Grenzenlose Hoffnung. Alvaro Solar

Grenzenlose Hoffnung - Alvaro Solar


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Hut war das Schönste.

      Er sah genauso aus wie die Kopfbedeckung,

      die die französische Polizei trug.

      Die Schule war für mich nicht besonders wichtig,

      aber die Schuluniform.

      Als der erste Schultag kam, hatte ich aber immer noch keine!

      Das war ganz schlimm für mich.

      Ich wollte nicht zur Schule gehen.

      Ich musste mit meinen normalen Klamotten dahin gehen.

      Ich war traurig, verunsichert, wütend und schämte mich.

      Alle andere in der Schule gaben mit ihren neuen Kleidern an,

      nur ich nicht.

      Eine Katastrophe.

      Es dauerte zwei Monate bis ich sie endlich bekam!

      Mein Vater brachte mich zum Schneider

      und er hat alles genau für mich geschnitten.

      Ich war sehr glücklich und sah super aus.

      Diese Uniform sollte mindestens zwei bis drei Jahren halten,

      aber leider kam schon im nächsten Jahr

      irgendein Schwachkopf auf die Idee,

      die Schuluniform neu zu entwerfen!

      Aus meiner Familie waren schon mehrere in der Schule.

      Man sollte für sie alle eine neue Uniform kaufen!

      Woher denn? Das Geld hatten wir nicht.

      Zwei von uns durften nicht mehr dahin gehen.

      Sie fingen an zu arbeiten.

      Ich war acht Jahre alt, als eines Tages das Herz meines Vaters

      urplötzlich aufhörte zu schlagen.

      Er war erst vierzig Jahre alt.

      Meine Mutter, dreißig Jahre alt, entschied, nie wieder zu heiraten.

      Ich besuchte dann die Schule bis zur neunten Klasse.

      Danach musste ich auch arbeiten, als Handwerker.

      Ich verschwand aus der Schule

      und später verschwand auch die Schule.

      Die Bomben haben sie völlig zerstört.

      Der Krieg hat mein Leben komplett verändert.

      Meine Familie lebte in Aleppo.

      Als der Krieg ausbrach, flohen wir nach Kobanê.

      Aber der Krieg kam auch nach Kobanê.

      Man kämpfte nur fünfzehn Kilometer

      von unserem Haus entfernt,

      als wir Richtung Türkei flohen.

      Meine Mutter mit ihren ganzen Kindern.

      Ich war glücklich, aber gleichzeitig sehr traurig.

      Glücklich, weil wir den Krieg hinter uns ließen,

      aber traurig, weil auch alles andere hinter uns blieb.

      Wir sind eine große Familie, viele Verwandte,

      es war nicht einfach, sich von allen verabschieden zu müssen.

      Ich hatte dort ein schönes Leben, wenig Geld, aber viel Liebe.

      Es gab immer jemanden, mit dem man reden,

      zusammen lachen, zusammen feiern konnte.

      Ich habe mich nie einsam gefühlt wie jetzt.

      Meine Mutter und meine Schwestern sind auch

      hier in Deutschland, eine Schwester ist

      bei mir hier in Delmenhorst.

      Ohne sie wäre es für mich nicht möglich gewesen,

      hierzubleiben.

      Ich wäre wahrscheinlich zurückgekehrt.

      Sie passt auf mich auf, sie ist eine große Hilfe.

      Ich spiele gerne Theater.

      Ich habe vier Jahre in der Türkei gelebt

      und dort in einer Theatertruppe gespielt.

      Ich war ein Komödiant und spielte u. a. beim Nouruz Fest,

      das ist das kurdische Neujahr.

      Dieses Fest ist mehr als 3.000 Jahre alt.

      Wörtlich übersetzt heißt Nouruz: „ein neuer Tag“.

      Ich finde Bremen schön,

      aber es gibt hier viele Regeln.

      Manchmal habe ich das Gefühl, dass ich von einer Seite der Welt

      zur anderen ging, nur um zu lernen, Biomüll vom Plastik zu trennen.

      Ich bin hier ein Ausländer, aber ich weiß,

      dass Deutschland ein Luxusort ist,

      wo man eine Chance für ein gutes Leben finden kann.

      Wenn ich die Möglichkeit hätte, eines Tages

      in meine Kindheit zurückzugehen

      und dann mich als Kind wiedertreffen würde,

      dann würde ich ihm sagen:

      „Glaub ja nicht alles, was andere dir sagen.

      Sei immer so, wie du bist.“

      Dann würde ich ihm all das Geld geben,

      was ich in der Tasche habe.

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      DER BRUNNEN

      Mein Name ist Ali.

      Na ja, ich habe eigentlich einen langen Namen,

      aber in Deutschland ist nur „Ali“ einfacher.

      Ich bin 36 Jahre alt, bin verheiratet und habe vier Kinder.

      Ich komme aus Paktia, Afghanistan.

      Ich kann Dari sprechen, also Persisch, Arabisch, Urdu und Paschto.

      Und das, obwohl ich weder schreiben noch lesen kann.

      Ich versuche jetzt auch noch Deutsch zu lernen.

      Mein Geburtsort Paktia, das ist im Südosten Afghanistans,

      an der Grenze zu Pakistan, war früher sehr schön.

      Heute nicht mehr.

      Fünfzehn Jahre Krieg haben alles zerstört.

      Ich komme aus einer großen Familie

      mit vier Schwestern und vier Brüdern.

      Als Kind durfte ich leider nicht zur Schule gehen.

      Das war von den Taliban verboten.

      Ich habe damals schon gerne gezeichnet, alles Mögliche:

      Tiere, Menschen, Landschaften, Objekte.

      Ich zeichne und vergesse die Welt,

      als wäre ich plötzlich an einem anderen Ort.

      Nur mit mir selbst.

      Als ich 8 Jahre alt war, bin ich eines Tages

      Wasser aus dem Brunnen holen gegangen.

      Ich fiel hinein. Es war sehr tief und dunkel.

      Ich lag unten, vom Wasser ganz bedeckt,

      nur mein Gesicht war frei.

      Ich konnte also atmen, aber mich kaum bewegen.


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