Mord mit Absicht. Peter Eckmann
den Bankangestellten an.
Der zittert und hebt die Hände. „Die Kombination kennt nur der Chef.“ Er versucht, durch sein zaghaftes Zögern das Schlimmste zu verhindern.
„Spinnst du? Einer von euch muss doch an den Safe kommen, wenn der Boss nicht da ist! Vor ein paar Minuten hast du noch getönt, du könntest den Geldschrank öffnen! Komm mir bloß nicht so! Fang sofort an, oder du bist schneller tot, als du bis drei zählen kannst!“ Er hebt die Waffe und schlägt dem Mann mit dem Griff an den Kopf. „Los, mach den verdammten Safe auf!“
„Aua!“ Aus einer Platzwunde sickert Blut. Der Angestellte der Bank weiß, wann er verloren hat, aber er musste es auf jeden Fall versuchen. Mit einem leisen Seufzer wendet er sich zu dem Kombinationsschloss und beginnt, das Rad mit den Zahlen zu drehen. Als die schwere Tür aufschwingt, gleiten die Augen des jungen Verbrechers hektisch über den Inhalt. Mehrere Bündel Bargeld liegen darin, daneben ein paar kleine Kästen, vier Ordner stehen auf dem obersten Bord und ganz unten befindet sich ein brauner Pilotenkoffer.
„Was ist da drin?“, fragt der junge Mann und deutet mit der Pistole auf den Koffer.
„Weiß ich nicht, das ist Sache des Chefs“, klagt der Angestellte mit weinerlicher Stimme und zuckt mit den Schultern.
„Los, hol ihn raus!“, wird er angeherrscht. Der Mann bückt sich schwerfällig, zieht den Koffer heraus, lässt die Schlösser aufschnappen, dann hebt er den Deckel an.
„Verdammt!“, entfährt es dem jungen Mann. Der Koffer ist fast vollständig mit Geldscheinen gefüllt. Er reicht dem Angestellten der Bank seinen Leinenbeutel. „Los, pack die losen Scheine hier rein, ich nehme den Koffer!“
Widerstandslos ergreift dieser die Stapel Geldscheine und legt sie in den Beutel. Der Verbrecher schließt den Koffer, steckt sich die Pistole hinter den Gürtel, ergreift den Beutel und läuft zurück in den Kassenraum. „Wie weit bist du?“, ruft er seinem Kollegen zu.
Der nickt, hebt eine Hand zu der schwarzen Sturmhaube und drückt auf die Hörkapsel seines Funkgerätes. „Moment, der Boss will was.“
Maximilian Krämer hat den Lieferwagen inzwischen gewendet und parkt nun wieder am Anfang der Nebenstraße. Es muss nicht sein, dass er mehrere Minuten direkt vor der Bank hält und später der Wagen oder, schlimmer noch, er selbst genau beschrieben werden kann. Die Seitenscheibe ist geöffnet, er steckt sich eine Zigarette an, sein Arm hängt aus dem Fenster und er trommelt nervös mit den Fingern auf das Blech der Tür. Wenn nur alles gut geht! Immer wieder hat er mit seinen Jungs den Ablauf in seiner Scheune geprobt. Kisten und Bänke sollten die Einrichtung der Bank darstellen. Viel Zeit und Mühe hat er damit verbracht, die Bank auszukundschaften. Er hat ein Konto eingerichtet und ein Schließfach angemietet. Aus diesem Grund konnte er auch nicht mit den Jungs in die Bank. Die Bankangestellten würden ihn, trotz Sturmhaube, vielleicht wiedererkennen, und dann – doch was ist das? Er lässt vor Schreck die Zigarette fallen, panisch versucht er, die Glut vom Sitz zu wischen.
Ein silber-blauer Polizeiwagen hält direkt vor der Bank, ein Polizist öffnet die Fahrertür. Was wollen die hier?, fährt es Max durch den Kopf. Sofort stellt er sich schreckliche Szenarien vor, die alle mit ihrer Verhaftung enden.
Aufgeregt spricht er in das Mikrofon, am liebsten würde er laut rufen. „Martin, hörst du“, zischt er, „vor der Bank steht die Schmiere! Hast du verstanden? Die Po-li-zei! Lasst euch nicht am Fenster sehen und bleibt von der Tür weg!“ Ein kurzes Knacken und Rauschen, dann antwortet Martin etwas, das Max nicht versteht.
Der Fahrer des Polizeiautos stellt am Sitz herum, dann ein Blick in den Seitenspiegel. „Jedes Mal, wenn Thomas mit dem Auto gefahren ist, vergesse ich, den Sitz einzustellen. Ich werde dem Lulatsch mal klar machen, dass er den Sitz wenigstens annähernd in eine normale Position bringen könnte, wenn er den Wagen abstellt.“ Sein Kollege nickt wissend, das ist ihm auch schon ein paar Mal so gegangen. Der Kamerad von der anderen Schicht ist ein wahrer Hüne, man reicht kaum zu den Pedalen, so weit ist der Sitz von ihm nach hinten geschoben worden. Der Polizist lässt den Sitz auf seine Größe einrasten und schließt die Tür, dann fahren sie weiter. Sie sind zu einem Verkehrsunfall an der Elbfähre nach Glückstadt gerufen worden, dort wird man schon auf sie warten.
Max Krämer schluckt und wischt sich die Stirn mit dem Ärmel seines Hemdes ab. Verdammt, das war knapp! „Alles klar, sie sind fort“, spricht er ins Mikrofon. Wenige Sekunden später wird die Tür zur Bank aufgestoßen, seine Jungs kommen heraus. Er dreht den Zündschlüssel und startet den Wagen. Der Anlasser dreht sich zweimal, dann bleibt er stehen. Hat sich heute alles gegen ihn verschworen? Schweiß tropft ihm von der Stirn, seine Hände zittern. Er dreht den Zündschlüssel noch einmal, nach einer langsamen Umdrehung spuckt der Motor und beginnt stolpernd zu laufen. Vorsichtig betätigt er das Gaspedal. Jetzt nur nicht den Motor abwürgen! Doch es klappt, mit wenig Gas startet er den Wagen und fährt hinüber zu dem Parkplatz vor der Bank. Die jungen Männer ziehen sich die Sturmhauben vom Kopf, laufen zum Wagen und steigen ein, der Koffer landet auf der Ladefläche. Max gibt Gas und fährt unauffällig davon.
Martin und sein Freund Christoph sind fix und fertig, die Hitze und die Aufregung des heutigen Tages haben ihre Spuren hinterlassen. Schweiß läuft von den Gesichtern, die Wangen sind von der Hitze gerötet.
„Und? Wie ist es gelaufen?“, möchte Onkel Max wissen. Leise brummend fährt der schmutzig-weiße Lieferwagen durch das Dornbuschermoor.
„Gut, ich glaube – gut!“, antwortet Christoph atemlos, während er die Brille am Hemd trocken reibt. „Das lose Geld war nicht so reichlich, vielleicht einige Tausend. Dafür ist der Koffer, der unten im Safe stand, bis oben hin voller Scheine!“
„Hm, na gut, wir werden gleich einen Kassensturz machen.“ Maximilian Krämer ist jetzt wieder die Ruhe selbst. Kein Schuss ist gefallen, sie werden nicht verfolgt. Sein alter Lieferwagen kommt gleich wieder in die Scheune. Die Nummernschilder bringt er heute Abend wieder zurück, sobald es dunkel wird. Er hat sie in Oberndorf von einem Wagen abgebaut, dessen Besitzer im Urlaub zu sein scheinen und den sie hinter dem Haus zurückgelassen haben.
Max Krämers Haus befindet sich in einem kleinen Ort, dessen wenige Häuser weit verstreut liegen. Hinter einigen hohen Eschen und vielen Sträuchern versteckt sich ein baufälliges kleines Haus. Die ebenso schäbige Scheune erhebt sich dahinter. Ein dunkelblauer kleiner Wagen, sein Ford Fiesta, steht vor dem Haus. Er stoppt den Lieferwagen vor der Scheune, sein Neffe Martin springt aus dem Auto und zieht das schiefe Tor auf, Max gibt Gas und fährt hinein. Nur Augenblicke später ist nichts mehr zu sehen, der weiße Transporter steht unbemerkt, wie schon seit Jahren, in der dunklen Scheune.
„So, jetzt kommt zu mir ins Haus, lasst nichts im Auto zurück!“ Max geht vor, er tritt durch eine ehemals weiße Holztür in das schmutziggrau verputzte Haus. Durch die wenigen, kleinen Fenster dringt nur wenig Licht herein. Er schaltet das Licht in der Küche an, ein schauriges Durcheinander von schmutzigem Geschirr, eingetrockneten Lebensmitteln und Abfall wird von einer schwachen Glühbirne beleuchtet. „Geht schon mal in die Stube, ich setze Kaffee auf.“
Nach kurzer Zeit beginnt die Kaffeemaschine zu spucken und zu zischen, Max geht in die Stube zu seinen jungen Helfern. Die haben sich auf das schäbige Sofa gesetzt und rauchen eine Zigarette. Auf den Couchtisch haben sie ihre Beutel entleert, der braune Koffer steht auf dem Boden daneben.
Christoph sieht den Onkel seines Freundes erwartungsvoll an. „Ich lasse dir den Vortritt, schließlich bist du der geistige Kopf dieser Unternehmung.“ Sie lachen alle drei und sind sehr erleichtert, weil alles ohne Probleme geklappt hat. Jeder von ihnen hat sich vorher ausgemalt, wie sie in einer Zelle im Knast enden. Entspannt lehnen sie sich zurück und genießen die erste Zigarette seit heute Morgen.
„Nehmt mal eure Beute vom Tisch, wir brauchen jetzt Platz“, fordert Maximilian Krämer seine jungen Gehilfen auf. Er stellt den Koffer auf den Tisch, öffnet ihn, stutzt kurz und kippt den Inhalt auf die Tischplatte. Aus den frohen Gesichtern weicht für einen Moment jedes Lachen. Ein Strom aus Geldscheinen ergießt sich auf den Tisch. Sauber in Banderolen gebündelt liegen dort viele tausend Banknoten, sie erkennen nur 50-, 100- und 200-Euro-Scheine.
„Ich