Tag X. V. S. Gerling

Tag X - V. S. Gerling


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Moment für vollkommen abwegig gehalten habe. Das ist jetzt zwei Monate her.«

      »Also kurz nachdem wir den Anschlag mit Ebola mehr oder weniger verhindert hatten«, konstatierte ich.

      »Der Mann heißt Olaf Böttcher. Er ist Major und arbeitet im Einsatzführungsstab 7 des Bundesministeriums für Verteidigung.« Er sah uns an, wohl um zu prüfen, ob wir wussten, was dieser Stab tat.

      Keiner von uns hatte eine Ahnung, deshalb erklärte er uns den Sachverhalt.

      »Diese Abteilung ist zuständig für sämtliche Operationen der Spezialkräfte und für die nationale Krisenvorsorge.«

      »Spezialkräfte?«

      Schranz nickte. »Ja. KSK, Fernspäher, Fallschirmjäger. Einheiten dieser Kategorie.«

      »Wäre nicht laut Dienstvorschrift der logische Schritt ein Gespräch mit dem Verteidigungsminister gewesen?«, fragte Helen.

      »Ja. Aber er kam mit seinem Verdacht zu mir. Und das zeigt, wie brisant die Angelegenheit ist.«

      »Weil er vermutet, dass, was auch immer da in dieser Akte steht, der Verteidigungsminister darin verstrickt ist«, kombinierte ich.

      »So ist es«, bestätigte Schranz und sah dabei mehr als unglücklich aus. »Leider gibt es Indizien, die diesen Verdacht erhärten.«

      Ich blickte zu der Akte und plötzlich schoss mir ein Gedanke durch den Kopf. »Tag X, Waffen und Nahrung. Da bereiten sich ein paar Typen auf den Weltuntergang vor«, platzte es aus mir heraus.

      »Wenn es nur das wäre …«, sagte Schranz und mir wurde eiskalt.

      »Aber ich glaube nicht, dass der Verteidigungsminister zu einem Prepper geworden ist. Bei aller Liebe, das kann ich mir nun gar nicht vorstellen«, sagte Helen entschieden.

      Unter einem Prepper verstand man jemanden, der sich auf die drohende Apokalypse vorbereitete, indem er Lebensmittel hortete und Bunker baute. Der Begriff Prepper stammte aus dem Englischen und leitete sich ab von to be prepared, also vorbereitet sein.

      Ich gab Helen recht. »Ich schätze ihn auch nicht so ein.«

      »Ganz so einfach ist es auch nicht«, sagte Schranz und öffnete die Akte. »Vor einigen Jahren haben sich ehemalige Elitesoldaten zu einem Verein zusammengeschlossen. Sie trafen sich zu Grillabenden und tauschten alte Kriegsgeschichten aus.«

      Patrick unterbrach ihn. »Woher wissen Sie die Dinge, die Sie uns gerade erzählen?«

      »Von einem ehemaligen KSK-Soldaten, der Mitglied dieses Vereins war. Er hat ihn verlassen, als die Ansichten, die dort diskutiert worden waren, etwas zu radikal wurden.«

      »Wo ist dieser Mann jetzt?«, fragte Patrick nach.

      »Er ist tot. Bei einem Autounfall ums Leben gekommen.«

      Ich hob die Augenbrauen. »War es ein Unfall?«

      »Wir gehen davon aus, dass es kein Unfall war«, schaltete sich Kerni ein.

      »Also Mord. Jemand hat einen ungeliebten Zeugen ausgeschaltet«, schloss Patrick. »Was wiederum bedeuten kann, dass die wissen, dass ihr Vorhaben aufgeflogen ist.«

      Schranz schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass die davon ausgehen, dass sie aufgeflogen sind.«

      »Okay«, sagte ich. »Und warum nicht?«

      »Ganz einfach: Weil sie nicht aufgeflogen sind. Würden sie davon ausgehen, hätten sie heute den Kampfjet nicht abstürzen lassen.«

      Wir sahen ihn völlig entgeistert an.

       »Alles deutet darauf hin, dass der Jet manipuliert worden ist. Vor allem die letzten Worte des Piloten waren diesbezüglich sehr aufschlussreich. Die wurden nämlich live übertragen und konnten nicht manipuliert werden.«

      »Und damit wäre die These, es würde sich um harmlose Prepper handeln, vom Tisch«, fügte Helen an.

      Ich sah zu Schranz. »Wie in Gottes Namen kann man einen Kampfjet manipulieren?«

      »Wir wissen es nicht«, sagte Schranz niedergeschlagen. »Noch nicht.«

      »Dieser Major Böttcher, wie ist er denen auf die Spur gekommen?«, wollte Patrick wissen.

      »Zum einen ist ihm aufgefallen, dass die Waffendiebstähle eher lax behandelt worden sind. Zum anderen ist man an ihn auf eine sehr subtile Art herangetreten.«

      »Wer ist an ihn herangetreten?«, fragte Patrick nach.

      »Der von mir erwähnte Verein.«

      »Die wollten ihn ins Boot holen?«

      »Sie haben seine Bereitschaft eruiert, Mitglied zu werden, ja.«

      »Dann soll er doch beitreten«, schlug Patrick vor. »Ihr hättet dann jemanden, der Informationen sammeln kann.«

      Kerni nickte langsam. »Wir denken darüber nach.«

      »Was hindert euch daran?«, wollte Helen erstaunt wissen.

      Schranz räusperte sich. »Er ist zwar Offizier, hat aber keinerlei Erfahrung, was verdeckte Einsätze betrifft.«

      »Er ist also mehr Beamter als Soldat«, stellte ich fest.

      »Richtig«, bestätigte Schranz.

      »Und was wollen die dann von ihm?«, wollte Helen wissen.

      »Er arbeitet in einer sehr wichtigen Position und ist ein aufgehender Stern im Ministerium. Wir gehen davon aus, dass sie ihn lieber auf ihrer Seite wissen als auf der anderen.«

      »Okay«, sagte Patrick. »Es wird Zeit, uns zu erklären, warum wir hier sind.«

      Schranz und Kerni wechselten einen schnellen Blick.

      Dann ergriff Schranz das Wort. »Was wisst ihr über die Befugnisse und Möglichkeiten unserer Cyber-Abwehr?«

      Ich blickte zu Helen und Patrick, zuckte dann mit den Schultern. »Nichts.«

      »Okay. Es ist so, dass unsere Befugnisse, was die Abwehr von Cyberangriffen betrifft, eher … suboptimal ist. Soll heißen, wir können vieles tun, um Angriffe zu verhindern. Aber wenn es denn zu einer Attacke kommt, können wir de facto nur zusehen. Es ist uns nicht gestattet, den Angriff zurückzuverfolgen, geschweige denn, einen Gegenangriff zu starten.«

      »Also geht ihr davon aus, dass sich jemand in das System des Jets gehackt hat?«, fragte Patrick.

      Schranz nickte unglücklich. »Ja, so ist es.«

      »Und die Cyber-Abwehr des Bundes ist ein zahnloser Tiger«, sagte Helen kopfschüttelnd.

      »Und da kommen wir ins Spiel, nehme ich an«, sagte ich leise.

      »Richtig. Da kommt ihr ins Spiel. Mit euch rechnet keiner.«

      »Du meinst, mit unseren Methoden, nicht wahr?«, wollte Helen wissen.

      Kernberger und Schranz nickten nahezu synchron.

      Das sah lustig aus, war es aber nicht.

      3

      »Können Sie diesen Plan entwerfen?«

      Nicolas Eichborn

      Es gab Dinge, die besprach man nicht am Telefon. Auch Mails waren ungeeignet. Man konnte niemals wissen, wer alles mithörte oder -las.

      Deshalb machten Patrick und ich uns umgehend in einer Linienmaschine der Fluglinie Emirates auf den Weg nach Thailand. Unser Ziel war die Insel Ko Nang Yuan, auf der Hagedorn, der Architekt, lebte und wohl auch arbeitete.

      Wir hatten ihn bei unserem letzten Treffen dazu genötigt, in Zukunft mit uns zusammenzuarbeiten, nachdem er für eine Terrorgruppe einen Plan entworfen hatte, wie diese an das Ebola-Virus herankommen konnte. Der Plan hatte funktioniert und das Virus wurde im Bundestag freigesetzt.

      Gott sei Dank


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