Red Dirt Heart: Lodernde Erde. N.R. Walker

Red Dirt Heart: Lodernde Erde - N.R. Walker


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zuckte die Schultern. »Ungefähr zwanzig.«

      Ich sah George an. »Wir sollten uns das am Wochenende vielleicht mal ansehen.«

      Ich konnte George ansehen, dass er im Kopf bereits Pläne machte, bevor der Tisch abgeräumt war, und ich wusste, wir würden uns morgen darum kümmern. Aber heute Abend hatte ich anderes im Sinn.

      Ich wollte Travis in meinem Bett. Und ich wollte wissen, was zum Teufel er mit diesem Brief von meiner alten Uni vorhatte.

      Als alle gegangen waren und das Haus still war – nachdem Travis es absichtlich so lange hinausgezögert hatte, wie ich aushalten konnte –, schleifte ich ihn in unser Schlafzimmer. Er schloss die Tür hinter uns und lachte, als ich ihm den Umschlag gab.

      »Bitte mach ihn auf.« Betteln war nicht länger unter meiner Würde.

      Travis ignorierte mich und nahm zunächst das größte braune Paket vom Bett. Der Aufkleber zeigte die Handschrift seiner Mutter, deshalb versuchte ich, geduldig zu sein, während er es als Erstes aufriss. Seine Mom hatte ihm seine Lieblings-Kapuzenjacke geschickt. Er war in der Hitze des Sommer hierhergekommen, in der Absicht, lediglich vier Wochen zu bleiben. Er besaß keine Winterkleidung, außer den Kleidungsstücken, die er mir abgeluchst hatte. Ich hatte ihm ein paar Jeans und ein paar Hemden online bestellt, aber irgendwie trug ich die nun, und er zog einfach weiter meine Sachen an.

      Seine Mom hatte ihm außerdem ein paar Biskuits geschickt.

      »Kekse.«

      »Biskuits.«

      »Kekse.«

      »Es sind Biskuits.«

      »Es sind Kekse. Das steht sogar auf der Packung.« Er hielt sie hoch und zeigte sie mir. »Und die hier sind meine Lieblingskekse. Ich hab sie vermisst.« Er riss das Paket auf und schob sich ein Biskuit in den Mund. Er stöhnte und legte den Kopf in den Nacken, während er kaute. »Die sind so gut.« Er faltete den handgeschriebenen Brief von seiner Familie auf und ich wartete, während er las. »Mom lässt ganz lieb grüßen«, sagte er und las weiter. Ich stand da und wartete, so geduldig ich konnte, bis er fertig war. Dann sah Travis mich an und hielt mir die Packung mit den Biskuits hin. »Willst du einen?«

      Ich schüttelte den Kopf. »Trav.«

      Als Nächstes öffnete er das kleine, braune Paket. Wir bestellten Kondome und Gleitgel online und die Sachen wurden in diskreten, schlichten Pappkartons geliefert. Ich bin sicher, George und Ma wussten, was drin war, wenn die Post eingesammelt wurde, aber das war immer noch besser, als einen von ihnen zu bitten, bei ihrem nächsten Trip in die Stadt Gleitgel mit Geschmack mitzubringen.

      Er riss die Schachtel auf und schüttete den Inhalt aufs Bett. »Oh, guck mal, Gleitcreme«, sagte er. »Jede Menge Gleitcreme. Wenn du es richtig anstellst, dann lass ich dich vielleicht was davon an mir benutzen.«

      »Travis«, sagte ich. »Bitte.«

      »Es beschäftigt dich wirklich, oder?«, sagte er und nahm den großen, weißen Umschlag in die Hand, der mich in der Tat den ganzen Tag schon wahnsinnig gemacht hatte. Er sah mich an und drehte ihn in seinen Händen hin und her. Sein Lächeln war verschwunden.

      »Warum willst du mir nicht sagen, was drin ist?«

      »Ich will nicht, dass du sauer auf mich wirst.«

      »Trav, was hast du angestellt?«

      Er biss sich auf die Unterlippe und sah mir schließlich in die Augen. Er schluckte heftig und gab mir den Umschlag. »Ich habe möglicherweise die Uni kontaktiert und mich danach erkundigt, wie du dich wieder einschreiben könntest, um deinen Abschluss nachzuholen.«

      Ich starrte ihn eine ganze Weile an, dann nahm ich ihm langsam den Umschlag aus der Hand. »Du hast was?«

      »Du hast immer gesagt, dass du wünschtest, du hättest zu Ende studiert. Und eines Tages war ich hier, und du warst draußen, und ich dachte, es wäre eine wirklich gute Idee, aber jetzt bin ich mir da nicht mehr so sicher.«

      Ich öffnete den blöden Umschlag und zog die Papiere heraus. Mr. Charles Sutton, wir freuen uns, Ihnen folgendes Angebot…

      »Wie hast du das gemacht?«, fragte ich. »Es ist alles auf meinen Namen.«

      »Ich könnte so getan haben, als wäre ich du. Es waren nur ein paar E-Mails und eine Online-Bewerbung, aber ich hab drum gebeten, dass die Post an mich geschickt wird.« Er zuckte mit den Schultern. »Ich habe einfach gesagt, Travis wäre der Verwalter der Farm und dass sämtliche Post an ihn adressiert wird. Du wärst überrascht, wie leicht das ging.«

      »Travis.«

      »Sei nicht sauer.«

      Ich schüttelte den Kopf über ihn. »Wie soll ich das machen? Ich kann nicht einfach zurück nach Sydney gehen!«

      »Nein, du kannst das per Korrespondenz erledigen. Das geht alles online. Du musst vielleicht zum Abschlussexamen nach Sydney, aber bis dahin ist es noch eine ganze Weile, und es wäre auch nur ein Wochenende, und ich dachte, vielleicht könnten du und ich…« Er brabbelte nervös vor sich hin und sah ein wenig ängstlich aus. Er nahm sich noch ein Biskuit und sagte mit vollem Mund: »Ich hab diesen Kurs erst letztes Jahr beendet, also kann ich dir helfen. Ich bin sicher, dass wir eine oder zwei meiner Arbeiten benutzen könnten, was nicht gerade sonderlich legal ist und möglicherweise an Plagiieren grenzt, und mein ganzes Zeugs ist noch in den Staaten, aber wenn wir zusammenarbeiten, dann wird das überhaupt nicht lange dauern –«

      Ich legte den Umschlag, der zufällig ein Immatrikulationspaket der University of Sydney enthielt auf das Bett und nahm Travis' Hand. »Warum hast du mir nichts gesagt?«

      Er schluckte sein Biskuit hinunter. »Ich wollte nicht, dass du sauer wirst.« Seine Mundwinkel sanken herab. »Bist du sauer? Du hast mehrmals gesagt, dass du es bereust, deinen Abschluss nicht gemacht zu haben«, fügte er hinzu. »Und ich dachte, ich könnte dir helfen, ihn zu machen. Ich weiß nicht… tut mir leid, ich hielt es zu der Zeit für eine gute Idee.«

      »Ich bin nicht sauer«, sagte ich und seufzte. Es stimmte – ich hasste es, dass ich es nicht zu Ende gebracht hatte.

      Travis lächelte, oder so was in der Art. »Also hasst du mich nicht?«

      Ich prustete. »Ich hasse dich nicht. Aber vielleicht hättest du es mal erwähnen können oder wir hätten darüber reden können.«

      »Wir haben darüber geredet«, sagte er. »Vor ein paar Wochen erwähnte ich meinen Abschluss und du sagtest, du bedauerst, keinen zu haben.«

      »Das war nicht wirklich eine Diskussion darüber, wieder zurück auf die Uni zu gehen.«

      »Na ja, irgendwie schon.«

      »Äh, nein, wirklich nicht.«

      »Bist du sicher, dass du nicht sauer bist?«

      »Ich bin nicht sauer.«

      »Ich glaube, du solltest mich küssen«, sagte er. »Dann werde ich wissen, ob du sauer bist und nur sagst, du wärst es nicht, oder ob du wirklich nicht sauer bist.«

      Ich lachte leise und drückte kurz meine Lippen auf seine. Aber er schüttelte den Kopf. »Nö. Du bist sauer. Ich wusste, dass du sauer werden würdest.«

      »Ich bin nicht sauer!«

      »Doch. Bist du. Irgendwie.«

      »Nein, bin ich nicht. Ich sollte es sein, aber ich bin's nicht.«

      »Doch, bist du.« Er blieb hartnäckig. »Ich merke das daran, wie du mich geküsst hast.«

      »Ist das so?«

      Er nickte vollkommen ernsthaft. »Japp. Das war ein Ich bin sauer, aber lasse mir nix anmerken-Kuss. Mit Sicherheit.«

      Ich griff nach ihm, schubste ihn aufs Bett und warf mich auf ihn, sodass der Rest der Post unter ihm zerknitterte. Ich strich ihm das Haar aus der Stirn und küsste ihn noch einmal, sanfter und langsamer, bis seine Augenlider sich flatternd schlossen.


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