, was Menschen über den Verstand ihrer Hunde wissen möchten und dem, was die Wissenschaft tatsächlich herausgefunden hat.

      Hunde liegen nicht herum und sinnieren über die Evolution der Gefühle oder darüber, ob ihre Menschen die gleichen Gefühle haben wie sie, aber für uns ist es das Natürlichste von der Welt, uns zu fragen, was unsere Hunde wohl fühlen. Wie könnte es auch anders sein? Wir haben sie jahrhundertelang unsere besten Freunde genannt – und was ist für eine Freundschaft grundlegender als eine gefühlsmäßige Verbindung? Eine Freundschaft ohne emotionale Komponente ist überhaupt keine Freundschaft, sondern eine Geschäftsbeziehung (und selbst in denen gibt es meistens noch einen emotionalen Anteil). Hunde wecken ein ganzes Meer von Gefühlen in uns – und wir tanzen fast jeden Tag mit den Wellen auf und ab, von Freude und Liebe bis hin zu Wut und Traurigkeit. Jahrhundertelang waren Hundenarren davon überzeugt, dass wir nicht alleine auf diesem Meer paddeln, sondern dass unsere Hunde selbstverständlich mit uns da draußen sind und die gleichen Gefühle mit uns teilen. Wer kann schon spielenden Welpen zuschauen oder beobachten, wie ein Hund nach dem Verlust eines Freundes tagelang bewegungslos daliegt, und dann behaupten, Hunde hätten keine Gefühle wie wir?

      Im Gegensatz zu den Hundefreunden vertreten Wissenschaftler und Philosophen heute aber die unterschiedlichsten


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