Red Dirt Heart: Lodernde Erde. N.R. Walker
stinkt.«
»Sie sind wieder da«, stellte ich das Offensichtliche fest.
Ma nickte zur Vorderseite des Hauses hinüber. »Geh.« Als ich schon fast in der Diele war, sagte Ma: »Charlie?« Ich drehte mich um und sah sie an. »Versuch, dir nicht zu viel anmerken zu lassen, Schatz. Sonst weiß er sofort, dass er recht hatte.«
Ich trat aus der Vordertür in die kälter werdende Luft. Es war nun beinahe Winter, die Tage waren kürzer und die Nächte kühlten schnell ab. Der Sonnenuntergang war von seiner üblichen Palette aus Orange- und Rottönen zu einem dunkleren Lila geworden, bevor es ganz dunkel wurde.
Zwei Motorräder und der Pick-up kamen von den südlichen Weiden heran und parkten bei der Scheune. Die Motoren erstarben, und ich war noch nicht weitergekommen als zur vorderen Veranda, als der Klang von Gelächter die Stille durchschnitt. Entweder hatte Travis etwas Lustiges gesagt oder sie hatten einen Witz darüber gemacht, dass ich auf der Veranda stand und auf ihn wartete wie ein liebeskrankes Schulmädchen.
Es war mir egal.
Travis kam von der Scheune herüber, grinsend wie immer, und sprang die Verandatreppe herauf. Seine gebräunte Haut betonte die blauen Augen und das breite Lächeln, und roter Staub bedeckte seine Jeans und sein Hemd, weil er eines der Geländemotorräder gefahren hatte.
Travis war jetzt seit sechs Monaten hier. Sein Knie – das er sich verletzt hatte, als er uns mal eine ganze Nacht lang draußen verloren gegangen war – war wieder fast wie neu. Er zog seinen Hut – meinen alten Hut – vom Kopf und lächelte. »'n Abend.«
Natürlich erwiderte ich sein Lächeln sofort. Ich war nur froh, dass es schon dämmerte und er nicht sehen konnte, wie ich rot wurde und meine Wangen glühten, weil er mich so ansah. »'n Abend.«
Ich wollte ihn so wahnsinnig gern anfassen, meine Arme um ihn legen, ihn küssen. Aber das ging nicht. Die anderen standen immer noch vor der Scheune und alle konnten uns sehen.
»Du hast mich total vermisst«, sagte Travis. Er biss sich auf die Lippe und sah mir auf den Mund, so als wollte er mich auch küssen.
»Sei nicht so von dir eingenommen«, sagte ich. Es sollte nonchalant klingen, war aber kaum ein Flüstern.
Er lachte und dann verblasste sein Lächeln und er sah mich nur noch an. Wir standen einfach da, sagten nichts, starrten einander nur eine gefühlte Ewigkeit an.
Er schluckte hörbar. »Ist heute die Post gekommen?«, fragte er.
»Ist sie.« Ich nickte zur Vordertür. »Da waren ein paar Briefe für dich dabei. Liegt alles auf unserem Bett.«
Unser Bett.
Fühlte sich immer noch seltsam an, das zu sagen.
Ich folgte ihm, als er ins Haus ging und seinen Hut an den Haken neben meinem hängte. Er zögerte in der Diele einen Moment, sein Blick wanderte zwischen mir und der Küche hin und her, dann schnappte er sich meine Hand und zog mich ins Schlafzimmer.
Er drehte sich, legte in einer fließenden Bewegung seine Hand an meinen Nacken und zog mich für einen Kuss zu sich heran.
Für einen Wir waren vier Tage getrennt-Kuss.
Der Kuss war intensiv und entschlossen und liebevoll und alles, was ich brauchte.
Er legte einen Arm um mich, zog mich an sich und seufzte, als unsere Körper miteinander verschmolzen.
»Jungs!«, rief Ma aus der Küche.
Travis stöhnte und trat einen Schritt zurück, was den Kuss beendete. »Du gehst lieber hin«, sagte er. »Und ich geh mich besser waschen und versuche, das hier loszuwerden«, fügte er hinzu und rückte in seinem Schritt die Dinge zurecht.
Ich beäugte die Beule in seiner schmutzigen Jeans. »Ich könnte dir damit behilflich sein«, sagte ich.
»Du wirst mir später damit behilflich sein«, sagte er und legte erneut kurz Hand an seinen Schritt.
Dann fiel mir etwas ein. »Trav«, fuhr ich fort und nickte bedeutungsvoll zu dem Haufen an Post auf dem Bett. »Möchtest du mir vielleicht mitteilen, warum die University of Sydney dir schreibt?«
Sein Blick schoss zu den Umschlägen und Päckchen. »Ähm, nachher vielleicht.«
Ich hob den Brief auf, aber er nahm ihn mir weg und warf ihn zurück aufs Bett. Dann ging er aus dem Zimmer und in Richtung Bad. »Fass ihn nicht an, Charlie.«
»Trav«, jammerte ich. »Ich hab schon den ganzen Tag gewartet.«
Travis erreichte die Badezimmertür und lachte. »Die Antwort ist trotzdem Nein.«
Dann rief Ma aus der Küche: »Charles Sutton«.
»Noch mal Glück gehabt«, flüsterte Travis. Dann grinste er und schloss die Tür.
»Ich könnte ihn einfach aufmachen und lesen«, sagte ich zur Badezimmertür.
»Könntest du«, rief er. Ich hörte, wie das Wasser aufgedreht wurde. »Wirst du aber nicht.«
Ich schnaubte. Vielleicht war es auch eher ein Knurren. Dann stapfte ich davon und in die Küche, wo Ma wartete. »Warum sind Männer so frustrierend?« Ich nahm eine Gabel und warf sie in die Spüle.
Ma lachte laut auf. »Schätzchen, das ist eine uralte Frage. Muss für euch beide doppelt schlimm sein.« Sie mühte sich mit einer schweren Pfanne ab, also schnappte ich mir ein Küchentuch und brachte sie für sie vom Ofen zum Tisch hinüber.
Ich schnaubte erneut und öffnete den Vorratsschrank mit deutlich mehr Schwung, als nötig gewesen wäre. »Ich bin überhaupt nicht frustrierend. Aber er.« Ich zog das Tablett mit den Soßen heraus und stellte es auf den Küchentisch. Ma sah mich an und nagte an ihrer Oberlippe.
»Was?«, fragte ich. »Ich bin nicht frustrierend.«
Sie wandte sich wieder der Spüle zu, wahrscheinlich, um ihr Lächeln vor mir zu verbergen. Aber ihre Stimme verriet sie. »Ich nehme an, er wollte dir nicht sagen, was in dem Umschlag ist?«
»Nein.«
Travis erschien im Türrahmen und er sah ganz sauber aus und roch noch viel besser. »Hat dir keine Ruhe gelassen, wie?«, fragte er und versuchte nicht mal, sein Grinsen zu verbergen.
»Den ganzen Tag nicht«, gab ich zu.
Sein Grinsen wurde noch verschmitzter und um seine Augen herum erschienen Lachfältchen, als er die Küche betrat. Er legte seine Hände an mein Gesicht und küsste mich. Das war etwas, das er nur in Mas Gegenwart machte. Die Küche war neutraler Boden, ein Ort, an dem jeder offen seine Meinung sagen konnte. Die anderen Farmarbeiter, meine Angestellten, kamen nie in die Küche. Und in ihrer Gegenwart berührten wir einander nicht, geschweige denn küssten wir uns.
»Geh dich waschen«, sagte er. »Ich deck den Tisch zu Ende.« Er drückte mir noch ein Küsschen auf die Lippen, dann schob er mich zur Tür. »Geh.« Als ich halb durch die Diele war, rief er: »Und fass den Umschlag nicht an.«
Nachdem ich mir Hände und Gesicht gewaschen hatte, kam ich wieder raus und fand George, Bacon, Trudy, Billy und Ernie am Esstisch vor. Travis war natürlich auch da, und während wir aßen, redeten sie über ihre vier Tage am südlichen Grenzzaun.
Travis sah müde aus, auch wenn er unentwegt lächelte. Ich hatte keinen Zweifel, dass er jeden Tag vor Sonnenaufgang wach gewesen war, und ein Schlafsack direkt auf dem Boden war auch nicht gerade für tiefen Schlaf geeignet. Der Winter war die beste Zeit, um die meisten Arbeiten zu erledigen. Die Nächte waren kalt, aber die Tage waren im Vergleich zu der glühenden Sommerhitze lediglich warm. Und Travis liebte die Arbeit. Er liebte es, etwas zu tun zu haben, etwas zu schaffen, und er hielt den ganzen Tag nicht inne.
Sie sprachen alle über ihr freies Wochenende, dass sie am Morgen nach Alice fahren würden. Es war die übliche freudige Erwartung und der ganze Blödsinn darüber, wer was unternehmen würde.
Bevor das Abendessen vorbei war, sagte Ernie: »Da war