Schweres Blut. Aho Juhani

Schweres Blut - Aho Juhani


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ansteckt – wenn du meinst, daß er es besser kann.«

      »Nein, das nicht – aber ich nehme doch von einem Wildfremden nichts geschenkt,« sagte Marja, wie in Angst.

      »Von einem Wildfremden? – meinst wohl, von einem deines eigenen Stammes?«

      »Was weiß ich, welchen Stammes ich bin!«

      »Aber ich weiß es und – sehe es.«

      »Was siehst du denn?«

      »Ich sehe, was ich sehe« – und etwas zurücktretend maß Schemeikka sie vom Kopf bis zu den Füßen – »eine schöne Tanne aus Karelien, eine Tanne mit stolzer Krone, wenn sie noch mit einer Blume geschmückt wird.«

      Schon befestigte Schemeikka seine Spange an Marjas Brust, schob die linke Hand unter das Tuch und lüftete es, stach die Nadel mit der anderen Hand von oben durch und von unten wieder hervor und ließ sie einschnappen – langsam ging es, aber schön wurde es, an den Schultern drehte er sie um, strich ihr über den Rücken, zog wieder glatt, weil es etwas schief geraten war. Marja ruhte wie mit dem Rücken an seiner Brust, hätte sich gern an ihn gedrückt, tat es aber nicht – ihre Brust hob sich, ihre Augen flammten vor Entzücken, Schüchternheit, Behagen und Scham.

      »Jetzt ist es gut – jetzt wird sie sitzen.«

      Schemeikka drehte sie wieder um, entfernte sich, näherte sich und machte einige Schritte um sie herum, indem er Juhas Bewegungen nachahmte:

      »Jetzt ist die Liebste, wie sie sein muß – so ist's – so ist's! gewiß – ja gewiß! und er summte dazu wie vorhin Juha, und Marja brach in ein schallendes Gelächter aus, und Schemeikka fiel ein.

      Plötzlich, schnell wie eine Katze, hatte Schemeikka mit beiden Händen Marjas Gelenke erfaßt.

      »Es ist noch eine andere Sitte in unserem Lande.«

      »Was für eine Sitte?«

      Marja will ihm mutig ins Auge sehen und sieht ihn trotzig, ohne Furcht, ohne Wanken, aber mit gespannten Zügen und auch mit heiß brennender Stirn an.

      »Was für eine Sitte?«

      Schemeikkas Gesicht war ihr so nahe, daß es ihr dunkel vor den Augen wurde.

      »Für die Brautspange erhält der Bräutigam einen Kuß zum Lohn.«

      »Er kommt!«

      Sie flüsterte es. Man hörte Juha kommen, zwei Schritte, der eine schwerer als der andere, auf dem knarrenden Fußboden des Flures.

      Schemeikka ließ Marja los, schob sie mit raschem Schwung gegen die Tür auf Juha zu.

      »Jetzt ist die Liebste, wie sie sein muß! Da ist sie in Seide und Gold! Sieh, ist sie nicht schmuck so?«

      »Das ist sie, das ist sie – gewiß, ja gewiß.«

      Genau, wie ihn Schemeikka vorhin nachgemacht hatte! – er tat ein paar Schritte, drehte sich herum. Und Marja und Schemeikka brachen darüber zusammen in ein neues Gelächter aus, gerade wie vorhin.

      Juha aber warf – ein wenig prahlerisch – eine Handvoll Silbergeld auf den Tisch.

      »Da ist für das Tuch und die Spange. Ich frage nicht nach dem Preis – nimm, was es kosten mag.«

      Schemeikka nahm das kleinste Geldstück, warf es in die Höhe, knipste mit den Fingern, fing es auf und ließ es in die Tasche gleiten.

      »Weshalb nimmst du nur das?«

      »Das ist auch schon zuviel.«

      »Warum schenkst du mir denn aber etwas?«

      »Damit du mir ein Gegengeschenk machen kannst.«

      »Wenn er das aber schon getan hat!« entfuhr es Marja.

      »Was denn? – ach so!«

      Sollte er es wirklich erraten haben – das Vorhaben der Teerbrenner, und wollte sich so auf feinfühlige Weise erkenntlich zeigen? Das ist ein rechter Kerl, ein braver Mann! Und Juha hatte nicht oft einen Gast mit so warmem Herzen zu Tisch gebeten wie jetzt Schemeikka zu der harrenden Mahlzeit, zu der Marja, mit dem schmucken Tuch um die Schultern und der leuchtenden Spange auf der Brust und mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen, von der Stube in den Vorratsspeicher und von dem Vorratsspeicher in die Stube eilend, immer neue gute Sachen herbeitrug.

      Es wurde gegessen, und nach dem Essen wurde noch von Schemeikkas süßem Schnaps getrunken. Und zu dreien wurde geplaudert. Schemeikka schien Marja gar nicht zu sehen, mitunter nur blickte er lässig nach ihr hin, während er zurückgelehnt auf der Bank saß, die Beine schlank, gerade auf die Diele hinaus gestreckt, die Sehnen und Muskeln in Ruhe nach dem guten Bad und dem satten Mahl – die Arme auf der Brust verschränkt und die Hand von Zeit zu Zeit nach dem silbernen Becher langend. So saß er und erzählte von seinen Reisen, von seinen Fahrten zu Wasser und zu Lande und wo er sich sonst in fremden Reichen und fernen Städten herumgetrieben hatte – und lobte ein wenig sich selbst und seine Geschäfte und sein Tun, so daß Juha dann und wann meinte: »Nicht doch – ach so – na, das ist ja ...« Dann aber schien er müde zu werden und begann zu gähnen, und er fragte, ob er in der Badestube sich niederlegen oder hier im Haus auf der Bank sich ausstrecken dürfe. Morgen müsse er wieder auf und davon.

      »Im Speicher wäre Platz,« sagte Marja. »Führ ihn hin, Juha!«

      Juha ging voraus, um den Weg zu zeigen. Schemeikka ging mit, wandte sich aber auf dem Flur um und kam in die Stube zurück.

      »Hast du etwas vergessen?« fragte Marja.

      »Ich habe ja den Ranzen ganz vergessen.«

      »Da hast du freilich nicht wenig vergessen: den Ranzen!«

      Schemeikka nahm ihn an einem Achselband auf die Schulter, während Marja an dem anderen half. Die linke Hand hatte er an dem Band, die rechte war frei.

      »Ist noch etwas hier?«

      »Die Mütze noch.«

      Marja nahm sie von der Bank und brachte sie. Da packte Schemeikka Marja unter den einen Arm und drückte sie an seine Brust und hielt sie da einen Augenblick. Ließ sie dann los, als ob nichts geschehen wäre, sagte nichts und ging. Und auch Marja brachte kein Wort hervor. Sie blieb nur mit Schemeikkas Mütze in der Hand stehen. Juha erschien in der Tür. Marja warf ihm die Mütze zu und wollte hinausschlüpfen.

      »Bring dem Fremden die Mütze!«

      Aber Juha stand in der Tür, vertrat ihr den Weg, und sein Mund und seine Augen lächelten.

      »Was willst du?« Marja rief es fast schreiend das Auge kalt und scharf wie eine Messerspitze.

      »I–ich wo–wollte was trinken« stotterte Juha.

      »Du hast doch schon.«

      »Ja, ja, aber mi–mir ... ich habe so viel Salziges ...«

      »Da, nimm!«

      Marja schob ihm den Holzkrug mit verdünnter Sauermilch vom Tisch zu. Juha wollte etwas sagen. Er brachte es nicht heraus, dafür trank er Milch aus dem Kruge. Erst dann bekam er Mut.

      »Wo–wo wi–willst du denn schlafen, da – da –?

      »Da was?«

      »Da du dem Fremden dein Bett gegeben hast.«

      »In der Badestube!« fuhr ihn Marja an.

      »Vielleicht wä–wäre es in ma–meinem Speicher kühler ...? Ich kann ja auf dem Pferdestallboden schlafen.«

      Marja ging hinaus. Sie schien zu gehen, als ob sie wieder über etwas böse wäre. Und Juha ging mit seinem Kruge in seinen eigenen Speicher.

      III.

      Es ist schon heller Tag, als Schemeikka in seinem Speicher erwacht. Auf dem Rücken liegend, die Hände im Nacken, mustert er sein Nachtquartier. Der Speicher einer Frau, vielleicht der Wirtin des Gehöfts. Das will einer der besten


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