Tag X. V. S. Gerling

Tag X - V. S. Gerling


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die Maschine unter Kontrolle zu bringen, aber ohne Erfolg.

      »Eagle One an Bodenstation …«, nuschelte er undeutlich in das im Helm installierte Mikrofon. Er kam nicht mehr dazu, den Funkspruch zu beenden.

      Sein Kopf sackte nach unten und er verlor das Bewusstsein.

      Als Streifs Vitalwerte, die elektronisch an die Bodenstation übertragen wurden, zeigten, dass er ohne Bewusstsein war, stabilisierte sich der Jet wie von Geisterhand auf einer Höhe von 8 000 Metern und sank stetig weiter ab. Schließlich steuerte der Jet in Richtung Nord-Nord-Ost und flog in einer Höhe von 5 000 Metern in Richtung Hansestadt Rostock.

      Als er über dem Hafen der Stadt war, begann der Sturzflug.

      Der endete erst, als der Jet mit einer Geschwindigkeit von fast 1 800 Stundenkilometern auf dem Gelände einer Getreidefirma einschlug und in einem gigantischen Feuerball verbrannte.

      1

      »Wir werden die einfach nicht los, oder?«

      Patrick Ebel

      Wir erfuhren von dem Absturz des Eurofighter, als Helen, Patrick und ich von einer Besprechung mit unserem Wirtschaftsprüfer zurück ins Büro fuhren.

      »Ich hoffe, du hast dir Notizen gemacht«, sagte ich an Helen gewandt. »Ich habe nämlich kein Wort verstanden von dem, was der Typ uns gesagt hat.«

      »Ich habe ihn verstanden«, meinte Patrick, der hinten saß.

      Helen grinste.

      »Dann erkläre mir doch bitte in einfachen Worten, was er gesagt hat«, bat ich ihn.

      »Uns geht’s finanziell gut«, sagte Patrick.

      Helen nickte. »Sehr gut sogar.«

      »Okay, so gut, dass er uns empfiehlt, Geld auszugeben. Finde ich komisch.«

      »Besser, wir kaufen neue Computer, als dass wir dem Finanzamt Geld in den Rachen werfen«, sagte Helen.

      »Das will ich auch nicht«, gab ich zu.

      Helen hörte wohl etwas im Radio, das ihre Aufmerksamkeit erregte, und machte lauter.

      Der Sprecher erklärte gerade mit neutraler Stimme, dass in Rostock ein Kampfjet aus noch ungeklärten Gründen in den Hafen der Stadt gestürzt sei. Es hatte viele Tote und Schwerverletzte gegeben.

      »Wie furchtbar …«, sagte Helen.

      »Investieren ist immer besser, als unnötig Steuern zu bezahlen«, gab Patrick Auskunft.

      Ich sah ihn im Rückspiegel an. »Wenn du willst, dass Daniela bei dir bleibt, dann solltest du in Zukunft bei solchen Nachrichten entweder angemessen oder aber gar nicht reagieren. Auf keinen Fall aber solltest du so einen Spruch wie eben raushauen.«

      »Äh … okay …?«

      »Ich mein ja nur. Frauen reagieren da sehr sensibel.« Ich blickte zu Helen. »Ist doch so, oder?«

      Ihr Blick sprach Bände.

      »Ihr seid echt zwei Experten«, sagte Helen.

      Die Nachrichten wurden unterbrochen, da mein Handy klingelte. Selbst aus den Augenwinkeln erkannte ich Helens spöttisches Grinsen. Wahrscheinlich erwartete sie nun den nächsten Beweis dafür, dass ich ein technischer Rohrkrepierer war. Grund für ihre Vorfreude waren diverse … Auseinandersetzungen zwischen mir und der Freisprecheinrichtung. Aber ich hatte vorgesorgt. Patrick hatte mich in die Geheimnisse der Technik eingeweiht.

      Ich tippte also einfach auf das grüne Hörersymbol auf meinem Lenkrad. »Eichborn.«

      »Nicolas, ich bin’s, Rainer.«

      »Rainer …«, sagte ich langsam. »Rainer … etwa der Rainer? Der Innenminister-Rainer?«

      »Hör auf mit dem Scheiß und komme bitte ins Büro von Kernberger.«

      »Oh. Okay. Ich bin nicht alleine.«

      »Wer ist bei dir?«

      »Helen und Patrick.«

      »Sehr gut. Ich brauche euch alle. Hier. Jetzt.«

      Er legte auf.

      »Klingt ernst«, sagte ich.

      »Wir werden die einfach nicht los, oder?«, meinte Patrick.

      Ich schüttelte den Kopf. »Nein. Wollen wir die denn … loswerden?«

      »Können wir sie überhaupt loswerden?«, fragte Helen.

      »Natürlich könnten wir. Wenn wir wollten«, meinte Patrick.

      Ich war verwirrt. »Also wollen wir nicht, oder wie?«

      »Lass uns einfach hinfahren«, schlug Helen vor.

      2

      »Warum ist das nicht publik geworden?«

      Helen Eichborn

      Als wir die Zentrale des Amtes für Innere Sicherheit erreichten und man uns zu Kernberger durchließ, überkam mich ein klein wenig Wehmut. Hier hatte ich mal gearbeitet und es schien Jahrzehnte her zu sein. Tatsächlich waren gerade einmal drei Jahre vergangen.

      Kernberger und Innenminister Schranz erwarteten uns bereits ungeduldig.

      Wir gingen in Kernis Büro und setzten uns dazu. Vor Schranz lag eine dünne Akte.

      Sie trug den Titel Tag X.

      Ich sah von Kernberger zu Schranz und erkannte, dass beiden nicht nach einem lockeren Spruch zumute war.

      Sie wirkten überaus besorgt.

      Als Schranz das Wort ergriff, verstanden wir, warum das so war. »Wenn der Inhalt dieser Akte zutrifft und der Plan umgesetzt wird, dann … nun, dann wäre unser Land nicht mehr dasselbe …«

      Wow, was für eine Einleitung.

      Es kostete Schranz sichtlich Mühe, seinen Blick von der geschlossenen Akte loszureißen.

      »Ich habe schon mit vielen Weltverbesserern und Verschwörungstheoretikern zu tun gehabt. Aber das hier ...« Er nickte in Richtung Akte. »… Das ist wirklich ernst und wir dürfen das unter keinen Umständen auf die leichte Schulter nehmen.«

      Ich rutschte unruhig auf meinem Stuhl hin und her. Es war gar nicht so lange her, da hatten wir in Kooperation mit dem BKA und Auszubildenden der Bundestagspolizei einen Anschlag auf die komplette Legislative verhindert. Und nun schien es weiterzugehen …

      Schranz blickte auf und sah uns der Reihe nach an. »Es begann vor etwa drei Jahren. Da häuften sich die Fälle von Waffendiebstahl bei der Bundeswehr. G3, Walther, Munition. Einige der verschwundenen Waffen tauchten wieder auf. Aber viele blieben verschwunden. Das ist bei der Bundeswehr nicht unbedingt etwas Ungewöhnliches, aber, wie erwähnt, die Fälle häuften sich. Dann verschwanden auch noch Maschinengewehre.«

      »Über was für eine Zahl sprechen wir?«, wollte Patrick wissen.

      »Inzwischen sind über einhundertfünfzig G3, zehn Maschinengewehre, einhunderttausend Schuss Munition und zwanzig Walther PPK verschwunden.«

      Patrick pfiff leise durch die Zähne. »Das ist eine Menge.«

      »Warum ist das nicht publik geworden?«, wollte Helen wissen.

      »Die haben wohl aufgrund der letzten Skandale gedacht, es wäre besser, das intern zu regeln«, antwortete Schranz.

      »Wir sind aber nicht wegen geklauter Waffen hier, richtig?«, hakte ich nach.

      »Nein. Aber der Reihe nach; neben den Waffen verschwanden auch EPAs. Und zwar unfassbar viele. Hunderte Kilos von Verpflegungspaketen sind abhandengekommen.«

      Ich zuckte mit den Schultern. »Das ist nun wirklich kein Verlust.«

      Schranz ignorierte meinen Kommentar. »Die


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