Schweres Blut. Aho Juhani
der vorhin im Viehpferch darin gelegen hatte.
In dem Hause saßen einige schwarze, rußige, teerbeschmutzte Arbeitsleute, die im Sommer für die Bauern der Uferstriche auf den Kieferheiden beiderseits der Wasserscheide Kohlen und Teer brannten. Bekannte Juhas, die sich in seinem Gehöft mit Brot versorgten und im Winter als Jäger und Renntierdiebe bis an die Grenzen Lapplands streiften; halbe Räuber mochten sie sein, doch bemühten sie sich immer, mit Juha in gutem Einvernehmen zu bleiben. Jetzt mochten sie etwas Besonderes vorhaben, da sie finster blickend dasaßen und an ihren Hosengurten zogen und mit dem Fußballen leise auf die Diele trommelten ...
Juha setzte sich und wartete. Einer von ihnen rückte dicht an ihn heran, und die Augen funkelten in dem ruhigen Gesicht.
»Jetzt, Freund, jetzt wäre ein Bär umstellt.«
»Ein Fell, so schön wie nie,« fügte ein anderer hinzu. »Und jeder mit einem vollen Beutel auf der Brust und die Boote halb voll Waren.«
»Sie sind nur drei, und wir sind sechs.«
Juha begriff schon.
»Lassen wir die Bären! Umstellt sie im Winter, wo ihr wollt, dann ist auch besser vorwärtskommen, wenn sie aus ihrem Nest ausbrechen sollten.«
»Ausbrechen gibt's nicht. Vorn einen Strick um die Tatzen und hinten einen! – schwups, wie ein Kornsack ins Boot – das Boot vom Ufer los und auf und davon! Die Stromschnelle ist's gewesen, und niemand fragt danach.«
»Sie zählten am Strand ihr Geld,« begann der dritte. »Das wäre ein Fang!«
»Was liegt an 'nem Russen,« sagte der erste wieder. »Wir könnten sie auch einmal schröpfen.«
»Habt ihr das nur einmal getan?« erwiderte Juha.
»Niemals so wie sie! Wie haben sie's letzten Winter mit uns gemacht? Eine ganze Hütte voll Wild hatten wir am Abhang des Repovaara. Die haben sie ausgeräumt, daß wie zum Spott nur noch ein Eichhornfell drin hing.«
»Die hier?« versuchte Juha einzulenken.
»Wer weiß, ob die hier, aber das weiß ich, daß sie von dort waren.«
»Von dort waren auch die, die vorvoriges Jahr zu Allerheiligen in Kianta gebrannt und gewütet haben.«
Marja war hereingekommen und hatte an der Ofenbankecke herumhantiert.
»Einer von ihnen ist hier gewesen und hat um ein Bad und Nachtquartier gebeten.«
»Hast du zugesagt?« fragte Juha.
»Es ist ja auch früher nicht abgeschlagen worden. Und er fragte auch, ob er Korn kaufen könnte.«
»Welcher von ihnen war's denn?« fragte einer der Männer. »War es der große, lange?«
»Lang war er,« sagte Marja.
»Schwarze Haare und krauser Bart?«
»So einer war's wohl.«
»Sei auf der Hut,« begannen die Männer wieder eifrig, beinahe eindringlich auf Juha einzureden. »Angeblich kommen sie, um zu kaufen, sehen sich Haus und Gerät an, dieses Jahr erstehen sie was, nächstes Jahr nehmen sie's schon mit Gewalt. Wenn das Haus ausgeleert ist, wird es angesteckt, die Leute als Leibeigne weggeschleppt – was nicht mit dem Hause verbrennt. Wäre nicht das erste Mal.«
»Ich glaube nicht, daß sie meinem Gehöft etwas tun. Wir haben Frieden mit ihnen gehalten und tun es auch weiter. Laßt sie zuerst machen, ich fange nicht an und erlaube es auch anderen nicht. Was ihr anderswo tut, ist mir einerlei, an meinem Strand wird in Friedenszeiten kein Wanderer beraubt, soweit wie ein Ruf in der Runde zu hören ist.«
»Wir machen's so, daß du nichts hörst.«
»Ich hör's.«
Juha sagte die Worte mit solcher Bestimmtheit, daß nichts weiter hinzuzufügen war. Die Männer machten ein ärgerliches Gesicht, aber von Marja bekam er einen dankenden Blick.
»Man hätte gar nicht kommen und euch fragen sollen.«
»Ihr hättet es machen können, wie ihr wolltet, aber dann hättet ihr nichts mehr im Gehöft zu schaffen.«
»'S ist doch schlimm ... nun gehen sie uns gewiß durch.«
Und weg gingen die Männer, indem sie sich hinter den Ohren kratzten.
»Sollte man nicht noch hingehen und die Männer warnen?« drängte Marja – »wenn sie ihnen trotzdem etwas tun?«
»Das tun sie nicht, da sie einmal gefragt haben.«
»Aber sie können ihnen nachgehen und sie jenseits der Grenze ausrauben und totschlagen?«
»Da mögen sie tun, was sie wollen. Und sie können ihnen auch nichts anhaben, wenn sie erst auf den Schnellen sind.«
»Aber geh doch und warne sie!«
»Du bittest ja richtig ... richtig schön.«
»Richtig schön, wie ich's nur kann.«
»Die haben nichts zu fürchten ... aber ich kann ja gehen.«
Das war lange her, daß Marja ihn so gebeten hatte, so zu ihm gewesen war ...
Er erhob sich und wollte hinausgehen, als jemand an dem Fenster vorbeischritt.
»Da ist er jetzt!« rief Marja.
»Wer?«
»Na, der Mann von vorhin.«
Herein kam ein schlanker, schwarzbärtiger junger Mann, so lang, daß er sich in der fast zweimal zu niedrigen Tür bücken mußte, und, als er sich aufrichtete, sein Kopf die Längsbalken des Raumes streifte. Er hatte ein Bündel Säcke über dem Arm.
»He, da ist ja der Wirt!« sprach er. »Glück ins Haus! Hast wohl nicht gewußt, daß ich kam, da du deine Balken so niedrig gemacht hast? Guten Tag auch!« er reichte Juha die Hand. »Guten Tag auch!« er reichte Marja die Hand – frisch, fröhlich, mit einem hellen Klang in der Stimme, die Zähne weißschimmernd in dem fein-kräuseligen Bart, in den braunen Augen ein listiger Schalk und ein sorglos-freudiger Glanz.
»Woher kommt ihr denn?« fragte Juha.
»Wenn ich dir sagen wollte, woher ich komme, Wirt, dann müßte ich mich im Kreise drehen. Aus Kem, Sunkku, Archangelsk, Olonetz, Abo, Torneå! Verkaufst du Roggenkorn?«
»Etwas könnte ich wohl ablassen, wieviel soll es denn sein?«
»Füll mir die Säcke hier, das wird für diesmal genügen.« Und er warf die Säcke vor Juha hin, während er seine Blicke auf Marja richtete.
»Wieviel sind's?«
»Sieh nach, sieh nach!«
»Soll ich sie jetzt gleich füllen?«
»Ja, gleich,« er musterte Marja immer noch, »und kann ich wohl ein Pferd haben, womit ich sie zum Strand fahre?«
»Kann man die Dinger nicht das Stückchen Weg tragen?«
»Dann füll du die Säcke, ich hole mittlerweile meine Männer.«
»Laß sie bei ihren Booten, ich werde dir schon tragen helfen.«
»Dann ist's gut!«
Juha nahm die Säcke und ging, um sie zu füllen. Der Fremde hatte zu Juha gesprochen, Marja angesehen, ein Lächeln auf den Lippen, Leben in den Augen. Marja wußte nicht, weshalb seine Lippen lächelten, weshalb sich seine Augen freuten, aber auch sie lächelte dem angenehmen Fremden zu, wie er ihr.
»Wer bist du denn? Die Magd?«
»Sehe ich so aus?«
»Vorhin in deinen Melklumpen sahst du wie eine Leibeigne aus, bist aber wohl die Tochter, oder bist du die Schwiegertochter?«
»Vielleicht bin ich sogar die Frau. Wäre ich als Frau nicht gut genug?«
»Dem