Liebst Du mich auch?. Patricia B. McConnell

Liebst Du mich auch? - Patricia B. McConnell


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wie Angst und Wut empfinden könnten, aber keine komplizierteren wie Liebe oder Stolz. Und am anderen Ende des Spektrums sitzen diejenigen, die es für wissenschaftlich vertretbar halten, zu sagen, dass viele Säugetiere mit dem Gesamtpaket ausgestattet sind und ihre Gefühlswelt in mancherlei Hinsicht mit der unsrigen vergleichbar ist.

      Tatsache ist, dass wir noch nicht genug wissen, um wirklich sicher zu sein, was im Verstand unserer Hunde vorgeht. Aber wir wissen genug, um innezuhalten und uns umzusehen, was wir wissen, was wir nicht wissen und was wir noch lernen möchten. Und darum geht es in diesem Buch. Es ist eine Bestandsaufnahme zu den Gefühlen von Hunden und von den Menschen, die sie lieben. Es wurde in der Überzeugung geschrieben, dass das Thema gleichzeitig sowohl wunderbar einfach als auch kopfzerbrechend komplex ist. Auf der einen Seite: Natürlich haben Hunde Gefühle. Das erscheint so offensichtlich, dass die meisten von uns sich dumm dabei vorkommen, es sagen zu müssen. Hunde drücken Gefühle so pur und klar aus wie ein fünfjähriges Kind, was sicher einer der Gründe dafür ist, warum wir sie so lieben.

      Und trotzdem: Sobald einem diese Tatsache klar ist, werden die Dinge sehr schnell komplizierter. Gefühle sind erstaunlich komplex, und wie es oft der Fall ist, werden die Dinge umso komplizierter, je mehr wir über sie wissen. Je umfassender unser Wissen über das Gehirn wird, desto mehr beginnen wir zu verstehen, dass Gefühle unersetzliche Bestandteile unseres bewussten und unbewussten Lebens sind und untrennbar mit unserer Fähigkeit zu tun haben, gute (oder schlechte) Entscheidungen treffen zu können. Früher betrachteten wir rationelle Gedanken als den Gefühlen gegenüber höherwertig, aber dann stellte sich heraus, dass »rationelle« Gedanken ohne die Information des Gefühls uns in Probleme ohne Ende stürzen können.

      Probleme, so wie die zwischen Menschen und Hunden, sind einer der Gründe, warum ich mich für dieses Thema interessiere. Ich bin zertifizierte Tierverhaltenstherapeutin und habe siebzehn Jahre lang mit Hunden gearbeitet, die schwerwiegende Verhaltensprobleme hatten. Teil meines Jobs ist es, zu versuchen, in den Kopf dieser Hunde mit problematischem Verhalten zu schauen. Der häufigste Grund, warum Hundebesitzer zu mir ins Büro kommen, ist Aggression – Hunde, die knurren, wenn man ihnen ans Halsband fasst, die den Nachbarn beißen oder die im Park Raufereien mit anderen Hunden anfangen. Andere kommen, weil ihre Hunde panisch werden, sobald sie aus dem Haus gehen oder weil sie durchs geschlossene Fenster springen, wenn es donnert.

      Alle diese Probleme, so werde ich argumentieren, sind von Gefühlen beeinflusst – von Angst, Glück, oder Wut, die aus Frustration entstanden ist. Für mich ist wichtig zu wissen, welche Gefühle beteiligt sind – nicht nur, um dem Hund und seinem Besitzer zu helfen, sondern auch, um mich selbst zu schützen, wenn ich mit einem Hund, der Menschen beißt, zusammen in einem kleinen Raum bin. Anders als manche denken sind Verhaltenstherapeuten, Trainer und Tierärzte keinesfalls automatisch mit einem Schutzschild ausgestattet, das sie davor bewahrt, gebissen zu werden. Ich weiß gar nicht, wie oft ich schon gehört habe »Oh, normalerweise hätte er Sie jetzt schon längst gebissen!« – und zwar von Besitzern, deren Vorhersage, dass der Hund gleich beißen würde, nicht etwa dazu geführt hätte, dass sie vorbeugend etwas unternommen hätten. Wir, die wir mit aggressiven Hunden arbeiten, werden meistens deshalb nicht gebissen, weil wir gelernt haben, sie zu lesen und Vermutungen über ihre Gefühle und Motivationen anzustellen. Diese Vermutungen helfen uns, vorherzusagen, was ein Hund als Nächstes tun wird und wie wir, einem guten Tanzpartner gleich, darauf reagieren müssen. Und zwar so, dass es uns beiden hilft.

      Wenn wir einen Hund beobachten, der ängstlich aussieht, heißt das natürlich noch nicht, dass wir wissen, inwiefern dieses Angstgefühl unserem eigenen ähnelt. Im Beruf ist aber nur wichtig, dass das Äußere eines Hundes mir etwas über sein Inneres verraten kann. So kann ich einen Behandlungsplan entwerfen, der die Persönlichkeit des Hundes berücksichtigt, anstatt ein kochrezeptähnliches Schema aus einem Handbuch zu übernehmen. Und selbst wenn es keinen Nutzen hätte: Tatsache ist, dass ich ganz einfach wissen möchte, wie es ist, ein Hund zu sein. Wie Jeffrey Moussaieff Masson in seinem Buch Dogs Never Lie About Love (Hunde lügen niemals Liebe) so schön sagt: »Ich kenne sie so gut wie meinen engsten Freund, und doch habe ich keine Ahnung, wer sie sind.« Was für ein herrliches Paradox. Es jagt mir Schauer über den Rücken.

      Ich möchte mehr darüber wissen, was Hunde fühlen und wie diese Gefühle sich mit meinen eigenen vergleichen lassen. Ich möchte es wissen, weil ich als Wissenschaftlerin ausgebildet bin und der Entdeckerdrang wie eine Droge auf mich wirkt. Ich möchte es wissen, weil es meiner Meinung nach für unsere Spezies wichtig zu wissen ist, wie wir in den Rest des Lebens hineinpassen. Außerdem könnte bei beiden Spezies so viel Leid vermieden werden, wenn wir mehr über das Gefühlsleben unserer Hunde wüssten. Vor allem aber möchte ich es wegen meiner eigenen Hunde wissen. Meine Hunde sind für mich genauso wichtig wie meine menschlichen Freunde. Sie sind meine Kumpel, meine Familie, meine Mitarbeiter, meine Therapeuten – und, wie alle guten Freunde, gelegentlich auch eine Last. Ich möchte mehr darüber wissen, wer sie sind und was sie fühlen – zum Teil deshalb, weil ich ihnen gerne ein so schönes Leben wie möglich bieten möchte und zum Teil aus dem Wunsch heraus, unsere Freundschaft noch zu vertiefen.

      Ich habe jetzt drei Hunde. Drei Hunde und einen Grabstein im Garten für meinen Seelenpartner-Hund Cool Hand Luke, der kürzlich starb und immer noch so sehr Teil der Farm zu sein scheint wie ich selbst. Seine Tochter, die zwölf Jahre alte Lassie, ist immer an meiner Seite – ein hart arbeitender Border Collie, der die Schafe hütet, mir bei der Arbeit mit aggressiven Hunden hilft und bei meinen öffentlichen Auftritten mit dabei ist. Lassie ist sanft wie Seide, so reaktionsschnell wie ein Formel-Eins-Wagen und, so denke ich, die meiste Zeit über irgendwie besorgt.

      Die fünfzehn Jahre alte Pip ist ebenfalls ein Border Collie, hat aber das Buch nicht gelesen, in dem steht, wie Border Collies sich benehmen sollten. Selbst als Welpe war sie schon ruhig und sanft, sie wedelt sturköpfige Schafe mit dem Schwanz an und rennt in Panik weg, wenn ein altes Mutterschaf sich nur umdreht und sie ansieht. Pip war immer die Ruhige, der Kindermädchen-Hund. Man konnte sich darauf verlassen, dass sie zuhause blieb und auf die Kinder aufpasste, wenn die anderen spielen gingen. Für Hunde mit angstbedingter Aggression ist Pippy der ideale geistige Führer, sie liebt andere Hunde und Menschen gleichermaßen und ich habe mich immer gefragt, ob sie sich nicht, wenn sie die Wahl gehabt hätte, lieber einen alleinstehenden Mann als Besitzer ausgesucht hätte. Pip sieht aus wie eine Kreuzung aus Border Collie und Labrador: außen der typische sanftmütige, nettdümmliche Gesichtsausdruck eines Retrievers und innen ein Verstand so scharf wie ein Rasiermesser. Pip kann einen neuen Trick nach ein- oder zweimal Üben lernen, während Lassie Tage oder Wochen braucht, um dahinterzukommen. Mit fünfzehn ist Pip nun alt, sie hört nicht mehr sehr gut und folgt mir auf Schritt und Tritt. Mir bricht fast das Herz, wenn sie am Fenster steht und mir nachschaut, wenn ich mal wieder auf Geschäftsreise muss.

      Und dann ist da noch Tulip, meine elf Jahre alte Pyrenäenberghündin, das Musterbeispiel für Hunde als gefühlsbetonte Wesen. Sie strahlt Freude aus wie Sonne an einem Wintertag. Tulip ist ein riesiges, zotteliges, umherhüpfendes und im Kreis springendes Spielkind und ich liebe sie so sehr, dass es mir schon die Brust zusammenzieht, wenn ich nur darüber schreibe.

      Und darum dreht sich ja irgendwie alles, oder? Unsere Bindung zu Hunden beruht auf Gefühlen – auf der Freude, die sie uns geben, der Liebe, die wir für sie empfinden und die sie uns geben. Wenn wir ehrlich sind, gehören auch die ärgerlichen und verletzten Gefühle dazu, wenn wir uns von ihnen verraten fühlen und die Angst, die sie in uns wecken, wenn sie uns ihre Zähne zeigen oder uns ins Gesicht beißen. Hunde bringen Gefühle aus uns hervor, wie man Wasser aus einem Schwamm drückt und die Diskussion darüber, ob sie selbst Gefühle haben, erscheint so absurd wie die Frage, ob es am Himmel eine Sonne gibt. Aber für all die Liebe, die wir für Hunde empfinden, für all die Freude und die Tränen müssen wir viel über unsere eigenen Gefühle lernen, die wir im Umgang mit ihnen haben und über die Gefühlsreaktionen der Hunde auf uns.

      Liebe ist, wie jeder Partner oder jede Mutter Ihnen sagen kann, nicht das Gleiche wie Verstehen. So wie die Frau, die ihren Border Collie genauso sehr liebte wie sie ihn verwirrte, können wir alle davon profitieren, mehr über die Gefühle beider Spezies zu lernen. Manche Leute, die ihre Hunde lieben, übersehen ganz offensichtliche Gefühlsausdrücke in den Gesichtern ihrer Hunde (fragen Sie mal einen beliebigen Hundetrainer).


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