Seit ich dich kenne .... Jascha Alena Nell

Seit ich dich kenne ... - Jascha Alena Nell


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und den nassen Schneematsch im Inneren verteilte.

      Amanda seufzte. „Du lieber Himmel“, murmelte sie, „die arme Kleine ist völlig durch den Wind. Vielleicht sollte ich mal mit ihr reden.“

      „Untersteh dich!“, fuhr ich sie aufgeregt an. „Ehrlich, das wäre nur noch peinlicher für sie. Lass einfach gut sein. Wenn ich den Job als Model bekomme, bin ich eh weg.“ Ich hob die Unterlagen hoch, an denen auf einmal meine ganze Hoffnung hing.

      Amanda sah mich ungläubig an. „Du glaubst jetzt aber nicht ernsthaft, dass du durch einen einzigen Auftritt Millionär wirst, oder?“

      „Nee“, ich schüttelte den Kopf, „aber ich werde dafür sorgen, dass ich entdeckt werde. Frau Hartmann hat doch einen Narren an mir gefressen, das kann ich bestimmt ausnutzen.“ Ich grinste, wie ich wusste, ziemlich hinterhältig und Amanda schnalzte missbilligend mit der Zunge.

      „Du willst deine männlichen Vorzüge einsetzen, um dir einen Platz an der Sonne zu sichern?“

      „Bingo, Ludwig.“ Ich grinste breit. „Und jetzt lass uns reingehen. Ich kümmere mich um den Kaugummi und du kannst Sophias Fußabdrücke aufwischen, bevor Tanja was merkt.“

      „Guter Plan“, stimmte Amanda zu.

      „Ich hab immer gute Pläne. Ah, warte mal.“ Mir war noch etwas eingefallen, ich fasste in meine Hosentasche und zog das Armband mit dem kleinen Adler heraus. Mir war, als würden seine dunklen Augen mich fast vorwurfsvoll ansehen, weil ich ihn so lange in eine dunkle Hosentasche verbannt hatte. Ich hielt Amanda das Lederband vor die Nase. „Kannst du mir das bitte mal dranmachen? Der Verschluss ist ein bisschen blöd.“

      „Och, wie niedlich!“ Gerührt nahm Amanda mir das Armband ab, betrachtete den filigranen Adler auf ihrer Handfläche eine ganze Weile und hob den Kopf. „Hat Sophia dir das geschenkt?“ Ich nickte stumm, sie pfiff anerkennend durch die Zähne. „Donnerwetter, das Mädchen ist echt voll verschossen in dich.“

      Ich war nicht stolz drauf, ehrlich nicht. „Komm, mach schon!“ Auffordernd hielt ich ihr mein Handgelenk hin, sie legte mir das Armband um und hatte den Verschluss in weniger als zwei Sekunden zu. Himmel, Sophia musste in meiner Nähe echt heftiges Händezittern haben. Obwohl ich nichts dafür konnte, dass sie ausgerechnet in mich verknallt war, fühlte ich mich schuldig.

      „Hey, ihr beiden.“ Layla, die gerade das Türschild umgedreht hatte, sodass nun wieder „Geöffnet“ dastand, sah uns fragend an. „Wollt ihr hier festfrieren oder was? Schwingt eure Knackärsche mal rein, es gibt viel zu tun.“

      Wir taten wie uns befohlen.

      Der restliche Nachmittag verging wie im Flug. Während ich den angeklebten Kaugummi abrubbelte, neue Klamotten an die Stangen hängte, Kundinnen beriet und bediente, träumte ich von meiner Blitzkarriere als Model. Warum hatte ich nur selbst nie dran gedacht, das zum Beruf zu machen? Es war mir wirklich nie in den Sinn gekommen. Vermutlich hätte ich das Ganze noch vor einem Jahr für eine peinliche Spinnerei gehalten, aber inzwischen ... warum eigentlich nicht? Um die Welt reisen, mit heißen weiblichen Models halb nackt vor der Kamera posieren, massig Kohle scheffeln und aller Welt meinen Körper präsentieren. Die anderen hätten also auch noch was von meinem Erfolg. Klang doch nur fair.

      Am Abend erhielt ich meine Geschenke von Amanda und Layla sowie von Tanja, die mir einen Scheck mit einem hübschen Sümmchen ausstellte. „Zum Geburtstag. Und weil du der tollste männliche Mitarbeiter bist, den wir je hatten“, verkündete sie und klang sogar richtig leidenschaftlich.

      Von Amanda und Layla bekam ich einen Gutschein für drei Stücke Reizwäsche. „Wenn du mal ein Mädel hast, das du beglücken willst, kannst du ihr Wäsche schenken, die du bei uns gratis bekommen hast. Und es ist natürlich in erster Linie ein Geschenk für dich“, grinsten die beiden.

      Sophia war schon weg und bekam davon zum Glück nichts mehr mit. Ich war auch viel zu guter Stimmung, um noch an sie zu denken. Mit einem Mal hatte ich doch Lust auf Party.

      Zum Abschied bekamen die Mädels von mir je einen Kuss auf die Wange und das feste Versprechen, dass ich sie mal zum Essen ausführen würde, worüber sich besonders Amanda wahnsinnig freute. Anschließend machte ich mich auf den Weg zur nächsten Bar, unterwegs kam ich an einer Telefonzelle vorbei, von der aus ich zu Hause anrief und Marvin mobilisierte.

      „Hey, Alter, hast du Bock, was trinken zu gehen? Es gibt was zu feiern.“

      „Was denn?“ Mit einem Mal schien es ihm zu dämmern: „Scheiße, Alter, du hast ja heute Geburtstag!“ Er klang entsetzt, dass er das tatsächlich vergessen hatte.

      Ich lachte nur und meinte gut gelaunt: „Vergiss es, Mann, es gibt was viel Besseres. Ich bin nämlich in Kürze steinreich.“

      „Wieso, was hast du vor, Mann?“ Marvin klang besorgt. „Du willst hoffentlich keine Bank ausrauben, oder? Ich glaube nicht, dass die Bullen ein Auge zudrücken, nur weil du heute Geburtstag hast.“

      „Ach, red keinen Stuss, Marvin, komm einfach her, okay?“ Ich nannte ihm den Namen der Bar. „Dann erzähle ich dir alles ausführlich. Bis gleich, ciao.“

      Ich war schon halb wieder aus der Telefonzelle draußen, als mir einfiel, dass Luke darum gebeten hatte, informiert zu werden, falls wir noch was trinken gehen würden. Doch als ich gerade kehrtmachen und zurück in die Telefonzelle schlüpfen wollte, bemerkte ich die beiden jungen Frauen, die bereits fest in ihre Mäntel gekuschelt dastanden und darauf warteten, die Telefonzelle zu benutzen. Ich checkte sie rasch ab, während sie ihrerseits mich von oben bis unten musterten.

      Das eine Mädchen war etwas größer als das andere, ich schätzte es auf Anfang zwanzig. Es hatte ein wirklich außergewöhnlich hübsches Gesicht, niedliche Grübchen und tolles, dickes kastanienbraunes Haar. Die schlanken Beine wurden von der engen Lederhose gut präsentiert und unter dem dicken Mantel verbargen sich, den Ausbeulungen nach, fantastische Brüste. Die Kleinere der beiden war ebenfalls hübsch, reichte allerdings bei Weitem nicht an das gute Aussehen ihrer Freundin heran. Ihr semmelblondes Haar trug sie streichholzkurz, ihre Nase war ein wenig zu groß, die blauen Augen, die an einen wolkenlosen Himmel erinnerten, standen einen Tick zu weit auseinander. An ihrer Figur gab es absolut nichts auszusetzen, sie war üppig, kurvig und hatte einen tollen, knackigen Po.

      Ich beschloss, die beiden einzuladen, mit mir zu feiern.

      Verführerisch lächelte ich ihnen zu und strich mir meine Lockenpracht aus dem Gesicht. „Hi. Was machen zwei so schöne Mädchen wie ihr denn so alleine hier draußen?“, eröffnete ich den Flirt.

      Die Kleinere der beiden strahlte sofort übers ganze Gesicht, als könne sie nicht fassen, dass ich sie wahrhaftig angesprochen hatte. Die andere lächelte ebenfalls offen und erklärte: „Na ja, wir sind erst vor zwei Wochen nach Berlin gezogen und kennen uns noch nicht so gut aus. Irgendwie kriegen wir das mit der S-Bahn nicht so gut hin ... typische Landeier eben.“ Verlegen lächelte sie einen Punkt über meinem Kopf an, während die Kleinere vorwurfsvoll schnaubte.

      Wow, wenn solche Mädchen aufm Land zu finden waren, sollte ich mich da vielleicht mal öfter rumtreiben.

      „Na ja, jetzt wollten wir uns eben ein Taxi rufen. Ganz großstadtmäßig“, sprach die Größere lächelnd weiter, während ihre Freundin ein Gesicht machte, als würde sie sich am liebsten die Hand vor die Stirn schlagen. War es ihr etwa peinlich zuzugeben, dass sie vom Land kam?

      „Ah, verstehe. Aber wisst ihr, vielleicht ist ein Taxi gar nicht mehr notwendig“, erklärte ich großspurig, trat zwischen sie und legte jeder einen Arm um die Schultern. Die Große, die mir im Übrigen bis zum Kinn reichte, schnappte hörbar nach Luft, während die Kleinere offenbar gar nicht mehr atmete. Typische Reaktionen der Frauenwelt auf mich. Gott, war ich ein toller Hecht. Ich stellte mir vor, wie Tausende Frauen abends frustriert von ihren Jobs, ihren Männern, ihren Lebensumständen vorm Fernseher saßen und plötzlich mich auf dem Bildschirm erblickten, wie ich unter der Dusche stand und mich einseifte, mein Gesicht in den Wasserstrahl hielt, mir das Shampoo aus den Haaren wusch ... und


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