DIE RITTER DES VATIKAN. Rick Jones

DIE RITTER DES VATIKAN - Rick Jones


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los, verschwinde endlich!«

      »Und wieso waren Sie als Chef der Sicherheit …«

      »Bist du taub, Kleiner? Du sollst verschwinden?«

      »… in einem derart kritischen Moment nicht bei Ihrem Team?«

      »Officers!«

      »Antworten Sie mir, Agent Murdock. Geben Sie mir einfach nur einen Kommentar dazu.«

      Auf Murdocks Ruf hin betraten zwei Beamte der D.C. Metro-Einheit den Raum. Einer von ihnen hielt einen Schlagstock in der Hand.

      »Wer von euch Clowns hat diesen Idioten von der Post hier reingelassen?« Murdock war puterrot angelaufen. Speichel flog ihm beim Sprechen von den Lippen. »Das hier ist ein abgesperrter Bereich, selbst für die Presse! Bringt dieses Stück Scheiße hier raus und bewacht das Gelände. Niemand außer der Polizei oder den Bundesbeamten darf hier rein oder raus, verstanden?«

      Die Officers, von Murdocks Stimme wachgerüttelt, packten den Reporter bei den Armen und begannen ihn aus dem Raum zu zerren.

      »Murdock!«, rief Yzerman über seine Schulter zurück. »Wollen Sie noch eine Stellungnahme zu den unzureichenden Schutzmaßnahmen Ihres Teams für den Papst abgeben? Irgendeinen Kommentar dazu?«

      Schweigend beobachtete Murdock, wie die Officers den Mann zum Ausgang hinausdrängten. Die Fragen des Reporters spukten ihm im Kopf herum und die Worte trugen ein unangenehmes Gewicht mit sich.

      Um gegen seine Wut anzukämpfen, schloss Murdock die Augen und wartete darauf, dass ihn wieder die Gelassenheit überkam und sich sein Zorn verflüchtigte. Schweigend stand er da, bis nur noch Yzermans Fragen in seinem Kopf widerhallten und einen Nerv trafen, der ihn auch noch den Rest des Tages beschäftigen und in eine reizbare Stimmung versetzen würde.

      Murdock betrat den geräumigen Speisesaal, wo die mit Tüchern bedeckten Leichen von Agent Cross und den erschossenen Terroristen lagen. Er sah sich um. Von der Westseite aus starrte ihn allwissend die Galerie der früheren Gouverneure an. Murdock musterte die Ölgemälde, ohne deren Kunstfertigkeit zu würdigen – wusste er doch, dass die Wahrheit, derer sie Zeuge wurden, für immer verborgen bleiben würde. Dann wandte er sich wieder dem Tatort zu.

      Tony Denucci war Ermittler des FBI und auf Entführungsfälle spezialisiert. Als junger Mann war er groß und breitschultrig gewesen und hatte markante Gesichtszüge besessen. Nun war er groß und schlaksig, mit einem langen erschöpften Gesicht, welches Zeuge zu vieler Tragödien geworden war. Er lief stets leicht gebückt, was seinem Körper die Form eines Fragezeichens verlieh. Mit den Jahren war aus ihm nur noch ein Schatten seines früheren Selbst geworden.

      Murdock hieb seinem alten Freund auf den Rücken. Sie hatten zusammen vor vierundzwanzig Jahren die Akademie verlassen und waren jeder für sich zu einem Experten auf ihrem Gebiet geworden. »Wie geht’s, Tony?«

      Denucci sah ihn mit den roten, wässrigen Augen eines Alkoholikers an. »Hey, Punch.«

      »Was hast du für mich?«

      »Insgesamt neun Tote«, sagte er. »Zwei Cops, vier Agenten, die Frau des Gouverneurs und zwei Eindringlinge. Vielleicht willst du sie dir einmal ansehen.«

      Murdock wusste bereits, wer sie waren. Die ganze Welt wusste es bereits. Sie waren die selbsternannten Soldiers of Islam.

      Er hob das Laken über der ersten Leiche an, sah, dass es sich dabei um Cross handelte, und deckte ihn sofort wieder zu. Die Untersuchung der anderen beiden ergab, dass sie zweifelsfrei aus dem Mittleren Osten stammten. Zudem bemerkte er, dass die Tinte an ihren Fingern noch feucht war. Man hatte ihnen also bereits die Fingerabdrücke abgenommen und ließ sie in diesem Moment durch die Beobachtungsliste des FBI und bei Interpol laufen. Wer immer die beiden waren, sie würden es sehr bald wissen.

      Murdock richtete sich auf, während Denucci mit weiteren Informationen aufwartete und dabei seinen Kugelschreiber als Zeigestock verwendete. »Sieht so aus, als hätten sie das gesamte Kommando überrumpelt«, erklärte er. »Keinem einzigen Mann war es gelungen, überhaupt eine Waffe zu ziehen, mit Ausnahme des Agenten da drüben.«

      »Das ist Agent Cross. Ein guter Mann.«

      »Außer ihm sind alle anderen gestorben, bevor sie überhaupt wussten, was vor sich ging.«

      Murdock durchstreifte den Tatort, die Hände in die Taschen seines Mantels geschoben. »Bist du für den Bericht für Pappandopolous zuständig?«

      Denucci nickte. »Ja. Und du?«

      »Der Präsident will nicht erst auf den offiziellen Bericht warten. Er wünscht eine Darstellung aus erster Hand über das, was hier vorgefallen ist.«

      Denucci lief vorsichtig um die Leichen herum und machte sich ein paar Notizen. »Schlimme Sache, oder?«

      Murdock stimmte ihm zu.

      »Noch schlimmer ist, dass wir es nicht kommen sahen.«

      »Und in der Nachbarschaft hat auch niemand etwas bemerkt?«

      »Nein.« Denucci deutete mit seinem Stift auf die Ölgemälde. »Zu schade, dass die uns nichts mehr verraten können, was?«

      Murdock legte seinem alten Freund eine Hand auf die Schulter. »Hör zu, Tony, gibst du mir Bescheid, wenn ihr etwas herausfinden solltet? Etwas, mit dem ich arbeiten kann?«

      »Klar, wenn wir was rausfinden.«

      Murdock zwinkerte ihm zu. »Danke, Kumpel. Und hey, lass' mal wieder von dir hören. Sollten mal wieder 'ne Sauftour machen und uns alte Kriegsgeschichten erzählen.«

      »Ja, klar.«

      Murdock verließ die Villa des Gouverneurs und ließ seinen Blick schweifen. Hinter dem Absperrband war die Meute der Schaulustigen bereits um einiges angewachsen, seit er das Haus betreten hatte. Dutzende Vans mit Satellitenschüsseln und den Logos der großen Nachrichtenagenturen an den Seiten säumten die Straße. Reporter und Journalisten drängten sich durch die Reihen. Verzweifelt hielten sie ihre Mikrofone über die Absperrung in der Hoffnung, etwas Verwertbares von den Officers dahinter zu erhaschen.

      Murdock wusste, dass ihm lange Tage mit nur wenig Schlaf bevorstanden; etwas, wofür sein Körper mit vierundfünfzig nicht mehr besonders gut geschaffen war.

      Für beinahe fünfundzwanzig Jahre hatte er sich die Karriereleiter mit der gleichen Aggressivität hinaufgekämpft, die er auch im Ring gezeigt hatte. Mit Beharrlichkeit und Haltung. 1990 wurde er schließlich mit einer Position im geheimen Sicherheitsteam des Präsidenten belohnt und 2002 zu ihrem Chef ernannt.

      Doch mit der Verantwortung kam auch die Pflicht, Rechenschaft abzulegen. Und wenn jemand die Zügel eines Teams in der Hand hielt und dieses Team strauchelte, dann wies der anklagende Finger unweigerlich auf jene Person. In Murdocks Fall konnte er bereits den politischen Finger spüren, der in seine Richtung zeigte und ihn als denjenigen identifizierte, der für den Tod seines Teams und die Entführung des Papstes verantwortlich war.

      Er griff in die Innentasche seines Mantels, kramte ein Päckchen Zigaretten hervor, nahm eine davon heraus und rauchte sie langsam auf, während er darüber nachsann, wie lange es dauern würde, bis das Fallbeil auf seine einstmals so glanzvolle Karriere niedersausen würde.

      Kapitel 9

      Das Weiße Haus | 23. September, mittags

      Der Situation Room, das Kontrollzentrum des Weißen Hauses, war das Nervenzentrum des präsidialen Krisenmanagements. Es befand sich direkt unterhalb des Oval Office und bot Platz für vierundzwanzig Personen.

      Zusammen mit Präsident Burroughs, Vizepräsident Jonas Bohlmer, dem Chefberater des Präsidenten Alan Thornton und Generalbundesanwalt Dean Hamilton säumten ranghohe Funktionäre des CIA, FBI und der Homeland Security den Tisch. Normalerweise wurde der Raum in Krisenzeiten von Mitgliedern des Pentagons und den Generalstabschefs genutzt, um die Gefahr eines Krieges zu erörtern, doch nach einem kurzen Briefing durch seine militärischen


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